Fotos vom Europäischen Mediengipfel 2025
Medien, Macht & KI: Europa auf der Suche nach neuen kooperativen Modellen

| Tobias Seifried 
| 16.12.2025

Beim 17. Europäischen Mediengipfel diskutierten 80 hochrangige Expert:innen über Europas Zukunft zwischen geopolitischem Druck und technologischer Disruption. Im Zentrum standen Paneldiskussionen mit Vertreter:innen aus Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie eine Keynote von APA-CEO Clemens Pig. 

Der Europäische Mediengipfel fand in diesem Jahr erstmals in Seefeld in Tirol statt und rückte Europa in einer Phase geopolitischer, technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche ins Zentrum der Debatte. Rund 80 Persönlichkeiten aus Medien, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur diskutierten an drei Tagen unter dem Leitthema "Mehr Freiheit wagen – Europa zwischen Aufbruch und Rückschritt" über die Zukunftsfähigkeit des Kontinents.

Eröffnung und Auftakt

Nach 16 Jahren in Lech am Arlberg markierte der Standortwechsel nach Seefeld nicht nur einen geografischen, sondern auch einen programmatischen Akzent. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle sprach zur Eröffnung von einem Ort des Dialogs im "Herz Europas", während Initiator Stefan Kröll den Mediengipfel als Forum für unterschiedliche Perspektiven auf Europa bezeichnete. In insgesamt 20 Diskussionsrunden spannten die Beiträge den Bogen von geopolitischen Konfliktlinien über wirtschaftliche Resilienz bis hin zur Transformation der Medienlandschaft.

Gleich zum Auftakt analysierte der US-Medienexperte Jeff Jarvis im Gespräch mit ORF-Moderator Armin Wolf die Lage westlicher Demokratien. Die Rolle der Medien sei in den USA zuletzt hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben, Journalismus müsse wieder klare Haltung zeigen, ohne sich einschüchtern zu lassen, so Jarvis. Europa könne aus diesen Entwicklungen Lehren ziehen.

Machtverschiebungen, Wirtschaftspolitik und Wettlauf im All

Der zweite Gipfeltag stand unter anderem im Zeichen globaler Machtverschiebungen. In der Diskussion über Krieg, Sicherheit und internationale Ordnung betonte Russland-Experte Gerhard Mangott, er erwarte zu seinen Lebzeiten keine liberale Demokratie in Russland. Die Politikwissenschaftlerin Claudia Brühwiler verwies auf mögliche politische Überraschungen in den USA, während Julia Friedlander von einer wachsenden Bedeutung Europas aus amerikanischer Sicht sprach und eine Beziehung "auf Augenhöhe" in Entwicklung sah.

Einen wirtschaftspolitischen Schwerpunkt setzte am selben Tag das Panel "Europa und der globale Wettbewerb – was uns morgen noch zukunftsfit hält?". Unter der Moderation von Rainer Nowak (Die Presse) diskutierten Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr und Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kiel Institut für Weltwirtschaft, gemeinsam mit weiteren Expert:innen über Europas Wettbewerbsfähigkeit in einem von globalen Machtverschiebungen, wirtschaftlicher Unsicherheit und strukturellem Wandel geprägten Umfeld. Im Mittelpunkt standen Fragen langfristiger Resilienz, ökonomischer Rahmenbedingungen und strategischer Handlungsoptionen für den Kontinent.

Am Abschlusstag öffnete sich der Blick über Europa hinaus – und bis ins Weltall. ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher ordnete Europas Rolle im internationalen Wettlauf im All ein, während die belarussische Oppositionspolitikerin Sviatlana Tsikhanouskaya über den Kampf gegen autoritäre Strukturen berichtete. Einen literarisch-philosophischen Schlusspunkt setzten Schriftsteller Michael Köhlmeier und Philosoph Konrad Paul Liessmann, der Europas Identität weniger als fixen Kern denn als fortlaufenden Prozess beschrieb. "Eine Stadt zu gründen heißt tatsächlich, Zukunft zu begründen", resümierte Liessmann.

Keynote vom APA-CEO

Einen zentralen inhaltlichen Akzent setzte Clemens Pig, CEO der APA – Austria Presse Agentur, mit einer Keynote zur Zukunft des Medien- und Informationssystems im Zeitalter Künstlicher Intelligenz. Der österreichische Mediensektor stehe unter erheblichem Druck, so Pig. Sinkende wirtschaftliche Stabilität, abnehmende technologische Unabhängigkeit und der Abfluss von Werbegeldern an internationale Plattformen würden traditionelle journalistische Angebote schwächen. Das bestehende duale Mediensystem sei angesichts synthetischer Inhalte, fragmentierter Öffentlichkeiten und wachsender Desinformation "an seinen Grenzen angelangt".

Als Antwort darauf skizzierte Pig ein kooperatives Zukunftsmodell für Medien. Er plädierte für gemeinsame KI-Lösungen, geteilte IT-Infrastrukturen, Werkzeuge gegen Desinformation und gemeinsame Innovationsräume. Die genossenschaftlich organisierte APA verstehe sich hier als praktisches Beispiel. Im von Pig beschriebenen "Modus Co-Operandi" könnten Entwicklungszyklen beschleunigt, Kosten gesenkt und Medienmarken gestärkt werden. Nun gelte es, ins Handeln zu kommen.

Gegenüber globalen Plattformen forderte Pig eine klarere Regulierung. Jugendschutz, Haftungsfragen und steuerliche Gleichbehandlung müssten jenen Standards entsprechen, die für klassische Medien gelten. Plattformen seien nicht bloß technische Datenautobahnen. Würde auch nur eines dieser Elemente konsequent umgesetzt, so Pig, würden "Teile jener Plattformen, die unsere Gesellschaft zersetzen, von heute auf morgen wegbrechen".

Zugleich betonte der APA-CEO die Verantwortung der Branche selbst. Als Perspektive nannte er einen europäischen Wissensraum als redaktionelles soziales Medium der KI-Informationsgesellschaft. Auf Basis eines Pools verifizierter journalistischer Inhalte könnten kooperative KI-Modelle, Anwendungen und Agenten entstehen, die gemeinsam genutzt werden. Ziel sei eine Medienordnung, die Innovation ermöglicht, ohne demokratische Grundprinzipien zu gefährden.

Fazit

Der Europäische Mediengipfel 2025, der vom 4. bis 6. Dezember über die Bühne ging, verstand sich damit einmal mehr als Vermessung europäischer Realität – zwischen politischer Unsicherheit, technologischer Beschleunigung und der Suche nach neuen Formen gemeinsamer Öffentlichkeit.

Fotos vom Gipfeltreffen sehen Sie in der Galerie.

www.mediengipfel.at

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