Helmut Lang
Helmut Lang im MAK: Wenn Mode zur Gesamtkunst wird

| Gerhard Krispl / LEADERSNET-ART Herausgeber 
| 01.12.2025

Die Ausstellung "Séance de Travail 1986–2005" im MAK zeigt, wie der österreichische Designer die Grenzen zwischen Mode, Kunst und Kommunikation neu definierte.

Wenn man an Helmut Lang denkt, denkt man nicht nur an Mode. Man denkt an eine Vision, die das gesamte Erlebnis umfasste – von der Kleidung über die Architektur bis zur digitalen Präsenz. Die aktuelle Ausstellung im Museum für angewandte Kunst würdigt genau diesen medienübergreifenden Zugang, mit dem der in Wien geborene Designer zwischen 1986 und 2005 die internationale Modewelt aufwirbelte.

Mehr als nur Kleidung
Die Schau verzichtet bewusst auf eine klassische Präsentation von Kleidungsstücken. Stattdessen präsentiert das MAK-Team um Kuratorin Marlies Wirth eine multimediale Installation, die Langs Gesamtkonzept erlebbar macht. Im Zentrum steht das, was Lang seine "Séance de Travail" – seine Arbeitssitzung – nannte: Ab 1988 ersetzte er den traditionellen Laufsteg durch performative Präsentationen, bei denen die Gäste nicht in Reihen saßen, sondern wie in einem Straßencafé das Geschehen beobachteten. Die Models flanierten auf geschlungenen Wegen durch das Publikum, das wurde Teil der Inszenierung. In der Ausstellung ist der Sitzplan einer dieser legendären Shows im Maßstab 1:1 auf dem Boden nachgezeichnet. Besucher können dem Laufweg der Models folgen, während auf großen Screens die Kollektionen lebensgröß präsentiert werden. Es ist ein immersives Erlebnis, das zeigt, wie Lang Mode nicht als bloßen Konsum, sondern als kulturelle Erzählung verstand.

Helmut Lang
MAK Ausstellungsansicht, 2025 / Kapitel Backstage Helmut Lang. Séance Dde Travail 1986–2005 / Excerpts from the MAK Helmut Lang Archive Helmut Lang, Astro Bikerjacke, New York, 1998 MAK Ausstellungshalle
©kunst-dokumentation.com/MAK

Pionier der digitalen Kommunikation
1998 wagte Lang einen Schritt, der heute selbstverständlich erscheint, damals aber revolutionär war: Er präsentierte als erster Designer eine Runway-Show online. Um die neue Website zu bewerben, ließ er rund 1.000 Werbeanzeigen auf New Yorker Taxi-Tops platzieren – die leuchtenden "Helmut Lang"-Schilder wurden zum Markenzeichen der Stadt. Zwei dieser originalen Taxi-Tops sind in der Ausstellung zu sehen, ergänzt durch Werbematerialien, Prototypen und interne Unterlagen aus dem umfangreichen MAK Helmut Lang Archiv.

Der "Media-Room" zeigt auf zahlreichen Monitoren Videos von Langs Shows zwischen 1986 und 2005. Digitale Kataloge ermöglichen es, in den Kollektionen zu blättern, während analoge Lookbooks die Entwicklung seines Stils dokumentieren. Besonders amüsant sind die "Celebrity Reports" im Backstage-Bereich: Notizen wie "Sent clothes for Bill Murray for the cover of Life magazine" oder ein Dankschreiben von Uma Thurman und Ethan Hawke geben Einblick in Langs Einfluss auf die Popkultur.

Helmut Lang
MAK Ausstellungsansicht, 2025 / Kapitel Séance de Travail, Helmut Lang. Séance de Travail 1986–2005 / Excerpts from the MAK Helmut Lang Archive, MAK Ausstellungshalle ©kunst-dokumentation.com/MAK

Kunst trifft Mode
Lang arbeitete mit Künstlerinnen und Künstlern wie Louise Bourgeois, Jenny Holzer, Robert Mapplethorpe und Jürgen Teller zusammen und schuf so eine neue Bildsprache, die die Grenzen zwischen den Disziplinen auflöste. Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist die Parfumkampagne mit Jenny Holzer, die als die radikalste Kampagne Langs gilt. Holzers Text "I smell you on my skin" erschien als Beihefter in der New York Times und zeigte, wie Lang Werbung als künstlerisches Medium verstand.

Auch seine Flagship-Stores in New York und Paris waren mehr als Verkaufsräume – sie waren Statements. Gestaltet zusammen mit Gluckman Mayner Architects, verkörperten sie Langs Philosophie, das Gesamterlebnis über bloßen Konsum zu stellen. Elemente dieser Räume sind in der Ausstellung rekonstruiert und vermitteln die minimalistische Ästhetik, die sein Label prägte.

Helmut Lang
MAK Ausstellungsansicht, 2025 / Kapitel Backstage, Helmut Lang. Séance de Travail 1986–2005 / Excerpts from the MAK Helmut Lang Archive, MAK Ausstellungshalle © kunst-dokumentation.com/MAK

Ein Lebenswerk im Archiv
2011 übergab Helmut Lang sein Archiv mit rund 10.000 Datensätzen an das MAK. Die Objekte und Dokumente zeichnen die Entwicklung seines Labels nach, von der Gründung 1986 in Wien bis zu seinem Ausstieg aus der Modeindustrie 2005. Danach widmete sich Lang ausschließlich seiner künstlerischen Praxis.

MAK-Generaldirektorin Lilli Hollein beschreibt Langs Ansatz als "ein Lebensgefühl, das so umfassend ist, dass es sich auch auf das Environment erstreckt und nicht nur auf Kleidung". Die Ausstellung macht genau das sichtbar: Helmut Lang war kein Modedesigner im klassischen Sinn. Er war ein Visionär, der Mode als Teil einer größeren kulturellen Bewegung verstand – und damit seine Zeit voraus war.

Helmut Lang. Séance de Travail 1986–2005
MAK – Museum für angewandte Kunst
Bis 3. Mai 2026
www.mak.at

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Herausgeber von LEADERSNET-ART ist Gerhard Krispl.

 

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