So wird das Konsumverhalten nach der Corona-Krise aussehen

"Corona Phase 2": Defizite wurden durch die Krise erst schmerzhaft sichtbar, die Studienergebnisse machen aber Mut.


Das Coronavirus verändert die Welt nachhaltig: man lernt mit jedem Tag ein Stückchen mehr, mit dem Virus zu leben und auch wenn Österreich im Vergleich zu anderen Ländern aktuell noch vergleichsweise "glimpflich" davon zu kommen scheint, stellen sich viele Herausforderungen, gesundheitlicher, wirtschaftlicher und privater Natur. Viele Fragen werden laut  nun haben die Forscherteams von TQS Research & Consulting gemeinsam mit Talk Online Panel offen gefragt, was die Krise in den Köpfen der in Österreich lebenden Menschen bewirkt und ob der Blick in die Zukunft tatsächlich eine neue Normalität erwarten lässt.

1.007 repräsentativ ausgewählte Österreicherinnen und Österreicher im Alter zwischen 18 und 65 Jahren wurden im Rahmen dieser neuen Studie befragt (Zeit nach Ostern von 17.-24. April 2020, Online-Befragung/CAWI Panel). Autoren der Studie sind Dieter Scharitzer und Angelika Sonnek.

51 Prozent beruflich betroffen

Jeder Zweite Befragte ( 51 Prozent) gibt an, dass er beruflich von der Corona-Krise betroffen ist. 26 Prozent waren schon vor der Krise nicht (mehr) berufstätig und bei 23 Prozent hat sich in ihrer beruflichen Tätigkeit nichts verändert. "Das Corona-Virus hat das Zeug einen disruptiven, nachhaltigen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft zu bewirken oder zu beschleunigen. Die Erholung wird kommen, aber es wird nicht so schnell gelingen, wie manche hoffen." Zwei Drittel der Befragten sind der Meinung, dass die Corona-Pandemie unser Gesellschaft stark verändern wird. Nur ein Drittel sieht diese Veränderunge negativ (dabei nur 6 Prozent "sehr negativ"). Die Erholung der Wirtschaft kommt, aber es wird dauern: nur 56 Prozent glauben, dass sich die österreichische Wirtschaft in naher Zukunft von dem Shutdown erholen wird. Die Österreicherinnen und Österreicher befürworten auch die Unterstützung der Wirtschaft, für mehr als ein Drittel wäre sogar "noch mehr" notwendig: 43 Prozent sind der Meinung, dass die Höhe der zur Verfügung gestellten Mittel zur Unterstützung der Wirtschaft nicht ausreichend ist.

© TQS Research & Consulting

Was "gut" an der Krise ist 

Ein Gutes hat die Krise: Sie beschleunigt den digitalen Wandel und den ökologischen Umbau der Wirtschaft: 77  Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Corona-Pandemie zu einem positiven Wandel der Wirtschaft beiträgt, z. B. hinsichtlich Klimawandel, verminderten CO2-Ausstoß oder Digitalisierung. "Veränderung passiert im Kopf. Gibt es tatsächlich eine Rückkehr zur alten Normalität, wenn die Maßnahmen der Lockdown-Phase wieder aufgehoben werden?" Die von der Regierung als "Phase 2" bezeichnete Zeit direkt nach dem Lockdown biete "nun schon eine Perspektive auf die nahe Zukunft", so die Studienmacher von TQS und Talk Panel 2. Ihnen sei wichtig, was die Krise im Kopf der Konsumenten auslöst bzw. in einer Momentaufnahme für das hypothetische Konsumverhalten bedeutet. Die Kernfrage war: "Was fehlt Ihnen am meisten, was würden Sie gerne als Erstes wieder machen?" 

Eine der Erfolgsmaßnahmen des Krisenmanagements zur Infektionsvermeidung ist "social distancing", an die sich die Mehrheit der Bevölkerung gehalten zu haben scheint. Umso mehr steht an oberster Stelle der Wunschliste bei einer Lockerung der Maßnahmen: die Wiederaufnahme der sozialen Kontakte - mit Freunden (39 Prozent) und Familie (34  Prozent). An dritter Stelle wird die Gastronomie genannt - fast ein Viertel der Befragten (24 Prozent) vermisst Restaurants und Lokale, nicht zuletzt, weil auch das Orte des sozialen Zusammentreffens sind.

"Die Marke ist wichtiger als der Kanal" 

Diese Aussage lässt hoffen, dass, wenn diese Branche gut mit den neuen Spielregeln für Restaurants und Lokale umgeht, es hier wieder rasch zu ansprechenden Besucherfrequenzen und einer Rückholung der Gäste in die Lokale kommt. Wichtig ist aus Marketingsicht: Die Bindung der Kunden an die Marke ist wichtiger als Bindung an den (Vertriebs-) Marke: Gastronomen sollten frühzeitig damit beginnen und haben bspw. bereits durch verschiedene Möglichkeiten der Hauszustellung oder Abholung der Speisen, die Kundenbeziehung aufrechterhalten und profitieren jetzt vielleicht - trotz dem reduzierten Platzangebot im Lokal - von der Hauszustellung. 

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Weniger optimistisch lässt sich die nahe Zukunft für den stationären Handel aus den Daten ablesen: nur 4 Prozent der Befragten vermissen "Einkaufen gehen". Vielleicht war auch das wahrgenommene Defizit mit der Warenversorgung während des Lockdowns nicht so groß: der LEH und die systemrelevanten Versorger hatten immer geöffnet und im Zuge zunehmender Digitalisierung haben viele auch positive Erfahrungen mit eCommerce gemacht und ihren Einkaufsbedarf in Online-Shops abgedeckt. Somit könne man "sicher nicht sagen, dass der Handel ein Umsatzproblem haben" wird, so die Studienmacher.

Vielmehr werde es ausgewählte Branchen im stationären Einzelhandel hart treffen, wo nach wenigen Tagen der Lockerung trotz der Öffnungsmöglichkeiten die Kunden ausbleiben. Hier gibt es noch viel Forschungsbedarf, warum das so ist und ob das so bleiben wird. Es gilt auch für den Handel die Marketingempfehlung, die auch schon vor Corona gegolten hat; nur wurden Defizite durch die Krise jetzt erst schmerzhaft sichtbar: Die Bindung der Kunden an die Marke ist wichtiger als Bindung an den (Vertriebs-) Kanal. "Der Multichannel-Verkauf ist gerade für den stationären Einzelhandel heute überlebenswichtig", meint Scharitzer. 

Fehlende digitalisierte Vertriebskanäle als Konkursfalle? 

Die ersten Konkurse in der Branche lassen sich meist auch mit Versäumnissen bei der Digitalisierung der Vertriebskanäle begründen. 70 Prozent geben für sich an, bei ihren (zukünftigen) Einkäufen stärker auf die heimische Wirtschaft achten zu wollen. Die Freizeit wieder aktiv draußen zu nützen, steht ebenso bei 13 Prozent hoch im Kurs. Nicht zwingend in Bezug auf Events (drei Prozent), aber hier zeigt eine weitere Frage, dass zumindest das ursprüngliche Kundenpotential angesprochen werden kann. Kein Wunder also, dass die Maßnahmen zur Lockerung der Bundesregierung bei der Bevölkerung so großen Zuspruch erhalten, da sie das Sozialleben zumindest unter neuen Voraussetzungen zurückbringen. Die Österreicher sind bereit und anpassungsfähig, sich an neue Regelungen zu halten. Insbesondere dann, wenn die Isolation in den eigenen vier Wänden wesentlich gelockert wird.

© TQS Research & Consulting

Kunst, Kultur und Veranstaltungen werden vermisst 

In Bezug auf Kunst und Kultur hat die aktuelle auch mediale Diskussion besondere Relevanz, wie die Studie bestätigt: 88 Prozent der Bevölkerung, die vor Corona ein Museum oder eine Ausstellung besucht haben, würden das gerne in naher Zukunft wieder tun. Nur 12 Prozent würden ihr Besuchsverhalten nach Corona reduzieren. Ebenso würden 81 bis 85 Prozent wieder gerne verschiedene Formen von Konzerten, Theater- oder Kleinkunstveranstaltungen besuchen. 

Es sollte nur eine Frage der Zeit sein, wann die Abhaltung der Events wieder möglich sein wird und es ist zu erwarten, dass die Kunden rasch wiedergewonnen werden können. Hier sei es wichtig, dass die Künstler und Veranstalter die Auswirkungen der Coronakrise auch wirtschaftlich überleben. Jeder vierte Befragte gibt an, während der Ausgangsbeschränkungen mit neuen, unterschiedlichsten Aktivitäten oder Hobbies begonnen zu haben, wobei daraus neue Kaufimpulse für den Handel entstehen können, wenn man die Kunden und Bedürfnisse rechtzeitig identifizieren und ansprechen kann.

Die Tourismusfrage im Brennpunkt 

Besonders spannend zeigen sich die Ergebnisse hinsichtlich des Themas " Urlaubsplanung". Dieses erringt mit sieben Prozent Platz fünf auf der persönlichen To-do-Liste in der Zeit nach den Beschränkungen. Aus den Daten ist eine schnelle Rückkehr zur Normalität auch im Kopf der Menschen nicht absehbar. Um "nicht alles zu verlieren" solle man sich hierzulande "zumindest auf die Inlandstouristen neu einstellen". Zum Befragungszeitpunkt nach Ostern hatten 47 Prozent für diesen Sommer einen Urlaub weder geplant noch gebucht. 

19 Prozent wissen noch nicht und nur 34 Prozent sind schon sicher, dass es für sie im Sommer 2020 auch einen Urlaub geben wird. Von diesem Drittel wissen aber 10 Prozent noch nicht genau wo, für 15 Prozent ist der Österreichurlaub fix und 9 Prozent hoffen noch auf Reiseerleichterungen ins Ausland, um vor allem nach Kroatien, Griechenland oder Italien fahren zu können. 47 Prozent der Österreicher werden aufgrund der Pandemie weniger häufig Flugreisen buchen. 

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Ein Ergebnis, das für den Inlandstourismus vielleicht noch ein dünner Hoffnungsschimmer ist, doch ist der Umkehrschluss in Hinblick auf die ausländischen Tourismusgäste - und viele Tourismusdestinationen und Unternehmen sind vor allem auf ausländische Buchungen angewiesen - dramatisch: Zum einen ist für den nahenden Sommer absehbar, dass viele internationale Beschränkungen des Reiseverkehrs und der Reisefreiheit noch über Wochen und Monate aufrecht bleiben werden. Es können viele ausländische Gäste ihren Österreichurlaub daher gar nicht antreten. Die internationalen Touristen und Eventgäste dürften noch länger auf sich warten lassen und umso mehr sollten sich kurzfristig Hotellerie und Gastronomie auf das lukrierbare inländische Potential fokussieren, was für einige eine deutliche strategische Neuorientierung bedeutet, raten Scharitzer und Sonnek.

"Back to normal?"

Auf Basis der aktuellen repräsentativen Befragungsdaten wird es tatsächlich eine "neue" Normalität sein, die aber vielleicht ihre Bezeichnung "Normalität" nicht verdient; so anders und neuartig sie sich für die Konsumenten und Anbieter anfühlt. Vielleicht wäre das Defiziterleben auch leichter zu überwinden, wenn man erst gar nicht durch den Rückblick "Vergangenes idealisiert", wenn man im selben Moment weiß, dass das ohnehin so nicht wiederkommen wird. Die Studienergebnisse machen jedenfalls Mut, dass die Österreicher nicht in der "Problemtrance" gefangen verharren, sondern rasch begonnen haben, sich mit der neuen Situation zu arrangieren und zumindest jetzt noch in diesem frühen Stadium während/nach der Krise bereit sind, Veränderungen mitzutragen bzw. mitzumachen. "Zurück in die Zukunft" trifft es wahrscheinlich besser, nicht nur weil ein Hollywood Blockbuster immer gut endet. Es sollte auch den Österreichern die Motivation und Kraft geben, die kommenden Belastungen und auch die Chancen besser anzunehmen", so Scharitzer abschließend. (red)

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