Geopolitisch und wirtschaftlich brisante Entwicklung
Wo Russen jetzt Eigentum kaufen und welche russischen Immobilien in Wien zwangsversteigert werden

| Julia Weninger 
| 24.09.2025

Die globale Immobilienstrategie russischer Vermögender ist im Wandel. Während westliche Sanktionen den Kapitalfluss erschweren, zieht es wohlhabende Russen in neue Märkte. LEADERSNET Immobilien hat die neuen Hotspots für russisches Immobilienkapital recherchiert. 

Russisches Geld sucht neue Wege – und verliert altes Terrain: Ein symbolträchtiger Showdown zwischen Privatvermögen und geopolitischem Schuldspruch scheint auf uns zuzukommen. Während reiche Russen ihren Immobilienfokus zunehmend auf Asien verlagern, drohen ihnen in Wien herbe Verluste: Mehr als 20 Objekte könnten hierzulande zwangsversteigert werden – zugunsten des ukrainischen Gaskonzerns Naftogaz, der nach einem völkerrechtlichen Schiedsspruch auf milliardenschweren Schadenersatz gegen Russland pocht.

Laut aktuellen Daten der internationalen Maklerfirma Tranio, die dem russischen Wirtschaftsmedium RBK vorgelegt worden seien, verzeichnete Thailand im ersten Halbjahr 2025 einen regelrechten Nachfrage-Sprung. Rund 25,6 Prozent aller russischen Suchanfragen zielten auf das südostasiatische Land – ein deutlicher Anstieg gegenüber 19,7 Prozent im Vorjahr.

Die Gründe liegen auf der Hand: liberale Einreisebestimmungen, investorenfreundliche Regelungen und ein Immobilienmarkt, der attraktive Renditen verspricht. Die Makleragentur Nevestate spricht von einem Durchschnittsinvestment zwischen 300.000 und 500.000 US-Dollar – also im klassischen High-End-Segment. Es ist erst das zweite Mal in den letzten Jahren, dass sich russische Nachfrage derart stark auf ein einzelnes Land konzentriert – das erste Mal war es die Türkei, kurz nach Kriegsbeginn.

Auch andere außereuropäische Märkte profitieren weiter vom russischen Kapitalabfluss. In den Vereinigten Arabischen Emiraten etwa liegt die Nachfrage russischer Investoren bei knapp zehn Prozent – Tendenz stabil. Die Emirate haben sich seit 2022 zum wirtschaftlichen Ersatz für Europa entwickelt, nicht zuletzt durch die massive Umschichtung des internationalen Rohstoffhandels von Zürich und Genf nach Dubai.

In der Türkei ist das Interesse zwar weiterhin hoch, aber etwas rückläufig. Die Gründe: gestiegene Mindestinvestitionen für Aufenthaltsrechte und zunehmender regulatorischer Druck. In der EU hingegen kippt die Stimmung deutlich: Frankreich, Spanien und Griechenland verlieren teils mehr als ein Drittel an russischer Nachfrage gegenüber 2024. Einzige Ausnahme: Zypern, das als einziger EU-Staat ein kleines Plus verzeichnet.

Die USA spielen mit 3,6 Prozent Marktanteil auf niedrigem Niveau mit – verzeichnen aber ein starkes Plus von 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch hier zeigt sich: Russische Anleger denken längst global – und handeln flexibel.


In Wien droht die Rückabwicklung 

Während russisches Kapital also international neue Wege geht, zeigt sich in Wien, was zurückbleibt: Immobilienvermögen, das geopolitisch unter Druck steht. Der ukrainische Energiekonzern Naftogaz will über 20 russische Liegenschaften in der österreichischen Hauptstadt zwangsversteigern lassen – als Teil eines völkerrechtlich abgesicherten Entschädigungsverfahrens.

Der Hintergrund: Nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 klagte Naftogaz gegen Russland auf Schadenersatz. Im Jahr 2023 sprach der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag dem Unternehmen fünf Milliarden US-Dollar zu. Ein Teil dieses Betrags soll nun durch Vermögenswerte im Ausland eingetrieben werden – darunter eben auch Immobilien in Wien. Laut Naftogaz beträgt ihr geschätzter Gesamtwert rund 120 Millionen Euro.

Betroffen sind unter anderem Wohnobjekte in der Technikerstraße (Wieden), der Schiffmühlenstraße (Donaustadt), in der Sternwartestraße, der Gentzgasse und der Dr.-Heinrich-Maier-Straße (Währing). Auch das Büro der russischen Nachrichtenagentur TASS in der Großen Neugasse steht auf der Liste.

Die österreichische Justiz hat reagiert: Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien erließ bereits eine Vollstreckbarkeitserklärung sowie eine Exekutionsbewilligung. Damit wäre der Weg für eine öffentliche Versteigerung grundsätzlich frei. Ob diese Argumente vor Gericht Bestand haben, ist offen.

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