Deckel-Debakel?
Mehr Wohnungen oder mehr Regulierung: So reagiert die Immobilienbranche auf das neue Mietpaket

| Julia Weninger 
| 24.09.2025

Zwischen begrüßter Rechtssicherheit und Kritik an Bürokratie, Angebotsknappheit und fehlenden Neubauanreizen. Das sagen Karina Schunker, Bernhard Reikersdorfer, Michael Mack, Roman Oberndorfer und Martina Hirsch. 

Mit dem Beschluss des Mietpakets im Ministerrat hat die Bundesregierung einen lange angekündigten Eingriff in den Mietmarkt vollzogen. Zentrales Element ist das neue Mieten-Wertsicherungsgesetz, das erstmals auch die bislang ungeregelten Mietpreise betrifft. Die Maßnahmen umfassen unter anderem eine ausgeweitete Mietpreisbremse, die nur noch teilweise Weitergabe der Inflation an Mieter:innen sowie eine Verlängerung der Mindestbefristungen für Mietverträge von drei auf fünf Jahre – Letzteres mit Ausnahmen für kleine private Vermieter.

Künftig dürfen Mieten nur noch einmal jährlich angepasst werden. Steigt die Inflation über drei Prozent, darf der übersteigende Teil nur noch zur Hälfte weitergegeben werden. Gültig ist das für alle neuen und bestehenden Verträge – mit Ausnahme von Ein- und Zweifamilienhäusern. Auch im regulierten Bereich bleibt die Preisbremse aktiv: 2026 darf dort maximal um ein Prozent, 2027 um zwei Prozent erhöht werden. Ab 2028 gelten dieselben Regelungen wie im ungeregelten Bereich. Gemeinnützige Bauvereinigungen sind davon ausgenommen.

Doch wie schätzt die Branche die Auswirkungen dieser Reform ein?

"Es fehlen Kapital und Anreize für den Wohnungsneubau"

Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen GmbH, warnt vor einem Rückgang des Angebots durch zunehmende Regulierung: "Je stärker der Mietenmarkt reguliert wird, desto mehr fehlen Kapital und Anreize für den Wohnungsneubau sowie für notwendige Sanierungen im Bestand. Die Folge ist ein sinkendes Angebot, das gerade jene trifft, die dringend Wohnraum benötigen – mit weniger Auswahl und höheren Preisen."

 "Der Markt benötigt wesentlich mehr Wohnungen"

Auch Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von Remax Austria, sieht durch das neue Paket keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt – im Gegenteil: "Die gesetzten Maßnahmen werden dazu führen, dass die Neubautätigkeit für Mietwohnungen weiter niedrig bleiben wird, Investoren werden sich noch mehr zurückhalten und die Angebotsknappheit am Mietwohnungsmarkt wird damit weiter verschärft. Die Angebotsknappheit in Kombination mit der hohen Nachfrage wird in weiterer Folge zu steigenden Mietpreisen führen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, muss der Neubau spürbar angekurbelt werden, der Markt benötigt wesentlich mehr Wohnungen. Hier ist die Politik gefordert, u.a. wären Anreize für die Wohnraumschaffung und auch schnellere Genehmigungsverfahren ein Schritt in die richtige Richtung."

 "Positiv ist, dass nun Rechtssicherheit herrscht"

Michael Mack, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland, sieht durchaus positive Aspekte im Paket – aber auch Kritikpunkte: "Positiv ist, dass nun Rechtsicherheit und damit auch Planungssicherheit für Investoren und Vermieter herrscht, und dass kleine Vermieter:innen mit bis zu fünf Objekten von der Mieten-Wertsicherungsreglung ausgenommen sind. In den vergangenen zehn Jahren lag die Inflation nur zweimal über dem Schwellenwert von 3 %, die Auswirkungen halten sich also in Grenzen. Kritisch sehen wir jedoch die weiter steigende Bürokratisierung des Vermietens (Stichwort fünf Jahre Mindestbefristung). Die Mietnachfrage ist unverändert hoch, und das Angebot gering."

Solange nicht substantiell mehr Objekte zur Vermietung auf den Markt kommen, werde sich daran auch wenig ändern. "Aus meiner Sicht ist der einzig zielführende Weg um Mieten leistbarer zu machen, mehr Wohnungen zu bauen bzw. mehr gebrauchte Objekte dem Markt zuzuführen", so Mack. Zielführend wären daher vor allem Maßnahmen, die dazu führen, dass die Produktion neuer Wohnungen für die Vermietung steigt.

 "Kein Mietpreisdeckelgesetz – sondern Inflationslinderung"

Roman Oberndorfer, Obmann des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, betont vor allem die rechtliche Klarstellung und den Unterschied zur Deckelung: "Das neue Mieten-Wertsicherungsgesetz (MieWeG) und das 5. Mieten-Inflationslinderungs-Gesetz (MILG) befinden sich mittlerweile in Begutachtung. Unsere Aufgabe ist es jetzt, dass die gesetzliche Umsetzung den Ankündigungen der Bundesregierung wirklich auch entspricht und nicht quasi über die Hintertür Benachteiligungen kommen. Alleine aus den Titeln gehe hervor, dass es sich dabei um kein Mietpreisdeckelgesetz handelt, sondern vielmehr um die Abfederung bzw. Linderung der Inflation. Einer Deckelung von Mieten selbst werden wir niemals zustimmen."

Angekündigt  sei jedenfalls das Folgende: Zukünftig ab 2028 geht das MILG in das MieWeG über. Ausgenommen davon sind nur Ein- und Zweifamilienhäuser und Wohnungen der gemeinnützigen Bauvereinigungen. "Die neuen Regelungen sollen Rechtssicherheit für alle Marktteilnehmer schaffen und berücksichtigen erstmals auch private, nicht gewerbliche Vermieter. Personen mit – man kann jetzt einmal grob sagen – weniger als fünf Wohnungen, dürfen weiterhin drei Jahre befristet vermieten, gewerbliche Anbieter müssen ihre Mietverträge auf fünf Jahre befristen", so Oberndorfer weiter. Wesentlich sei auch die Klarstellung, dass rechtsungültige Wertsicherungsklauseln und die damit überhöht bezahlten Anpassungen für fünf Jahre rückwirkend gemacht werden können, ab Kenntnisnahme der rechtswidrigen Anpassungen.

"Kurzum: das bedeutet einen wesentlichen Erfolg in der Rechtssicherheit für alle Marktteilnehmer. Es gibt klare, nachvollziehbare Regelungen und Fristen. Die neuen Bestimmungen, wenn tatsächlich auch in den Gesetzen so umgesetzt, sorgen dafür, dass besonders Privatpersonen jetzt konkrete Vorgaben für zukünftige Vermietungen haben. Das kann durchaus dazu führen, dass Menschen sich wieder trauen, ihre Vorsorgewohnungen zu vermieten. Mehr Wohnungen am Markt bedeutet weniger Leerstand und mehr Angebot, was natürlich den Preis senken kann. Es könnte sich auch der Markt für Vorsorgewohnungen erholen, da durch die Rechtssicherheit auch Klarheit und Planungssicherheit für die Eigentümer besteht."

„Vermutlich wenig Anwendung“

Wenig Begeisterung kommt von Martina Hirsch, Geschäftsführerin der sREAL: "Ein komplexes Mietrecht in Österreich bekommt eine weitere komplexe Ergänzung, die in Zukunft vermutlich wenig Anwendung finden wird. Sowohl Inflation als auch Zinsen sind auf dem Weg zu einem guten und normalen Niveau."

www.ehl.at

www.sreal.at

www.wko.at

www.raiffeisen-immobilien.at

www.remax.at

 

 

 

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