Kapitalmarkt im Rückstand
Warum es in Österreich Anreize fürs Investieren braucht

| Tobias Seifried 
| 29.10.2025

Trotz hoher Inflation bleiben wir ein Land der Sparer:innen. Während andere Länder steuerliche Anreize für Aktienvorsorge schaffen, fehlt es laut der Wiener Börse hierzulande an Impulsen. Sie fordert eine Stärkung der Investitionskultur. Gleichzeitig zeigen aktuelle Studien, dass sich bei den alternativen Anlageformen aber sehr wohl etwas tut.

Der Weltspartag steht seit über einem Jahrhundert für finanzielle Vernunft. Doch angesichts hoher Inflation und niedriger Zinsen verliert traditionelles Sparen zunehmend an Wirkung. Österreich bleibt dennoch ein Land der Sparer:innen: Laut OeNB liegen rund 345 Milliarden Euro – etwa 38 Prozent des privaten Finanzvermögens – auf niedrig verzinsten Konten oder als Bargeld. Dieses Kapital verliert inflationsbedingt laufend an Kaufkraft. Während andere europäische Länder Anreize für langfristiges Investieren schaffen, fehlten in Österreich Impulse, um privates Vermögen produktiv einzusetzen, zeigt man sich bei der Wiener Börse überzeugt.

"Österreichs Investor:innen sind angesichts der steuerlichen Benachteiligung fast schon bewundernswerte Überzeugungstäter:innen. Immerhin besitzt fast ein Drittel bereits Wertpapiere", sagt Christoph Boschan, CEO der Wiener Börse. In kaum einem anderen Land sei die Altersvorsorge über den Kapitalmarkt so stark benachteiligt. Ohne stärkere Kapitalmarktkultur werde Österreich langfristig Innovationskraft und Wohlstand einbüßen, so Boschan weiter.

Fehlende Anreize im europäischen Vergleich

Viele Länder seien Österreich bei der kapitalgedeckten Vorsorge voraus. Polen setze mit dem Modell "OKI" auf steuerlich begünstigte Vorsorgedepots und folge damit dem schwedischen "Investeringssparkonto". Auch Deutschland bewege sich mit Reformplänen in Richtung staatlich geförderter Aktienvorsorge. Österreich hingegen biete weiterhin keine steuerlichen Anreize für private Kapitalmarktveranlagungen.

Die Wiedereinführung einer Behaltefrist wäre laut Boschan ein "unkompliziertes und effektives Anreizinstrument". Sie fördere langfristiges Investieren statt kurzfristiger Spekulation. Eine breit gestreute Aktienanlage mit langem Anlagehorizont sei "die sicherste und renditeträchtigste Form der Vorsorge".

Wiener Börse startet Informationskampagne

Mit der neuen Aufmerksamkeitskampagne "Beteilig dich" will die Wiener Börse die Investitionskultur in Österreich stärken. Thematisiert werden Grundsätze erfolgreicher Aktienanlage wie Streuung, Langfristigkeit, Kostenbewusstsein und regelmäßiges Veranlagen. Die Initiative richtet sich vor allem an junge Menschen und soll sie niederschwellig und praxisnah an das Thema Kapitalmarkt heranführen.

Es tut sich was

Schaut man sich die Umfragen diverser Banken zum heurigen Weltspartag an, zeigt sich tatsächlich, dass Österreich ein Land der Sparer:innen ist, alternative Anlageformen aber sehr wohl an Bedeutung gewinnen. Laut der aktuellen Sparstudie von Erste Bank und Sparkassen (LEADERSNET berichtete) legen heimische Haushalte trotz wirtschaftlicher Unsicherheit weiterhin beachtliche Summen zur Seite – zuletzt rund 34 Milliarden Euro. Besonders die Generation Z zeige jedoch zunehmendes Interesse an Wertpapieren und anderen Anlageformen. Auch die Bank Austria registriert ein stark wachsendes Wertpapierinteresse, vor allem bei Jüngeren, während das klassische Sparbuch weiter an Popularität verliert (LEADERSNET berichtete). Die bank99 wiederum betont den symbolischen Charakter des Weltspartags: Zwar beeinflusse er das konkrete Sparverhalten kaum, motiviere aber viele – insbesondere junge Menschen – dazu, sich stärker mit Finanzthemen zu beschäftigen (LEADERSNET berichtete).

Insgesamt deuten die aktuellen Umfragen darauf hin, dass das Bewusstsein für langfristige Veranlagung wächst, auch wenn Sparen in Österreich nach wie vor als Synonym für finanzielle Sicherheit gilt.

www.wienerborse.at

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