LEADERSNET: Liebe Frau Mauthner, als Geschäftsführerin von Lieferando tragen Sie große Verantwortung. Können Sie uns vielleicht skizzieren, wie Ihre Karriere bisher aussah?
Natascha Mauthner: In Bezug auf meine bisherige Laufbahn gibt es zugegebenermaßen einen roten Faden: mein Faible für Kulinarik und meine Passion für Leadership. Vor meinem Wechsel ins Team von Lieferando Österreich war ich rund sechs Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen im Vertrieb des österreichischen Getränkeherstellers Coca-Cola HBC Österreich tätig. Meine Karriere startete ich aber in der internationalen Hotellerie. Ein Weg, der mich über 20 Jahre lang durch vielfältige Tätigkeiten und nationale und internationale Stationen geführt hat, darunter Polen, Belgien, Litauen, China, Dubai und Großbritannien.
LEADERSNET: Welche Herausforderungen waren für Sie die größten? Und was hat Ihnen dabei geholfen, diese erfolgreich zu meistern?
Mauthner: Dadurch, dass ich viele Länder, Sitten und Bräuche gesehen habe, durfte ich viele verschiedene Führungskräfte erleben und dabei auch von schlechten Beispielen lernen, Männern und Frauen. Generell ist es für mich persönlich die größte Herausforderung, wenn ich an die Grenzen meines Wertesystems gedrängt werde. Ehrlichkeit und Transparenz stehen bei mir ganz oben – beruflich wie privat. Das hat mir auch geholfen, Herausforderungen zu meistern: Ich bin meinem Wertesystem immer treu geblieben und wenn eine Situation, ein Umfeld oder eine Tätigkeit für mich nicht mehr gepasst haben, habe ich mich neuen Herausforderungen gewidmet.
LEADERSNET: Können Sie uns beschreiben, welche Aufgabenbereiche Sie derzeit übernehmen und welche Schwerpunkte Sie sich selbst gesetzt haben?
Mauthner: Seit April 2024 bin ich Geschäftsführerin von Lieferando in Österreich und steuere mit meinem Team das Geschäft der Bestellplattform in Österreich. Dabei sind wir besonders stolz darauf, dass wir den österreichischen Markt seit dem vergangenen Jahr als eigenständige Business Unit führen dürfen. Dieser Verantwortung möchten wir auch künftig gerecht werden und die lokale Note und Präsenz des Unternehmens verstärken. Mit unseren Partner:innen bewegen wir uns eng am Puls der Markttrends, um unser Angebot noch stärker an die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kund:innen anpassen zu können. Dadurch möchten wir gemeinsam nachhaltig am österreichischen Markt wachsen.
LEADERSNET: Wie nehmen Sie die Arbeit an der Gleichstellung von Mann und Frau wahr? Was würden Sie sich mit Blick darauf wünschen?
Mauthner: Auch wenn wir hier in den vergangenen Jahren Fortschritte erzielt haben: Frauen sehen sich immer noch mit Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert. Sei es in Bezug auf ihnen zugeschriebene Führungseigenschaften oder die Tatsache, dass Frauen stärker mit der Erfüllung familiärer Pflichten assoziiert werden bzw. diese wahrnehmen als Männer. Dazu kommt, dass bestimmte Berufe oder Branchen – darunter übrigens auch die Tech- und Lieferdienstbranche – immer noch stark als "Männerdomäne" angesehen werden. Hier ist es wichtig, Role Models vor den Vorhang zu holen, die mit diesen Vorurteilen und Stereotypen brechen. In struktureller Hinsicht müssen Angebote geschaffen werden, um die Balance von Familie und Beruf zu fördern – und zwar für alle Geschlechter. Als Unternehmen können wir hier ebenfalls einen Beitrag leisten: Einerseits, indem wir Role Models sichtbarer machen. Andererseits mit transparenten und fairen Entlohnungsmodellen, der Förderung einer inklusiven und diversen Unternehmenskultur oder flexibleren Arbeitsmodellen.
LEADERSNET: Und das Thema Gender Pay Gap? Wie stehen Sie dazu?
Mauthner: Es braucht dringend mehr Bemühungen, ihn zu schließen. Daher appelliere ich auch an alle Frauen, diesen Gap nicht zu akzeptieren. Das kann nur funktionieren, indem wir mehr über Gehälter reden und auch vor Vergleichen mit männlichen Kollegen in ähnlichen Positionen oder Branchen nicht zurückscheuen. Dennoch weiß ich aus eigener Erfahrung, dass sich diese Vorhaben nicht immer in die Tat umsetzen lassen. Auch wenn ich selbst meine beiden "Baby-Pausen" relativ kurz gehalten habe, waren es doch sehr intensive Zeiten. Meine beiden Söhne hatten hier klare Priorität, weshalb ich meine Karriere einige Jahre anders ausgestaltet habe als ursprünglich geplant.
LEADERSNET: Was erwarten Sie sich von der neuen Regierung bzgl. Frauenförderung?
Mauthner: Ich bin überzeugt davon, dass wir in puncto Frauenpolitik auch in den kommenden Jahren gemeinsam viel bewegen können. Als Unternehmen geht Lieferando Österreich in puncto Frauenförderung bereits mit gutem Beispiel voran: Von acht Mitgliedern in unserem österreichischen Führungsteam sind fünf weiblich. Darüber hinaus konnten wir Ende des vergangenen und Anfang des laufenden Jahres bereits einige offene Führungspositionen mit weiblichen Nachwuchstalenten (nach-)besetzen. Dieses Engagement führen wir auch in Zukunft mit Nachdruck weiter und freuen uns diesbezüglich auf einen konstruktiven und branchenübergreifenden Austausch.
LEADERSNET: Und was raten Sie Frauen, die Karriere machen möchten?
Mauthner: Dass einen die Entwicklung in eine verantwortungsvolle Position immer aus der Komfortzone hinausführen wird. Was ich mir hier selbst immer wieder zu Herzen genommen habe, ist, dass wir uns hier als Frauen keinesfalls einschüchtern lassen und auch Mut zum Risiko haben sollten. Eine neue Herausforderung anzunehmen, kann Überwindung und Anstrengung kosten, lohnt sich letzten Endes aber. Hier kann es ungemein hilfreich sein, sich Zuspruch und Unterstützung aus dem eigenen Netzwerk zu holen und sich mit Personen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Auch Mentoring oder Coaching können dabei unterstützen, bestehende Denkmuster zu durchbrechen und neue Perspektiven zu gewinnen. Übrigens, eine wertvolle Methode nicht nur zum Start, sondern auch begleitend zu Führungspositionen. Und nicht zuletzt: Es hilft, wenn man einen Partner hat, der unterstützt!
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.lieferando.at
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