Ist die Zukunft des Arbeitens flexibel, hybrid, mobil, zuhause, überall, im Büro – oder von allem ein bisschen?

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Nicht nur im alltäglichen Leben, also beim Einkaufen, im Restaurant, in Kultureinrichtungen, im Kino, in Sportanlagen etc. können wir uns aktuell ohne gröbere Einschränkungen bewegen. Das trifft auch auf die meisten Unternehmen zu, die die stellenweise einst eingeführte Homeoffice-Pflicht über weite Strecken wieder aufgehoben haben. Während viele Arbeitnehmer:innen wieder gerne gemeinsam mit Kolleg:innen die Zeit im Büro verbringen, haben andere die Vorteile des Homeoffice entdeckt und wollen sie auch nicht mehr missen. Wie soll man als Arbeitgeber:in, Führungskraft, aber auch als Kollege oder Kollegin damit umgehen? Das Pendel schlägt derzeit sogar in die völlig entgegengesetzte Richtung: Tesla-Gründer Elon Musk droht seinen Mitarbeiter*innen derzeit sogar mit Kündigung, wenn sie sich nicht persönlich im Büro zeigen, sondern im Homeoffice bleiben wollen.

Wenn Sie heute die Karriere-Seiten der Tageszeitungen aufblättern oder online durchklicken, entdecken Sie immer häufiger Formulierungen wie "teilweises Remote Working möglich" oder "Homeoffice & flexible Arbeitszeiten" oder "flexible Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung". Sowohl Anbieter neuer Jobs als auch Arbeitgeber, deren Mitarbeiter:innen schon länger fürs Unternehmen tätig sind, müssen sich damit auseinandersetzen, dass ein Teil der Belegschaft es bevorzugt, nicht jeden Arbeitstag "nine to five" im Büro zu verbringen. Das kann mehrere Gründe haben: vom Arbeitsweg, den man sich sparen möchte, über den Wunsch nach flexibler Zeiteinteilung zur besseren Vereinbarkeit mit Betreuungspflichten bis hin zu ganz persönlichen Vorlieben, wann man sich am leistungsfähigsten fühlt, seine Aufgaben zu erledigen. Natürlich kann das nicht für jeden Job gelten! Pflegefachkräfte, Schichtarbeiter:innen oder Angestellte in der Gastronomie können ihre Arbeitsleistung einfach nur vor Ort zu vorher vereinbarten Zeiten erbringen.

Was gegen (zu viel) Homeoffice spricht

Das ist zwar unfair, aber leider nicht zu ändern. Denn Homeoffice, hybrides, flexibles, mobiles Arbeiten hat durchaus Vorteile, die manche Arbeitnehmer:innen pandemiebedingt überhaupt erst kennen- und dann sogleich schätzen gelernt haben. Die zuvor genannten – Arbeitsweg, Zeiteinteilung, persönliche Vorlieben etc. – zeigen, dass sich dadurch ein Vielfaches an Flexibilität gewinnen lässt, was im Optimalfall die Work-Life-Balance verbessert. Verkehrs- und damit CO2-Belastung nehmen ab, produktive Tageszeiten können besser genützt werden. Aus diesen Gründen haben viele Firmen auch einiges investiert, nicht nur in die nötigen Technologien. JTI Austria etwa war seinen Mitarbeiter*innen behilflich, sich zuhause einen ergonomisch guten Arbeitsplatz zu gestalten und strukturiert dafür zu sorgen, dass sich die Teams dennoch nicht aus den Augen verlieren.

Das ist in meinen Augen auch einer der Hauptpunkte, der gegen (ein Zuviel an) Homeoffice spricht. Wie schafft man es, die Teams zusammenzuhalten, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, wenn jeder in seinen eigenen vier Wänden sitzt? Insbesondere jene, die bevorzugt im Büro arbeiten, eben weil sie die Ansprache im Team wertschätzen, fühlen sich aufgrund abwesender Kolleg*innen auch in der Firma ganz schön einsam. Wie vermittelt man etwa persönliche Wertschätzung ohne persönlichen Kontakt? Wie positioniert man sich auf seinem Karriereweg, wenn man von seinen Teamleiter:innen nie persönlich gesehen wird?

Post-Pandemie-Umfragen haben zudem immer gezeigt, dass es auch Arbeitnehmer:innen gibt, denen das Auseinanderhalten von Arbeit und Freizeit schwerer fällt, wenn diese nicht räumlich voneinander getrennt sind. Im schlechtesten Fall können sie dann selbst im Urlaub nicht abschalten, weil sie das Gefühl haben, immer erreichbar sein zu müssen. Die technologische Ausstattung dafür hat man ja quasi immer mit dabei.

Fluch und Segen zugleich

Der technologische und digitale Fortschritt ist in dieser Hinsicht Fluch und Segen zugleich. Denken Sie nur, wie viele berufliche Flugreisen auf einmal nicht mehr durchgeführt wurden und auch künftig nicht mehr werden, weil Online-Meetings eine viel höhere Akzeptanz aufweisen als noch vor zweieinhalb Jahren.

Ich denke, wir können nicht generell sagen, Homeoffice bzw. alle Arten modernen Arbeitens sind super und alles andere ist überholter Schrott. Wie in so viele Bereichen kommt es auf eine ausgewogene Mischung, auf eine gewisse Abwechslung an. Ich liebe Schnitzel, aber nicht jeden Tag. Ich werfe mich gerne in den Frack für einen großen Ball, aber ich kleide mich auch gern legerer. Ich habe gern Kolleg*innen für den persönlichen Austausch um mich, aber ich genieße auch die Freiheit, bei Bedarf meinen Arbeitsplatz woanders hin verlegen zu können. Was es dazu natürlich braucht, ist Vertrauen seitens des Arbeitgebers und das entsprechende Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter:innen. Die Pandemie hat hier einiges bewegt und ich denke wir dürfen gespannt sein, was die Zukunft in dieser Hinsicht noch alles bringen wird.

Ehrlichkeit

Wir müssen dabei auch ehrlich zu uns selbst sein. Was in der Pandemie mit eingespielten Mitarbeiter:innen, die einander kennen, funktioniert hat, muss nicht unbedingt jetzt und für immer funktionieren. Das heißt man muss den Mitarbeiter:innen klar machen: Wenn Homeoffice nicht funktioniert – also weder mit der Arbeit noch mit dem wichtigen Teamspirit und der Zusammengehörigkeit etc. – dass es auch wieder einen Weg weg vom Homeoffice gibt.

Ich komme gerade von einem zweitägigen Offsite-Meeting und Teambuilding und ich kann nur wieder einmal bestätigen, dass es eine unglaubliche Energie gibt, wenn fast 100 Kolleg:innen zusammen an einem Strang ziehen und sich dabei auch nahe sein können.

Und schließlich muss auch allen klar sein, dass sich bei einer vermehrten Durchsetzung des reinen Homeoffice auch das Büro verändern wird. Denn wozu braucht es dann noch riesige Büroflächen, Sozialräume etc.? Nicht nur aus Kosten- sondern auch aus ökologischen Gründen muss man sich dann ganz andere Office-Konzepte bis hin zu desk sharing überlegen.

Mit diesen Überlegungen wünsche ich Ihnen eine erfolgreiche neue Arbeitswoche, im Homeoffice, im Büro oder wo auch immer Sie Ihre Tasks erledigen!

www.jti.com 


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