Ausgiebiger Praxis-Test
So schlagen sich Elektroautos gegen Verbrenner im Winter

| Tobias Seifried 
| 18.12.2025

Kälte stellt Autoantriebe vor besondere Herausforderungen. Aktuelle Wintertests zeigen, wie sich Stromer und Benziner unter realen Bedingungen schlagen – mit teils deutlichen Unterschieden bei Reichweite, Verbrauch und Gesamtökobilanz.

Winterliche Temperaturen wirken sich spürbar auf die Alltagstauglichkeit moderner Fahrzeuge aus – unabhängig vom Antriebskonzept. Das zeigen aktuelle Tests von Green NCAP, bei denen zwei Elektroautos (BYD Sealion 7 und Cupra Born) sowie zwei benzinbetriebene Modelle (BMW 5er und BMW X2) unter praxisnahen Bedingungen untersucht wurden. Ziel war es, Konsument:innen eine realistische Einschätzung von Effizienz, Reichweite und Umweltwirkung zu ermöglichen.

Im Fokus standen dabei nicht nur klassische Emissionswerte, sondern auch Aspekte des Fahrerlebnisses. Bei Elektrofahrzeugen analysierte Green NCAP unter anderem Ladeleistung und Reichweitenverluste durch Heizungseinsatz, bei Verbrennern den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch im Alltag. Insgesamt wird deutlich: Kalte Witterung bringt für beide Antriebssysteme spezifische Nachteile mit sich.

Elektroautos: Reichweite leidet, Unterschiede im Detail

Der vollelektrische Sealion 7 in der Ausstattungslinie Comfort mit 82,5 kWh nutzbarer Batteriekapazität zeigt sich den Tester:innen zufolge vergleichsweise robust gegenüber winterlichen Bedingungen. Seine gemischte Praxis-Reichweite sinkt demnach von rund 400 Kilometern bei milden Temperaturen auf 337 Kilometer im Kalten – ein Rückgang von etwa 16 Prozent. Positiv bewertet wurden die Vorkonditionierung des Innenraums sowie die Wärmespeicherung. Kritischer fällt hingegen das Schnellladen aus: Zwar erreichte das Testfahrzeug kurzzeitig die angegebene Spitzenleistung von 150 kW, doch die Ladezeit von zehn auf 80 Prozent lag rund acht Minuten über der Herstellerangabe. Insgesamt erhielt der Sealion 7 dennoch vier Sterne im Nachhaltigkeitsrating (73 Prozent).

Deutlich stärker trifft die Kälte den kompakteren Cupra Born (hier geht es zu unserem Testbericht). Die Reichweite des fünftürigen Elektrofahrzeugs aus dem VW-Konzern sinkt von 328 Kilometern bei warmen Bedingungen auf nur noch 221 Kilometer im Winter – ein Minus von rund 33 Prozent. Positiv hervorgehoben wurde jedoch die hohe Genauigkeit der Verbrauchsanzeige. Die gemessenen Werte lagen je nach Fahrprofil zwischen 13,8 und 27,1 kWh pro 100 Kilometer. Beim SUV-Coupé von BYD hingegen attestieren die Tester:innen eine unzureichende Anzeigepräzision und empfehlen ein Software-Update.

Verbrenner: Verlässlichkeit mit klarem Klimanachteil

Im Gegensatz zu den Stromern zeigen sich die beiden getesteten BMW-Benziner – der 520i und der X2 sDrive20i – im Winter deutlich berechenbarer. Da Verbrennungsmotoren Abwärme für die Innenraumheizung nutzen, fällt der Mehrverbrauch laut den Tester:innen moderat aus. Beim 5er steigt der kombinierte Praxis-Verbrauch von 6,8 auf 8,1 Liter pro 100 Kilometer, beim X2 von 7,1 auf 8,0 Liter.

Beide Fahrzeuge wurden in der Kategorie Verbrauch und Reichweite mit "angemessen" bewertet. Zudem erzielten sie respektable Ergebnisse im sogenannten "Clean Air Index", was auf wirksame Abgasnachbehandlung hinweise. Lokal relevante Schadstoffe bleiben damit vergleichsweise niedrig – ein Punkt, der im urbanen Umfeld von Bedeutung ist, so Green NCAP.

Nachhaltigkeit: E-Antrieb klar im Vorteil

In der Gesamtbetrachtung offenbart sich jedoch ein deutlicher Unterschied. Das Green-NCAP-Nachhaltigkeitsrating, das auch Emissionen aus Produktion und Energieversorgung berücksichtigt, sieht die Elektrofahrzeuge klar vorn. Der Cupra Born erreicht viereinhalb Sterne und 86 Prozent, der BYD Sealion 7 vier Sterne. Die beiden BMW-Modelle bleiben mit zweieinhalb Sternen und Werten unter 50 Prozent deutlich zurück. Trotz moderner Abgastechnik limitiere der unvermeidbare CO₂-Ausstoß fossiler Kraftstoffe die Gesamtbewertung erheblich.

Green NCAP liefere damit "essenzielle Einblicke für Verbraucherinnen und Verbraucher, die zwischen Elektro- und Verbrennerfahrzeugen abwägen", erklärte Aleksandar Damyanov, Technical Manager bei Green NCAP. Elektroautos böten klare ökologische Vorteile, zugleich müssten Fahrer jedoch die teils erheblichen Reichweitenverluste im Winter einkalkulieren. Die Branche sei gefordert, das Thermomanagement weiter zu optimieren, um diese Schwäche künftig zu minimieren.

www.greenncap.com

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