Faule Peking-Ente

| 11.07.2019

...wenn Austro-Fußball zur Metapher für Karriere-Entscheidungen wird – expressis verbis von Raffaela Bartik.

Liebe Leserinnen und Leser, die weibliche Stimme der LEADERSNET-Redaktion wagt sich mit ihrer heutigen Kolumne auf für sie unerschlossenes, ja man möchte sogar meinen jungfräuliches Terrain: denn heute schreibt die Frau, die in ihren Wortmeldungen bislang durch ihre unverhohlen-unerschütterliche Affinität zu Romantik, (female) empowerment im Business sowie philosophische Ausführungen aufgefallen ist, über...Fußball.

Was ist denn da passiert?

Das, meine geschätzten Kolumnenverfolgerinnen und -verfolger, haben sich wohl auch viele Fans des runden Leders gefragt, als die Nachricht des Arnautovic'schen Manövers ins Reich der Mitte verkündet wurde. Ein interessanter Karriere-Move, der noch interessantere Schlüsse auf den Menschen und die Einstellung hinter der Entscheidung zulassen.

Nun gebe ich zu, dass es selbst für ein Fußball-Nackerbatzi wie mich jetzt wirklich kein "Ich-glaub-die-Hölle-ist-soeben-zugefroren"-Moment war, als Mister "Ich kauf dein Leben"-Arnautovic seine beruflichen Segel gen Land des Lächelns adjustiert hat. Schließlich geht es hier um verdammt viel Geld – und der Mann mag Geld.

Irgendjemand meinte doch einst, Geld stinke nicht. Wie aber sieht es mit Peking-Ente aus?

Das, wie so vieles im Leben, ist Ansichtssache. 

Betrachten wir die Fakten: Fußball-Legionär mit sinuskurvenartig schwankenden Beliebtheitswerten wechselt von der gemeinhin stärksten Fußball Liga der Welt nach...China. Schon hier drängt sich die Tatsache auf, dass – selbst wenn die Chinesen passionierte Fußballschauer sind und uns zahlenmäßig sowieso weit überlegen – chinesischer Fußball schlicht und ergreifend einfach nicht mit europäischem Fußball vergleichbar ist. Also vollzieht Legionär M. den Wechsel in das Land der Mitte, das er davor wohl nicht einmal als Urlaubsziel in Erwägung gezogen hatte – nicht nur zu Lasten von medialer Aufmerksamkeit (was per se nichts Verwerfliches wäre), vor allen Dingen aber zu Lasten der sportlichen Wertigkeit (woraus sich auch ein Mangel an relevanten Aufstiegschancen ergibt*).Und hier hakt's. 

Denn hier wird ein Legionär zum Söldner.

In meiner – womöglich naiv – gefärbten Welt sind die grundlegenden Motivatoren unserer Handlungen Emotionen, Grund-und Glaubenssätze – allen voran Liebe und Leidenschaft, die Passion für eine Sache, eine Tätigkeit, einen bzw. auch mehrere Menschen, einen Beruf bzw. eine Berufung. Ich für meinen Teil bin eine Verfechterin davon, sich nach Möglichkeit seinen Karriereweg auf die Art und Weise zu bahnen, die einen persönlich erfüllt.

Dass das Geldbörserl auch gefüllt werden möchte, versteht sich von selbst, doch da ich annehme, dass ein Marko Arnautovic sich den Luxus leisten könnte, auch für ein bisschen weniger Geld zu arbeiten, dafür aber vielleicht etwas zu tun, was ihn erfüllt, ihm Spaß macht, ihn herausfordert und persönlich wachsen lässt, macht mich stutzig und bringt mich zum Sinnieren. Das ist mir fremd, ich verstehe es nicht. Ob der Fußball ihm nach wie vor dasselbe bedeutet wie dem kleinen Jungen, der er mal war? Und was ist mit den Jungen und Mädchen von heute, denen er ein Vorbild ist oder sein könnte? Ist ihm das egal geworden, und wenn ja, warum setzt er sich nicht fußballtechnisch zur Ruhe und sattelt um? Er könnte zum Beispiel Lebensversicherungen verkaufen.

Mir deucht, bis auf unser Geburtsjahr scheinen Marko Arnautovic und ich absolut nichts gemeinsam zu haben. Aber nur das Geld kanns ja nicht sein, das ihn verleitet. Hm.

Dann habe ich ein wenig überlegt und bin tatsächlich auf Gründe gekommen, warum ich auch nach China wechseln würde, wenn ich er wäre. Und zwar aus den folgenden: a) ich treffe die Liebe meines Lebens. In China. The End. b) ich liebe Peking-Ente. Aber nur die aus China. Ich will nie wieder etwas anderes essen und ziehe darum dorthin. Marko, magst du Ente auch so gern wie ich? I came for the food, vergiss das Geld, vergiss was die Hater sagen, #duckforlife.

Dann aber wache ich schweißgebadet auf und merke, dass die vorabendliche Ente vom Nudelstand bei den heißen Temperaturen meinem Magen doch nicht so gut getan hat, und es nach Bauchweh, mit wieder leerem Magen und klarem Kopf dann wohl doch bei dieser einen einzigen Gemeinsamkeit bleibt: 1989 Marko, uns bleibt (nur) noch 1989 – denn die Einstellung zu Beruf und Berufung wird's bestimmt nimmer.

(* die Dame bedankt sich an dieser Stelle für Inspiration zur Kolumne und Information in sportlichen Belangen bei den fußballaffinen Quellen ihres Vertrauens, Anm.)

Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV