Wer in Wien lebt, begegnet ihnen täglich – meist, ohne es überhaupt zu bemerken: Ob im öffentlichen Verkehr, bei der Energieversorgung, im Bestattungswesen oder durch digitale Services – die Wiener Stadtwerke sind in fast allen Lebensbereichen präsent. Mit rund 18.000 Mitarbeitenden zählt der Konzern, zu dem unter anderem Wiener Linien, Wiener Netze und Wien Energie gehören, zu den 15 größten Unternehmen Österreichs und sorgt Tag für Tag dafür, dass die Bundeshauptstadt auch in Zukunft so lebenswert bleibt wie heute – und das alles aus einer Hand.
Im Rahmen einer neuen Interviewserie traf Jacqueline Knollmayr für LEADERSNET kürzlich fünf Vertreter:innen der unterschiedlichen Bereiche der Wiener Stadtwerke in der wienIT-WIT.Base im Wiener Orbi-Tower. Nach Daniela Wieser ist heute Johannes Jungbauer (Abteilungsleiter Erneuerbarer Wasserstoff, Wien Energie) an der Reihe, der darüber spricht, welche Schritte konkret nötig sind, um das Potenzial von erneuerbarem Wasserstoff voll ausschöpfen zu können.
Wasserstoff längst keine Zukunftsmusik mehr
Erneuerbarer Wasserstoff gilt für viele Expert:innen rund um den Globus als zentrales Element der Energiewende – allerdings steckt sein Gebrauch noch in den Kinderschuhen. Auch die Wien Energie, einer der größten Energieanbieter des Landes mit laut eigenen Angaben zwei Millionen Kund:innen und über 2.400 Mitarbeiter:innen, beschäftigt sich seit Längerem mit diesem Thema – warum, erklärt Johannes Jungbauer: "Wir setzen auf Wasserstoff, weil wir überzeugt sind, dass er der fehlende Puzzlestein ist, um die Energieversorgung und Mobilität in Wien und im gesamten Großraum vollständig klimaneutral gestalten zu können." Dabei beschränke sich Wien Energie lediglich auf sogenannten "grünen Wasserstoff", der mittels Elektrolyse aus Wasser und erneuerbarem Strom klimaneutral erzeugt wird, denn andere Formen wie pinker, brauner, oranger oder weißer Wasserstoff gelten als nicht nachhaltig oder noch nicht nutzbar, meint Jungbauer.
Aktuell produziere man Wasserstoff in der eigenen Elektrolyseanlage in Simmering vor allem für den Schwerverkehr. "Das heißt, Busse der Wiener Linien tanken den Wasserstoff an einer unserer beiden Wasserstoff-Tankstellen und fahren damit in und um Wien", erklärt der Experte. Aber auch einige Industriekunden der Wien Energie würden bereits auf den klimaneutralen Energieträger setzen – so beispielsweise die Möbelkette Ikea, die Produkte mit Wasserstoffbussen distribuiere. Zusätzlich zur lokalen Anwendung liefere man kleinere Mengen Wasserstoff, aber auch an Kund:innen in Deutschland, Frankreich oder gar Griechenland. "Das alles passiert schon heute", so Jungbauer und betont mit Blick in die Zukunft, dass der Einsatz mittelfristig aber noch deutlich wachsen solle, "einerseits zur stofflichen Anwendung, etwa in der chemischen Industrie, und andererseits auch zur energetischen Nutzung." Und langfristig, sprich ab 2030, soll Wasserstoff dann auch großtechnisch in der Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt werden. Das werde laut Jungbauer möglich, "weil davon auszugehen ist, dass bis dahin eine europaweite Pipeline-Infrastruktur besteht und grüner Wasserstoff aus Regionen mit günstigeren Produktionsbedingungen verfügbar ist."
Essenzieller Baustein der Dekarbonisierung
Insgesamt verfolgen die Wiener Stadtwerke, ebenso wie die Stadt Wien und die Republik Österreich, das Ziel, bis 2040, "100 Prozent dekarbonisiert zu sein", so der Wien Energie-Abteilungsleiter. Um das zu erreichen, müsse jedoch auch in schwer umstellbaren Bereichen umgedacht werden, etwa durch massive Investitionen in Photovoltaik, Windkraft, Geothermie und Großwärmepumpen.
Dennoch werde es aber Tage geben, an denen zu wenig erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, etwa weil aufgrund von Kälte die Erzeugung aus Geothermie und Wärmepumpen nicht ausreicht. "Um die Versorgung auch in einer dekarbonisierten Zukunft sichern zu können, wird ein Blumenstrauß an Technologien zum Einsatz kommen – und Wasserstoff ist eine zentrale davon", ist sich Jungbauer sicher, und ergänzt: "Auch wenn sein Anteil an der gesamten Energieerzeugung und -nutzung möglicherweise geringer sein wird, ist eine vollständige Dekarbonisierung aus heutiger Sicht ohne ihn nicht zu schaffen."
Was Johannes Jungbauer sonst noch zu erneuerbarem Wasserstoff sagt, wie dessen Produktion und Speicherung im Detail funktionieren und warum er ihn gerade im Mobilitätssektor als wichtigen Innovationstreiber betrachtet, sehen Sie in unserem Video.
Mehr über die LEADERSNET-Interviewserie mit Vertreter:innen der Wiener Stadtwerke lesen Sie zudem in unserer Infobox.
www.wienerstadtwerke.at
www.wienenergie.at
Kommentar veröffentlichen