Die IMMOunited objektiviert die Immobilienkrise

| Redaktion 
| 01.06.2023

Je nachdem, welcher Analyse man glaubt, ist Wien das Zentrum der Immobilienkrise oder ein nach wie vor positiver Markt für Bauträgerprojekte. Grundbuchexpert:innen erstellten nun zwei Prognosen.

"Immobilien-Angebotspreise können ein erstes Stimmungsbild liefern, sind allerdings auch von vielen, nicht messbaren, Faktoren beeinflusst", erklärt Roland Schmid, Eigentümer und Geschäftsführer von IMMOunited.

"Fakt ist: Was sich am Immobilienmarkt tut, zeigt sich am objektivsten im Grundbuch. Hier müssen wir zwar etwas Verzögerung aufgrund langer Verbücherungszeiten in Kauf nehmen, aber dafür können wir nun verlässliche Daten für die Entwicklungen des ersten Quartals in Wien liefern."

Gebrauchtsegment stagniert

Im Laufe des vergangenen Jahres habe sich laut der Analyse die Preissteigerung am Wiener Wohnungsmarkt verlangsamt. Trotzdem legte der mittlere Quadratmeterpreis im ersten Quartal 2023 verglichen mit dem ersten Quartal 2022 um sechs Prozent, der mittlere Kaufpreis um vier Prozent, zu.

Ein etwas differenziertes Bild zeigt sich beim Vergleich zwischen Neubau- und Gebrauchtsegment. Bauträgerwohnungen wiesen im ersten Quartal 2023 einen zwölf Prozent höheren Quadratmeterpreis als im ersten Quartal 2022 aus. Der durchschnittliche Kaufpreis stieg von 382.000 Euro auf 421.000 Euro.

Auch bei Gebrauchtwohnungen war kein deutlicher Abwärtstrend, wenn auch eine Bremse erkennbar. So lag der Quadratmeterpreis im ersten Quartal 2023 1,3 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der mittlere Kaufpreis wies einen leichten Rückgang von knapp drei Prozent aus. Kam eine durchschnittliche Gebrauchtwohnung im ersten Quartal 2022 noch auf circa 354.000 Euro, so waren es im selben Zeitraum 2023 344.000 Euro.

"Ein möglicher Grund für den Unterschied zwischen den beiden Objektkategorien ist, dass Bauträger:innen bei der Preisgestaltung aufgrund der Projektfinanzierung und der aktuellen Baukostensituation so gut wie keinen Spielraum haben. Zudem ist es wahrscheinlich, dass Verkäufer:innen von Gebrauchtwohnungen aktuell eher verkaufen müssen, da die Wohnungen in vielen Fällen variabel finanziert wurden und diese zusätzlichen Kosten nicht mehr tragbar sind", vermutet Roland Schmid.

Verbücherungen gehen deutlich zurück

Der Blick ins Grundbuch zeige außerdem: Die Anzahl verbücherter Kaufverträge sinkt kontinuierlich. So wurden im 1. Quartal 2023 in Wien insgesamt 24 Prozent weniger Kaufverträge ins Grundbuch eingetragen, als im selben Zeitraum 2022 – der Verbücherungsstand des ersten Quartals 2023 befand sich somit auf einem ähnlichen Niveau wie zuletzt 2014. Im Bereich der Bauträgerwohnungen gab es laut Grundbuch sogar ein Rückgang von 37 Prozent bei den Verbücherungen.

"Genau hier sehe ich das Problem. Bauträger:innen können Objektpreise aufgrund ihrer Selbstkosten kaum verhandeln. Das würde zu einem erheblichen Verlustgeschäft führen. Für viele Privatpersonen ist das aktuelle Preisniveau allerdings aufgrund der Teuerung sowie der Kreditvergaberichtlinien nicht finanzierbar. Das Ergebnis: Ein hoher Rückgang bei den Verbücherungen und eine deutlich längere Vermarktungsdauer. Bauträger:innen die diese Umstände nicht berücksichtigen können, laufen Gefahr in Schieflage zu kommen", so Roland Schmid.

IMMOunited prognostiziert zwei Entwicklungen:

Prognose: Bauprojekte verzögern sich häufig

IMMOdeveloper - die Bauprojektdatenbank der IMMOunited - zeige, dass sich 14 Prozent aller Projekte in Wien, die 2023 oder später fertiggestellt werden, verzögern. Bei knapp zwei Drittel dieser Projekte handelt es sich um Eigentumsprojekte, fast ein weiteres Drittel entfällt auf Projekte mit Mietobjekten. All das bedeutet, dass über 6.400 Wohneinheiten (davon knapp 3.900 zur Miete) in Wien nicht zum geplanten Zeitpunkt zur Verfügung stehen werden. Laut Roland Schmid bleibt abzuwarten, ob es aufgrund der aktuellen Situation möglicherweise sinnvoll wäre, Projekte mit Eigentumswohnungen in Mietwohnungen umzuwandeln, bis sich die Situation wieder entspannt.

Prognose: Auch Bauträger:innen kaufen weniger

Werden weniger Immobilien gekauft, wächst das Angebot am Markt üblicherweise an. Dass es in Zukunft zu einem Überangebot an Wohnraum kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn die Verbücherungszahlen zeigen auch, dass Bauträger:innen gerade weniger Immobilien kaufen als vergangenes Jahr. Die Anzahl bereits verbücherter Verträge von Bauträger:innen, die ein baufähiges Objekt (z. B. Grundstück, Gebäude, Dachboden oder Zinshaus) gekauft haben, sank im ersten Quartal 2023 gegenüber dem ersten Quartal 2022 österreichweit um acht Prozent. Aktuelle Zahlen aus April und Mai 2023 zeigen sogar einen Rückgang von -20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - ein Umstand der zeigt, dass die Bautätigkeit im Land in den kommenden Jahren weiter zurückgehen wird. 

www.immounited.com

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