Interview mit Charly Schillinger
"In einigen Jahren wird es keinen Grund mehr geben, Fleisch zu essen"

Fast Food und Nachhaltigkeit – für viele ein Widerspruch, für Charly Schillinger eine Mission. Erst kürzlich beschloss er, neue Wege zu gehen und zog sich aus dem operativen Geschäft von Swing Kitchen zurück. Im LEADERSNET-Interview gewährt der Verfechter pflanzlicher Kost Einblicke in seine Philosophie, die Herausforderungen, die es bei Swing Kitchen zu bewältigen gab, und seine Zukunftspläne. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Schillinger, Sie haben einmal prognostiziert, dass in 20 Jahren kein Fleisch mehr gegessen wird. Was macht Sie so sicher?

Charly Schillinger: Ich halte diese Prognose weiterhin für realistisch. Der entscheidende Faktor ist die Entwicklung von Alternativen zu tierischen Produkten. In zehn Jahren wird es für jedes tierische Produkt ein authentisches veganes Pendant geben – sei es Fleisch, Milch, Eier, Fisch, Butter oder Käse. Diese Alternativen werden nicht nur geschmacklich und was die Nährwerte anbelangt identisch – oder sogar besser – sein, sondern langfristig auch günstiger. Die Herstellung pflanzlicher Produkte ist in der Rohstoffverarbeitung effizienter und benötigt deutlich weniger Ressourcen als die Tierhaltung. Das wird den Preis senken. In 20 Jahren wird es wirtschaftlich und ethisch keinen Grund mehr geben, Fleisch zu konsumieren.

LEADERSNET: Nachhaltigkeit ist heute ein großes Thema. Als Sie jedoch Ihre ersten Schritte in der veganen Gastronomie machten, war das noch ein Nischenmarkt. Welche Entwicklungen haben Sie beobachtet?

Schillinger: Als wir 1998 mit veganer Gastronomie begonnen haben, war das, damals wie heute, ein ethisches Projekt. Damals gab es den Begriff "vegan" noch kaum – wir galten als "streng vegetarisch". Der größte Schub für die Bewegung kam 2019. Zum einen durch die Fridays For Future, die das Umweltbewusstsein schärften, zum anderen durch den anfänglichen Börsenerfolg von Beyond Meat. Diese Entwicklungen brachten vegane Alternativen in die Mitte der Gesellschaft. Aktuell sehen wir einen leichten Rückgang bei den vegetarischen Alternativen. Das hat mehrere Gründe. Erstens ist Fridays For Futures in der allgemeinen Bevölkerung nicht mehr so salonfähig wie früher. Die haben sich da ein bisschen verrannt mit ihren Themen. Und zum Zweiten ist Veganismus auch ein gewisses Luxusthema. Das heißt, wenn die wirtschaftliche Situation so schlecht ist, dass man als Bürger:in um die Existenz ringt und Kostendruck vorherrscht, dann hat man nicht die Muße, sich um andere zu kümmern. Aber nachdem diese Krise jetzt irgendwann einmal ausgestanden sein wird, sehen wir dann wieder einen ganz großen Sprung in Richtung Veganismus.

LEADERSNET: Ihr Rückzug aus dem operativen Geschäft von Swing Kitchen kam für viele überraschend. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Schillinger: Wir haben uns im Oktober 2024 komplett aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Wir haben auch nur noch einen kleinen Anteil an der Firma. Es gab mehrere Gründe für unseren Ausstieg. Zum einen haben wir diesen Schritt nach exakt zehn Jahren gesetzt. Wir waren rund um die Uhr beschäftigt. Meine Frau und ich hatten mindestens 80-Stunden-Wochen. Und es sind ganz viele andere Projekte, die uns auch wichtig gewesen wären, auf der Strecke geblieben. Und dann haben wir uns auch Mehrheitseigentümer an Bord geholt und da gab es halt auch perspektivische Differenzen. Die Mehrheitseigentümer machen das, was Private Equity Geld so machen. Die haben eine sehr kurzfristige Perspektive und wir hatten eine sehr langfristige Perspektive – das hat nicht optimal zusammengepasst. Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten und freuen uns schon auf unsere neuen Projekte.

LEADERSNET: Welche Werte und Prinzipien sollen als Ihr Vermächtnis in der DNA von Swing Kitchen erhalten bleiben?

Schillinger: Ich hoffe, dass die neue Geschäftsführung ebenso wie wir bestrebt ist, Swing Kitchen nicht nur als Geschäftsgrundlage zu sehen, sondern dass auch die ethischen Werte weitergeführt werden. So wie wir die neuen Verantwortlichen kennengelernt haben, glaube ich, dass sie diesbezüglich unseren Weg weiter beschreiten werden.

LEADERSNET: Man verbindet Ihren Namen nicht nur mit veganen Burgern, sondern auch mit einem starken Engagement für Tierrechte und Umweltbewusstsein. Gibt es ein Herzensprojekt, dem Sie sich nun verstärkt widmen wollen?

Schillinger: Wir sind gerade am Sondieren, was wir in Zukunft machen werden. Es wurden in den letzten Jahren immer wieder neue, spannende vegane Gastroprojekte an uns herangetragen, ob wir nicht da und dort mitmachen wollen. Wir selbst haben auch ein paar eigene Ideen. Eine zweite extrem spannende Sache ist auch mein altes Interessengebiet – die Vermögensverwaltung. Das ist mir in den letzten 20 Jahren sehr abgegangen, weil es mir immer wahnsinnig viel Spaß gemacht hat. Ich habe seit 1997 privat ein Anlage-Modell laufen, das im Durchschnitt rund 20 Prozent erwirtschaftet und der maximale Rückgang wenig über 20 Prozent lag. Das sind sehr gute Werte und ich überlege gerade, ob ich dieses Wissen nicht auf professionelle Beine stelle – es gab in den letzten Jahren immer wieder Anfragen von Bekannten in diese Richtung. D. h. es kann durchaus sein, dass wir nächstes Jahr ein neues veganes Gastroprojekt starten. Es kann aber auch sein, ob ich nicht in meinen alten Beruf zurückkehre und mich der Vermögensverwaltung wieder stärker widme. Vielleicht geht sich auch beides zusammen aus…

LEADERSNET: Erfolgreiche Unternehmer:innen sagen oft, dass sie aus ihren Fehlern am meisten gelernt haben. Was war Ihr größter Fehler bei Swing Kitchen?

Schillinger: Der größte Fehler bei Swing Kitchen war tatsächlich zu glauben, man kann Lokale in einer weit entfernten, fremden Stadt, genauso gut führen wie die Lokale, die sich in der eigenen Stadt befinden. Die Expansion mit eigenen Lokalen nach Deutschland, nach Innsbruck und in andere Städte war unglaublich aufwendig, und das würden wir in dieser Form nicht mehr so machen. Das heißt, sollte es wieder mal ein veganes Fast-Food-Projekt geben, dann würden wir das in Wien starten und alle anderen Standorte werden von geeigneten Franchise-Partner:innen geführt.

LEADERSNET: Stellen Sie sich vor, wir schreiben das Jahr 2035. Wo sehen Sie die vegane Gastronomie und welche Rolle wird Swing Kitchen spielen?

Schillinger: Aus den oben genannten Gründen tut sich die vegane Gastronomie überall auf der Welt zurzeit sehr schwer. Es ist aktuell so, dass deutlich mehr vegane Lokale schließen, als neue eröffnet werden. Speziell die größeren veganen Ketten tun sich wahnsinnig schwer in Zeiten, in denen es den Leuten nicht so gut geht. Aber ich denke, wie jede Krise wird auch diese wieder vorbeigehen. Und wenn dann in zwei, drei Jahren wieder ein ordentliches Wirtschaftswachstum vorherrscht, wird der vegane Push viel größer sein als jemals zuvor. Hinzu kommt, dass durch die Wetterkapriolen der Vergangenheit (Hochwassern in Wien u. Ä.) das ganze Thema Klimaschutz wieder den Stellenwert bekommen wird, den es einst zu Recht innehatte.

LEADERSNET: Abschließend eine persönliche Frage: Wenn Sie in 15 Jahren auf Ihr Lebenswerk zurückblicken, was würden Sie sich wünschen, dass die Menschen über Sie sagen?

Schillinger: Wir fühlen uns als Teil einer Gruppe von veganen Entrepreneur:innen, die schon lange, bevor es modern wurde, aus ethischen Gründen mit veganer Gastronomie gestartet haben. Und in dieser Gruppe fühlen wir uns sehr wohl und zu Hause. Über so einen veganen Pionierstatus würde ich mich sehr freuen.

LEADERSNET: Vielen Dank!

www.swingkitchen.com

Über Charly Schillinger

Mit Swing Kitchen hat Charly Schillinger bewiesen, dass schnelle Küche nicht auf Kosten der Umwelt oder der Tiere gehen muss. Mit seinem charakteristischen Erscheinungsbild – kräftige Statur und stets mit Hosenträgern gekleidet – könnte man Schillinger auf den ersten Blick für einen rebellischen Typ halten. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein warmherziger Visionär mit einem ansteckenden Lächeln und offenem Ohr für andere. Seine persönliche Geschichte, geprägt vom frühen Verlust seines Vaters, hat ihn dazu inspiriert, seine Familie zu unterstützen und das Beste aus sich herauszuholen.

Die Aussagen von Herrn Schillinger sind aus fachlich- naturwissenschaftlicher Sicht Unsinn:
- 70% der landwirtschaftlichen Fläche können nur über das Tier genutzt werden (Grünland, Fruchtfolgeglieder die nur über die Fütterung nutzbar sind:
- viele vegane Produkte sind, wenn man die vegane Ideologie zugrunde legt (keine Ausbeutung von Tieren) nicht vegan, weil als Nebenprodukt immer Tierfutter anfällt:
- auf 1 l Salatöl, kommen im Schnitt 2 kg Presskuchen, die ins Tierfutter gehen
- von 1 kg Getreide bleiben im Schnitt 0,8 kg Mehl und 0,2 kg Kleie: die Kleie geht überwiegend ins Tierfutter
- dasselbe gilt für Bier, Fruchtsäfte, Zucker, etc
wer also Salatöl verwendet, Brot oder Gebäck ist, Bier oder fertige Fruchtsäfte trinkt ernährt sich nicht vegan, sondern unterstützt die Ausbeutung von Tieren

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Über Charly Schillinger

Mit Swing Kitchen hat Charly Schillinger bewiesen, dass schnelle Küche nicht auf Kosten der Umwelt oder der Tiere gehen muss. Mit seinem charakteristischen Erscheinungsbild – kräftige Statur und stets mit Hosenträgern gekleidet – könnte man Schillinger auf den ersten Blick für einen rebellischen Typ halten. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein warmherziger Visionär mit einem ansteckenden Lächeln und offenem Ohr für andere. Seine persönliche Geschichte, geprägt vom frühen Verlust seines Vaters, hat ihn dazu inspiriert, seine Familie zu unterstützen und das Beste aus sich herauszuholen.

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