"Stationärer Handel gewinnt durch Digitalisierung"

Experten teilen positive Aussichten für den österreichischen Handel beim "Moving Forward Digital Round Table".

Corona macht's möglich: Weihnachten steht vor der Tür und der Handel hat trotzdem zu kämpfen. "Die Digitalisierung verlagert die Kundenbeziehungen in den virtuellen Raum und öffnet neue Türen. Der Druck zur Veränderung ist enorm, damit stationärer und digitaler Handel miteinander existieren", leitete Josef Mantl (JMC) vergangene Woche in den "Moving Forward Digital Round Table" ein. Er diskutierte mit Walter H. Lukner (Payback Austria), Sophie Karmasin (Karmasin Research & Identity) und Rainer Will (Handelsverband), wie sich die Pandemie auf die Handelslandschaft auswirkt und wohin die Reise nach diesem Ausnahmejahr gehen wird.

"Die Österreicherinnen und Österreicher sind loyale Sammlerinnen und Sammler. Bonusprogramme mit relevanten Angeboten und Informationen schaffen auch im Lockdown eine starke Verbindung zwischen Handel und Konsumentinnen und Konsumenten", berichtete Lukner aus der Praxis.

Prinzip "Rabattgießkanne" hat ausgedient

Karmasin prophezeite, dass die Veränderungen im Konsumentenverhalten auch nach der Krise bleiben werden. Mehr Menschen würden online kaufen und sie kaufen intensiver als zuvor, besagen aktuelle Studien ihres Instituts. Kleidung und Schuhe stünden weit oben auf der digitalen Einkaufsliste. Überwiegend hätten die Menschen gute Erfahrungen im Onlinehandel gemacht. Karmasin zeigte sich von einer hybriden Zukunft überzeugt und verortete zunehmende Digitalisierung im stationären Handel. Bezahlsysteme, Virtual Reality und mobiles Targeting seien bereits jetzt Realität.

Lukner wiederum sieht das Smartphone als zentrales Element, um analogen und digitalen Handel zu verbinden. Denn nur mit einer engen Verzahnung zwischen stationären, digitalen und mobilen Kanälen könne der Handel auch in herausfordernden Zeiten mit Kunden in laufender Verbindung bleiben, erklärte der Payback Austria-Geschäftsführer. Dabei habe das Prinzip "Rabattgießkanne" ausgedient. Kunden möchten das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Kanal.

Amazon als Benchmark

"Amazon ist und bleibt mit seinem perfekten Kundenservice die Benchmark. Dagegen kommen Regionalität und Lokalisierung nicht an. Der stationäre Handel kann durch Beratung und den Faktor Mensch punkten", so Karmasin.
Den aktuellen Digitalisierungsschub sieht Karmasin als Initialzündung. Anbieter müssten ihre digitalen Aktivitäten jetzt sukzessive ausbauen, um langfristig mit Amazon und Co. mithalten zu können. Positiv sei, dass 85 Prozent der Menschen glauben, dass der Handel das Vorkrisenniveau mit der COVID-19-Impfung wieder erreichen würde.

Will sieht kommendes Jahr ebenfalls eine Erholung. Die Sparquote habe sich in diesem Jahr laut Handelsverband verdoppelt. Für Spontankäufe müsse am subjektiven Sicherheitsempfinden der Konsumenten gearbeitet werden, das erst langsam wiederkommen werde. 

Europa kann mit Datenqualität- und -sicherheit punkten

Österreich habe im internationalen E-Commerce einen Nachteil, weil es hierzulande keine großen Lager und Verteilerzentren gebe, die dem Staat auch Steuern einbringen und Arbeitsplätze schaffen würden. Parallel dazu fließe jeder zweite im Onlinehandel ausgegebene Euro zu den US-Anbietern. Kritisch sei in diesem Zusammenhang der Umgang mit Daten in den Vereinigten Staaten oder China, die bereitwillig von Kunden bei jeder Bestellung preisgegeben werden.

"Europas Zukunftschance ist die Datenqualität und -sicherheit", zeigte sich Will überzeugt und verwies auf Loyalty-Systeme, die den Charakter eines Gütesiegels haben und als Ökosystem Mehrwert für alle teilnehmenden Handelspartner schaffen. Durch ihre Login-Funktion würden sie Konsumenten den Zugang zum Onlinehandel vereinfachen.

"Was früher das beste Geschäftslokal am Platz war, ist künftig die maximale Reichweite, gepaart mit Relevanz und Convenience", fasste Lukner zusammen. "Die Konsumfreude wird wieder kommen. Viele Trends kommen dem österreichischen Handel zugute, wenn die Chancen zur Entwicklung jetzt genutzt werden. Das Schlimmste ist hinter uns", zeigte sich Karmasin abschließend zuversichtlich. (red)

www.moving-forward.com

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