Vor wenigen Tagen fand im Wiener T-Center der Zero Outage Executive Summit 2025 statt – ein internationales Forum der Zero Outage Industry Standard Association (ZOIS). Vertreter:innen aus Wirtschaft, Forschung und Technologie diskutierten, wie Organisationen im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz und globaler Vernetzung Stabilität schaffen und digitale Ausfallsicherheit gewährleisten können.
Cyberangriffe, Systemstörungen oder Datenmanipulationen sollen verdeutlichen, wie eng digitale Zuverlässigkeit und gesellschaftliches Vertrauen miteinander verbunden seien. Vor diesem Hintergrund hat sich ZOIS zum Ziel gesetzt, mit verbindlichen Standards, Best Practices und einer starken Community diese Zuverlässigkeit zur Grundlage des digitalen Wirtschaftens zu machen.
Wenn fünf Sekunden alles verändern
Die Eröffnungs-Keynote von Peter Lenz, Managing Director von T-Systems Austria, verdeutlichte die Dringlichkeit des Themas. Mit einer symbolischen Pause eröffnete er seine Rede "When Five Seconds Change Everything" und machte deutlich, wie fragil digitale Prozesse geworden sind. "In einer vernetzten Welt können fünf Sekunden alles verändern – kein Check-in am Flughafen, keine Zahlung im Supermarkt, keine Patientendaten im Krankenhaus. Fünf Sekunden reichen aus, um Vertrauen zu zerstören. Und Vertrauen ist die Grundlage jedes Geschäfts", betonte Lenz.
Er appellierte an Führungskräfte, Zuverlässigkeit nicht als technische Kennzahl, sondern als kulturellen Wert zu begreifen: "Zuverlässigkeit ist keine IT-Kennzahl. Sie ist ein Wert, ein Prinzip, ein Versprechen", so der Experte.
Die Risiken und Chancen der Künstlichen Intelligenz
Christoph Schacher, CISO der Wienerberger AG, beleuchtete in seiner Keynote "Die dunkle Seite der KI – Die dunkle Seite der Pracht" die Schattenseiten der Technologie. Er zeigte auf, wie aus mächtigen Werkzeugen potenzielle Bedrohungen werden können – von Deepfakes über Prompt Injection bis zu Spoofing-Tools. "KI kann täuschen, imitieren, verzerren – aber sie kann auch schützen, wenn wir sie richtig einsetzen", erklärte Schacher. Die zentrale Aufgabe bestehe darin, KI zu verstehen, zu kontrollieren und ethisch zu gestalten – ein Grundsatz, den auch ZOIS in seinen Standardisierungsinitiativen verankert hat.
Zero Outage für das KI-Zeitalter weiterentwickeln
Einen Blick in die Zukunft gab Stephan Kasulke, Vice President Application Development & Maintenance Germany bei Capgemini und Mitgründer von ZOIS. In seinem Vortrag "Agentic AI-driven Zero Outage Operations" zeigte er auf, wie KI-basierte Systeme Vorfälle vorhersagen und verhindern sollen. "Wir müssen die Zero Outage Standards für das KI-Zeitalter weiterentwickeln – mit ethischen Leitplanken, Transparenz und menschlicher Kontrolle", betonte Kasulke. Damit unterstrich er die Rolle von ZOIS als Impulsgeber für einen verantwortungsvollen Technologiestandard, der menschliche und maschinelle Intelligenz verbinden soll.
Vertrauen als neue Währung im Finanzwesen
In der Paneldiskussion "The New Currency: Trust, Technology and Resilience in Finance" wurde deutlich, dass Vertrauen im Finanzsektor mehr als ein Schlagwort ist. Unter der Leitung von Ian Salmon (Exactpro) diskutierten Regina Melzer (Wiener Börse), Dietmar Böckmann (BKS Bank), Laura Hauser (OeKB CSD) und Scott Minneman (Zero Hash) über Strategien zur Stärkung von Stabilität und Sicherheit.
"Resilienz geht über IT hinaus – wir müssen jede:n einzelne:n Mitarbeiter:in auf unsere Resilienzreise mitnehmen", erklärte Melzer. Hauser ergänzte: "Resilienz ist unsichtbar – bis etwas passiert und Vertrauen zerbricht." Böckmann verwies auf das Engagement der BKS Bank in Cybersicherheit und Awareness, während Minneman die Rolle von Regulierung hervorhob: "Das Ziel dieser Regulierungen ist es, Nutzer:innen zu schützen und sicherzustellen, dass sie das bekommen, was sie erwarten – ganz gleich, was passiert." ZOIS unterstütze diesen Ansatz durch branchenübergreifende Zusammenarbeit und die Entwicklung gemeinsamer Sicherheitsstandards.
Zero Outage in der Praxis
Wie die Prinzipien von ZOIS in der realen Welt umgesetzt werden, zeigte Gemma Maria Salazar Luque, Vice President Strategy, Marketing & Technical bei Hitachi Rail. Sie präsentierte, wie das Unternehmen mit digitalen Zwillingen, KI-basierter Wartung und redundanten Architekturen für einen unterbrechungsfreien Bahnbetrieb sorgt. "Zuverlässigkeit bedeutet Verantwortung – für die Sicherheit der Fahrgäste, für den Betrieb und für unsere Umwelt", betonte Salazar Luque – ein Beispiel, das die ZOIS-Mission in der Praxis lebendig werden lassen soll.
Empathische Resilienz als Leitprinzip
Den menschlichen Aspekt in den Mittelpunkt stellte Amir Tavakolian, Director Business Development bei Virtual Identity. In seiner Keynote "Empathic Resilience – The Missing Operating Principle for Hybrid Human–AI Teams" beschrieb er Empathie als zentrales Betriebssystem der Zukunft. "Wenn wir verstehen, wie Menschen und KI miteinander agieren, schaffen wir Systeme, die nicht nur funktionieren, sondern miteinander lernen", so Tavakolian. Sein Framework SEE – SHAPE – STEER soll Organisationen Orientierung bieten, um hybride Teams aus Menschen und KI widerstandsfähig zu gestalten.
Führung im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Technologie
Beim C-Level-Panel "AI in Zero Outage – How to Keep Trust, Talent and Technology Aligned" diskutierten Gertrud Götze (T-Systems Austria), Gerald Pfeifer (SUSE), Christoph Schacher (Wienerberger AG) und Amir Tavakolian (Virtual Identity) unter der Moderation von Ursula zur Nieden (T-Systems International).
"Technologie allein garantiert keine Zuverlässigkeit – das tun Menschen", eröffnete zur Nieden die Runde. Götze hob die Bedeutung einer offenen Lernkultur hervor: "Führungskräfte müssen Mitarbeitenden den Raum geben, zu experimentieren und Technologie zu hinterfragen." Pfeifer ergänzte: "Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus – wir müssen KI dort einsetzen, wo sie echten Mehrwert bringt."
Schacher mahnte zur digitalen Bildung: "KI wird Menschen nicht ersetzen – aber Menschen, die KI verstehen, werden diejenigen ersetzen, die es nicht tun." Tavakolian schloss mit den Worten: "Empathie ist keine weiche Fähigkeit – sie ist ein Führungsprinzip, das Vertrauen und Resilienz in hybriden Mensch-KI-Teams aufbaut."
Resilienz beginnt beim Menschen
Zum Abschluss rückte Quynh Nguyen, Researcherin am AIT Center for Technology Experience, den menschlichen Faktor in den Fokus. In ihrer Keynote "Human-Centred Resilience – Strengthening People and Teams for Organisational Success" zeigte sie auf, wie Technologie gezielt eingesetzt werden kann, um psychologische Widerstandskraft zu fördern. "Resilienz ist sowohl unser Schutzschild als auch unser Wachstumsmotor", sagte Nguyen und fügte hinzu: "Nur wenn Menschen resilient sind, können Organisationen es auch sein."
www.summit-zois.com
Kommentar veröffentlichen