Chefinnen bringen Unternehmen mehr Geld – es interessiert nur keinen

Warum wir dem Studienkult blind folgen – solange es nicht um den weiblichen Erfolg geht: expressis verbis von Raffaela Bartik.

Wir in der Wirtschaftswelt sind ja alle große Fans von Zahlen und Fakten. Ich persönlich bin zwar mehr der emotional gesteuerte Mensch, aber auch ich kann mich der Faszination und Praktikabilität von Studien nicht entziehen. Sie stellen Sachverhalte unparteiisch und repräsentativ dar und sind ein verlässliches Hilfsmittel, um wichtige Entscheidungen zu treffen, für die man eine objektive Sicht braucht. 

Erhobene Daten sind ein wertvolles Gut und tagtäglich landen neue Erkenntnisse in unserem Redaktionspostfach: sie versorgen uns mit wissenschaftlich fundierten Informationen, die wir gerne an Sie, liebe Leser, weitergeben und die auch Unternehmen gerne nutzen, um Vorgehensweisen und Firmenentscheidungen zu begründen oder ihre Botschaften zu untermauern.

Mehr Chefinnen = mehr Gewinn

Alles soweit schön, alles soweit gut. Nur ist mir da etwas aufgefallen, das mir sehr, sehr sauer aufstößt: Eine aktuelle Studie der International Labour Organization (ILO) zeigt nämlich klar und deutlich, dass Konzerne, die auch auf Frauen in der Führungsetage setzen, erfolgreicher sind. Kann die Gleichung wirklich so einfach sein? Mehr Frauen = mehr Gewinn? Die internationale Arbeitsorganisation sagt JA. Dennoch gibt es laut ILO nach wie vor einen eklatant geringeren Anteil an Chefinnen als an Chefs – macht jetzt schon keinen Sinn, ist aber so.

Für die Studie befragte die ILO mehr als 12.000 Firmen aus 70 Ländern – also keine insignifikante Stichprobengröße.  Fast zwei Drittel der Unternehmen, die auf eine Geschlechterdurchmischung in der Firmenleitung setzen, konnten ihre Gewinne steigern. Die Mehrheit erzielte Zuwächse zwischen zehn und 15 Prozent. Beachtlich, wie ich finde, doch unerklärlichweise heftet sich kaum jemand Studien dieser Art auf die Fahnen. Im Gegenteil: Einige namhafte Firmen, darunter der Online-Modeversandhändler Zalando, haben es nicht nur verabsäumt, auch nur eine Frau in ihre Führungsetage zu bestellen – nein, sie haben sich auch aktiv dagegen ausgesprochen, dies tun zu wollen.

Ja, das ist richtig: Zalando formuliert in seinen Unternehmenszielen, sein frauenloses Leadership bis mindestens 2020 auch genau so belassen zu wollen. Und damit ist das Unternehmen nicht allein: 53 von 160 börsennotierten Unternehmen in Deutschland, darunter auch Xing DE (hierzulande sind wir hier einen Schritt voraus, Xing Österreich hat mit Kristina Knezevic seit April eine Chefin, Anm.), Fielmann, Scout24 und Co.: sie alle bekunden ihr Desinteresse daran, Frauen in ihre Führungsetagen aufzunehmen.

Der "Oida-Effekt"

Spätestens jetzt setzt bei mir der "Oida-Effekt" ein und es stellt sich mir nur eine Frage: Warum? Warum wedeln wir bei jeder Kleinigkeit mit einer Studie, wenn ihre Erkenntnisse uns gerade in den Kram passen? Wenn es aber um ein weibliches Karrierethema geht, das Unternehmen auch mehr Umsatz bescheren könnte – ja dann, dann halten wir die Informationen schön unter dem Radar? Echt jetzt?

Entschuldigen Sie mich nun, wenn ich nicht auf eine Antwort warte – ich möchte Taten sehen. Zahlen und Fakten bitteschön, die bald andere Verhältnisse aufzeigen. Zeit warat's.

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