Michaelina Wautier
Die wiederentdeckte Meisterin des flämischen Barocks

| Gerhard Krispl / LEADERSNET-ART Herausgeber 
| 19.10.2025

Das Kunsthistorische Museum Wien präsentiert die bislang umfassendste Ausstellung zur flämischen Barockmalerin Michaelina Wautier.

Sie malte monumentale Historienbilder mit nackten männlichen Körpern, signierte selbstbewusst mit vollem Namen und ließ sich in ihrem Selbstporträt mit Pinsel vor der Staffelei verewigen – Michaelina Wautier war eine Ausnahmekünstlerin des 17. Jahrhunderts. Dennoch wurde ihr Werk über drei Jahrhunderte lang vergessen, verkannt oder männlichen Kollegen zugeschrieben. Bis heute.

Eine Ausstellung macht Geschichte

In Kooperation mit der Royal Academy of Arts in London versammelt die Schau 29 Gemälde, eine signierte Zeichnung und insgesamt rund 80 hochkarätige Werke – darunter Bilder, die zum ersten Mal öffentlich zu sehen sind.

"Michaelina Wautier zählt zu den bedeutendsten Wiederentdeckungen der Kunstgeschichte", erklärt Jonathan Fine, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums. "Was jahrhundertelang übersehen oder anderen zugeschrieben wurde, wird nun endlich sichtbar."

Michaelina WautierSelbstporträt (Ausschnitt) Michaelina Wautier, um 1650, Öl auf Leinwand, 120 × 102 cm, Privatsammlung © Museum of Fine Arts, Boston

Eine Künstlerin sprengt alle Erwartungen

In einer Zeit, in der sich Künstlerinnen vorwiegend auf Stillleben oder Genremalerei konzentrierten, wagte Wautier das Undenkbare: Sie schuf anspruchsvolle Historienbilder, Altargemälde und Allegorien. Ihr monumentaler Triumph des Bacchus – ein Herzstück der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum – wurde bis in die 1960er Jahre Rubens-Schülern oder gar Luca Giordano zugeschrieben. Zu groß, zu kraftvoll, zu viel nackter männlicher Körper, als dass das Bild von einer Frau stammen könnte, so die damalige Überzeugung. Schließlich hatten Frauen in der Regel keinen Zugang zu Kunstunterricht, in dem Aktzeichnen gelehrt wurde.

Doch Wautier ließ sich nicht einschränken. Sie stellte sich selbst in diesem Werk dar – spärlich bekleidet als Bacchantin, mit direktem Blickkontakt zum Publikum. Eine kraftvolle Geste weiblicher Selbstbehauptung, die ihresgleichen sucht.

Michaelina Wautier
Michaelina Wautiers Werk steht exemplarisch für viele Künstlerinnen, deren Leistungen über Jahrhunderte hinweg ignoriert wurden. Michaelina Wautier, Malerin, Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

Signaturen als Statement

Über Michaelina Wautiers Leben ist wenig bekannt. Es existieren weder Briefe noch andere eigenhändig verfasste Dokumente. Was bleibt, sind ihre Bilder – und ihre Signaturen. Anders als viele Künstlerinnen ihrer Zeit signierte sie mit vollem Namen: Michaelina Wautier – in lateinischer Form, was nicht nur ihre Bildung, sondern auch ihre Eigenständigkeit betonte.

Bei zwei Werken ging sie noch weiter: Mit der seltenen Signatur "invenit et fecit" – "erdacht und ausgeführt" – widersprach sie aktiv dem damaligen Vorurteil, Frauen fehle es an schöpferischer Vorstellungskraft. Wie Kuratorin Gerlinde Gruber es ausdrückt: "Wir haben zwar kaum biografische Daten, Urkunden oder Briefe, aber ihre Bilder. Das genügt, um eine der stärksten Künstlerinnen ihrer Zeit wieder sichtbar zu machen."

Michaela Wautier, Malerin
bis 22. Februar 2026
Kunsthistorisches Museum Wien
www.khm.at

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Herausgeber von LEADERSNET-ART ist Gerhard Krispl.

 

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