Volker Viechtbauer: Ich schicke voraus, dass wir mit Blue Bomb Red Bull keine Konkurrenz machen und machen wollen. Energy-Drinks und Wasser sind verschiedene Kategorien. Unser Mitbewerb ist Wasser in ökologisch problematischen Verpackungen wie Glas und Plastik. Mit Energy-Drinks gemeinsam haben wir nur, dass beide Getränke-Kategorien stark wachsen.
LEADERSNET: Dennoch verkaufen Sie Wasser in Dosen und ist Wasser doch der Treibstoff des Lebens. Sie bieten Quellwasser in Dosen für 1,49 Euro an. Was entgegnen Sie Kritiker:innen, die darin nur ein überteuertes Lifestyle-Produkt sehen?
Viechtbauer: Erlauben Sie mir zu Beginn eine rhetorische Frage, nämlich warum wir Blue Bomb Ice Aged Water in Dosen machen: Einerseits, weil die Menschen zu wenig gesundes und ausgewogenes Wasser trinken und andererseits, weil Aluminium die umweltfreundlichste Getränkeverpackung ist. Wir sehen also eine hohe Sinnhaftigkeit in unserem Projekt. Und es freut uns auch, wenn wir kritisiert werden, jede Polarisierung ist willkommen. Dies nicht nur, um unsere Marke zu positionieren, sondern auch um auf das Thema Wasser und Getränkeverpackungen mit seinen Irrungen und Wirrungen aufmerksam zu machen.
Wir erlauben uns aber auch darauf hinzuweisen, dass Wasser ganz überwiegend aus umweltschädlichen Plastikflaschen getrunken wird. Das ist ein Fakt. Um es ganz deutlich zu sagen: wir werden die Kategorie "Wasser" aus Handel und Gastronomie nicht mit moralisierenden Verzichtsaufforderungen obsolet machen. Das Gegenteil ist Fall: die Kategorie Wasser wächst neben Energy-Drinks am stärksten bei Getränken. Und das ist gut so.
LEADERSNET: Der Markt für abgefülltes Wasser in Österreich wuchs im Vorjahr um drei Prozent. Welches Wachstumspotenzial sehen Sie speziell für Dosenwasser in einem Land, das für sein ausgezeichnetes Leitungswasser bekannt ist?
Viechtbauer: Der Vergleich mit Leitungswasser erinnert mich an die Frage "Gürtel oder Hosenträger?". Am besten beides. Wobei Blue Bomb der schwarze Gürtel ist und Leitungswasser der Hosenträger (lacht). Erst kürzlich hat die Fulbright Professorin an der PMU Salzburg, Jodi Stookey, öffentlich darauf hingewiesen, wie wichtig Wasser für Kreislauf und Gesundheit ist und dass wir viel zu wenig Wasser trinken. Statt Wasser in jeder Darreichungsform zu propagieren, wird Wasser in der Aluminiumdose verdammt, während man es in umweltschädlicher Verpackung toleriert und für normal hält. Man sollte doch meinen, dass aufgeklärte, vernünftige Menschen in Zeiten von Fettleibigkeit - vor allem bei Kindern - klares, gesundes Wasser in einer ansprechenden Verpackung begrüßen, statt moralisierend ein völlig weltfremdes Gebot von Wasser nur aus der Leitung ernsthaft zur Diskussion zu stellen. Ich halte diesen Ansatz sogar für dumm, gefährlich und gesundheitsschädigend. Wir müssen mehr und nicht weniger Angebote für das Trinken von Wasser zur Verfügung stellen.
LEADERSNET: Ihr Slogan "Bomb your thirst" erinnert stark an den Marketingansatz des US-Marktführers Liquid Death ("Murder your thirst"). Liquid Death wurde mittlerweile mit über einer Milliarde US-Dollar bewertet. Wie positionieren Sie sich gegenüber diesem Global Player, der früher sogar Wasser aus Österreich bezog?
Viechtbauer: Als Marke positionieren wir uns agnostisch und möchten, dass unsere Konsument:innen mit klarem Verstand und offenen Augen die Welt sehen: Clear mind open eyes. Der Erfolg von Liquid Death in den USA macht uns zuversichtlich, dass es einen nicht unbedeutenden Markt für Wasser in Dosen gibt.
LEADERSNET: In Ihrer Jugend sind Sie in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, haben vom freien Hochschulzugang der Kreisky-Ära profitiert. Wie haben diese frühen Erfahrungen Ihre unternehmerische Philosophie geprägt?
Viechtbauer: Ob jemand im Beruf erfolgreich ist oder nicht, wird ganz überwiegend von zwei Faktoren bestimmt: Intelligenz und Selbstbeherrschung. Man könnte auch sagen, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Ich wünsche mir eine Welt, in der andere Faktoren wie Beziehungen oder Herkunft keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen.
LEADERSNET: Sie zielen mit Blue Bomb auf die Nachtgastronomie ab, wo eine Dose Wasser bis zu fünf Euro kostet. In welchem Ausmaß profitieren Sie von dem Trend, dass junge Menschen weniger Alkohol konsumieren – laut aktuellen Studien trinken 30 Prozent der 18- bis 25-Jährigen keinen Alkohol mehr?
Viechtbauer: Natürlich profitieren wir sehr stark von diesem Trend. Es ist auch einfacher, mit einer Blue Bomb auf der Tanzfläche zu stehen als mit Wasser aus Plastik oder Glasflaschen.
LEADERSNET: Als erster Jurist bei Red Bull haben Sie Dietrich Mateschitz eng begleitet. Er sagte einmal: "Machen ist wie wollen, nur krasser." Was war die wichtigste unternehmerische Lektion, die Sie von ihm gelernt haben?
Viechtbauer: Dieses Zitat von ihm kenne ich nicht, aber gemeint ist wohl, dass man Gedanken in Taten umsetzen muss. Dafür ist Herr Mateschitz kompromisslos gestanden. Ich habe ihm viel zu verdanken, am meisten geprägt hat mich aber, dass er die Philosophie von Viktor Frankl unternehmerisch verkörpert hat. Ich habe das ja auch in meinem Buch "Flügel für Menschen und Ideen" beschrieben.
Prägend für mich war seine Aufforderung, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, also mit Selbstvergessenheit und Humor durchs Leben zu gehen. Es gibt schon genug Egoist:innen auf der Welt, die nach Selbstverwirklichung streben. Wir brauchen weniger Prophet:innen und mehr Humorist:innen, Karikaturist:innen und Satiriker:innen. Humor ist stärker als das Schwert, wendet Schaden ab und stärkt die Gerechtigkeit.
LEADERSNET: Die Getränkebranche ist hart umkämpft, und neue Produkte verschwinden oft schnell wieder vom Markt. Was unterscheidet Bomb Beverages von anderen Start-ups, und wie wollen Sie langfristig bestehen?
Viechtbauer: Wir planen, heuer eine Million Dosen Blue Bomb in der Gastronomie abzusetzen. Das ist ein erster, wichtiger Schritt im Markenaufbau. Viele Leute sprechen uns darauf an, dass Österreich für Wasser in Dosen der falsche Markt sei. Warum wir nicht nach Dubai oder London gingen, dort gäbe es kein so gutes Leitungswasser. Aber Leitungswasser ist nicht unser Mitbewerb. Unser Mitbewerb verkauft Wasser in Plastikflaschen und Glas. Der Trend "Wasser in Dosen" wird sich durchsetzen, davon bin ich überzeugt. Das ist nur eine Frage der Zeit.
Ob sich Blue Bomb als Marke etablieren wird, werden wir sehen, spätestens dann, wenn wir in den Handel gehen. Zurzeit erfahren wir große Unterstützung in der Nachtgastronomie, was uns sehr freut. Wenn sie in Wien in einen angesagten Club gehen, besteht ein sehr hohes Risiko, dass sie bei der Bestellung von Wasser Blue Bomb serviert bekommen (lacht).
Erst wenn wir in Österreich ein erfolgreiches Geschäftsmodell etabliert haben, werden wir international expandieren.
LEADERSNET: Umweltschützer:innen kritisieren Einwegverpackungen grundsätzlich. Sie argumentieren, dass die Aludose vollständig recycelbar sei. Angesichts der Tatsache, dass in Österreich seit 2025 ein Pfandsystem gilt und die Recyclingquote für Aluminium bei 75 Prozent liegt – wie nachhaltig ist Ihr Produkt wirklich im Vergleich zu Mehrwegflaschen?
Viechtbauer: Bei Plastik gibt es ein sogenanntes "Down Cycling" von 30 bis 50 Prozent, auch mit Pfandflaschen. Irgendwann landet das Plastik dann als Mikropartikel im Leitungswasser oder bis dato als Müll im Meer.
Ganz anders bei Aluminium. Die Recyclingquote für Aluminium wird nach Einführung des Pfandsystems in ganz Europa bis 2030 bei über 98 Prozent liegen. Und man kann recyceltes Aluminium wieder für Getränkedosen oder für den Flugzeugbau einsetzen. Erlauben Sie mir auch noch ein kurzes Statement zu Glas Getränkeverpackungen. Über Einwegglas brauchen wir nicht zu reden. Hier schneidet die Aluminiumdose im direkten Vergleich in allen Studien viel besser ab. Wir erwarten deshalb, dass nicht nur Bier, sondern in Bälde auch Wein in Dosen vermarktet wird. Das wird dann der nächste Aufreger.
Und Mehrweg-Systeme sind zwar sicher sinnvoll im regionalen Bereich. Glas ist aber ein relativ schweres Gebinde und damit ist beim Transport eine hohe Umweltbelastung gegeben. In vielen Fällen ist deshalb Aluminium sogar besser als Mehrwegglas, vor allem dann, wenn die Transportwege lang sind.
Deshalb wird es zur Aluminiumdose vor allem bei überregionaler Vermarktung von Getränken keine bessere Alternative geben. Auch wenn viele Menschen das noch nicht wahrhaben wollen, aber Aluminium recycelt ist die umweltfreundlichste Verpackung.
LEADERSNET: Die Familie Starzinger ist Ihr Partner bei Blue Bomb. Deren Kooperation mit Liquid Death endete vor etwa zwei Jahren. Welche Synergien ergeben sich aus dieser Partnerschaft, und wie teilen Sie die unternehmerischen Aufgaben auf?
Viechtbauer: Victor Starzinger und ich sind Gesellschafter und Ideengeber. Blue Bomb wird von einem kleinen aber hoch motivierten jungen Team umgesetzt.
www.bluebomb.com
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