Absage an Finanzminister
Lebensmittelhandel wehrt sich gegen staatliche Preiseingriffe

Während der Handelsverband den Plänen des Finanzministers eine Absage erteilt, wird der Vorstoß vom ÖGB begrüßt. Stärkere staatliche Maßnahmen wurden aber auch bereits sowohl von der AK als auch vom VKI gefordert.

Am Dienstag sprach sich der Handelsverband Österreich (HV) vehement gegen die von Finanzminister Markus Marterbauer ins Spiel gebrachten staatlichen Eingriffe in die Preisgestaltung des österreichischen Lebensmittelhandels aus. Das Finanzministerium muss bei der aktuellen Diskussion Ursache und Wirkung unterscheiden. Laut dem HV sind die Ursachen für die Preissteigerung die massiv gestiegenen Energiekosten, hohe Rohstoff- und Erzeugerpreise sowie deutlich gestiegene Personal-, Finanzierungs- und Logistikpreise. "Staatliche Eingriffe in die Preispolitik des Lebensmittelhandels gefährden den regionalen Bezug von hochqualitativen Nahrungsmitteln für die österreichische Bevölkerung sowie 140.000 gut bezahlte Jobs. Mit der Nahversorgung sollte politisch nicht achtlos umgegangen werden", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Im Gegensatz dazu begrüßte der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) den Vorstoß des Finanzministers. Stärkere staatliche Maßnahmen gegen die Teuerung von Lebensmitteln wurden aber auch sowohl von der Arbeiterkammer (AK) als auch dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) gefordert.

Mögliche staatliche Preisregulierung 

Finanzminister Marterbauer befürwortete eine mögliche staatliche Preisregulierung im Lebensmittelbereich. Er verwies dabei auf erfolgreiche internationale Beispiele, etwa Spanien, wo gezielte Eingriffe die Teuerung gedämpft hätten. Besonders Haushalte mit geringem Einkommen seien von den gestiegenen Lebensmittelpreisen stark betroffen, da sie einen großen Teil ihres Budgets für Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energie und Ernährung aufwenden müssten.

Eine generelle Senkung der Mehrwertsteuer lehnte Marterbauer mit Blick auf die angespannte Budgetlage ab. Vielmehr brauche es gezielte, sozial ausgewogene Maßnahmen. Konkrete Modelle für eine Preisregulierung gebe es derzeit zwar noch nicht, doch es sei wichtig, die Diskussion offen, datenbasiert und im Sinne der Konsument:innen zu führen. Ziel müsse es sein, Preistransparenz zu erhöhen und die soziale Belastung durch die Teuerung zu mindern.

"Handel ist nicht Verursacher"

Der Handelsverband sprach sich gegen diesen Vorstoß aus. Laut dem HV sind die Ursachen für die Preissteigerung die massiv gestiegenen Energiekosten, hohe Rohstoff- und Erzeugerpreise sowie deutlich gestiegene Personal-, Finanzierungs- und Logistikpreise.

Bereits im November 2023 veröffentlichte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ihren Abschlussbericht zur umfassenden Analyse der österreichischen Lebensmittelwertschöpfungskette. Die Ergebnisse belegen, dass der Wettbewerb im heimischen Handel funktioniert. Die Händler:innen agieren nicht als Treiber der Teuerung, sondern seien demnach selbst von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stark betroffen.

Insbesondere der intensive Preiswettbewerb zwischen den Anbieter:innen trage dazu bei, dass Konsument:innen, vor allem einkommensschwächere Haushalte, weiterhin Zugang zu leistbaren Lebensmitteln haben. Laut Bericht hat der Lebensmittelhandel im Zeitraum von 2021 bis Mitte 2023 seine Gewinnmargen nicht systematisch erhöht und somit nicht von der Inflation profitiert. Ganz im Gegenteil, so der HV. Die Preisentwicklung bei Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken lag im Jahr 2024 mit durchschnittlich plus 2,6 Prozent sogar unter der allgemeinen Inflationsrate von 2,9 Prozent. Der Handel habe somit preisdämpfend auf das Gesamtbild gewirkt.

"Reformanstrengungen sind der richtige Weg, um die versteinerten Strukturen des gefräßigen Staates aufzubrechen. Österreich muss die Kosten senken und die Bevölkerung entlasten, hier warten wir auf große Würfe. Das ungarische Modell einer Handelsspannen-Obergrenze bei Grundnahrungsmitteln ist nicht die Lösung, sondern vielmehr Teil des Problems. Derartige Eingriffe bedeuten nur, dass die Kund:innen weniger Auswahl und geringere Qualität vorfinden – ungarische Verhältnisse sollten wir im Sinne unserer Bevölkerung vermeiden", so Rainer Will.

Preise seit September 2021 angestiegen

Seit Beginn der Teuerungswelle im September 2021 sind die Preise stark gestiegen. Der Einkaufskorb kostete damals rund 51 Euro – aktuell sind es fast 81 Euro. Die Arbeiterkammer führte hierzu einige Beispiele an, wo sich diese Preissteigerung am besten zeigen soll. Bohnenkaffee sei etwa um plus 158 Prozent, Orangensaft um plus 157 Prozent und Penne-Nudeln um plus 103 Prozent gestiegen. Weiters gestiegen sind etwa Weizenmehl (+88 Prozent), passierte Tomaten (+87 Prozent), Marillenmarmelade (+75 Prozent) und Reis (+54 Prozent).

"Gerade Menschen mit geringem Einkommen, Familien, Junge und Ältere können sich selbst die billigsten Lebensmittel kaum noch leisten. Die Bundesregierung muss ihr Bekenntnis für leistbare und faire Lebensmittelpreise angehen", resümieren die AK-Konsumentenschützer:innen.

Vor diesem Hintergrund fordern sowohl die Arbeiterkammer als auch der Verein für Konsumenteninformation schon seit Längerem stärkere staatliche Maßnahmen gegen die Teuerung im Lebensmittelbereich. Sie sehen in einer gezielten Regulierung von Preissprüngen ein notwendiges Instrument, um Konsument:innen zu entlasten und die Marktmacht großer Handelsketten zu begrenzen. Besonders in Zeiten hoher Inflation sei es laut AK entscheidend, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten und Preistransparenz zu erhöhen.

ÖGB fordert Preisdatenbank

Der Vorstoß von Finanzminister Markus Marterbauer wurde auch vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) begrüßt. "Wir begrüßen den Vorstoß von Finanzminister Marterbauer, zu überlegen, wie den hohen Preissteigerungen in Österreich entgegengewirkt werden kann", sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und ergänzt: "Die Inflation ist in Österreich immer noch höher als in fast allen Ländern des Euroraums". Das sei, so Katzian, eine sehr beunruhigende Entwicklung, auf die man umgehend reagieren müsse. "Die vergleichsweise hohe Inflation belastet Arbeitnehmer:innen schließlich genauso wie die Wirtschaft", heißt es weiter. Katzian forderte erneut eine Antiteuerungskommission. Diese solle Preise entlang der Wertschöpfungskette, also nicht nur im Handel, anhand einer Preisdatenbank für Lebensmittel überwachen. "Das würde den Staatshaushalt nicht belasten, wäre aber ein wirksames Mittel, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen, die wir alle leider alltäglich beobachten müssen, zu verhindern", so Katzian und fügt hinzu: "Es braucht nur den politischen Willen, sich damit auseinanderzusetzen, um die Menschen in Österreich zu entlasten. Die Expert:innen des ÖGB sind jederzeit bereit, sich in die Diskussion einzubringen."

www.handelsverband.at

www.bmf.gv.at

www.arbeiterkammer.at

www.vki.at

www.oegb.at

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