Seit 1999 hat Norwegen als erstes Land in Europa das Pfandsystem eingeführt und den Stein ins Rollen gebracht. Nur vier Jahre später, am 1. Jänner 2003, übernahm auch Deutschland das Konzept und führte Pfandpflicht für bestimmte Einweggetränkeverpackungen ein. Anfang 2025 erklärte sich schließlich mit weitem zeitlichem Abstand ebenso Österreich bereit, die Kreislaufwirtschaft zu fördern, nachzuziehen und Pfand auf Kunststoffflaschen und Metalldosen zu erheben. Nur wenige Monate nach der Einführung habe sich laut den Verantwortlichen bereits gezeigt, dass das neue Pfandsystem von den Österreicher:innen gut angenommen werde (LEADERSNET berichtete u. a. hier und hier). Nun, ein halbes Jahr nach der Einführung des Pfands, wurde erneut mithilfe einer von marketagent durchgeführten Umfrage eine Zwischenbilanz von Recycling Pfand Österreich gezogen.
Rücklaufquoten-Ziel fast erreicht
Doch, warum ist Pfand überhaupt solch eine große Sache? Gründe dafür gibt es mehrere: Ziel der Pfandverordnung ist es, wertvolle Materialien aus Getränkeverpackungen im Kreislauf zu halten und das achtlose Wegwerfen von Flaschen sowie Dosen in die Natur zu reduzieren. Noch im ersten Jahr der Pfand-Einführung habe man sich deshalb das Ziel gesetzt, eine Rücklaufquote von 80 Prozent zu erreichen – bis 2027 soll diese auf 90 Prozent gesteigert werden. Sollte Österreich dieser Meilenstein gelingen, erfüllt das Land bereits vor 2029 die EU-Vorgaben von einem Sammelziel von 90 Prozent. Nach der Einführung des Pfandsystems hierzulande seien demnach rund 880 Millionen Pfandgebinde in den ersten sechs Monaten in den Verkehr gebracht worden – davon wurden 357 Millionen retourniert (48 % Flaschen, 52 % Dosen). Mit Blick auf die Mengen, die vom Verkauf des Produzenten bis zur Rückgabe im Handel oder bei den Konsument:innen zu Hause lagern, stünden alle Zeichen auf Zielerreichung der 80-prozentigen Sammelquote bis Ende 2025.
"Die Rückgabezahlen steigen derzeit kontinuierlich – das ist ein sehr gutes Zeichen für ein funktionierendes Rücknahmesystem. Wir sind damit auf dem besten Weg, unser Ziel von einer Sammelquote von 80 Prozent bis Ende des Jahres zu erreichen. Ein starkes Zeichen für eine sauberere Umwelt und ein wichtiger Schritt für die Kreislaufwirtschaft in Österreich", so Monika Fiala und Simon Parth, Geschäftsführung von Recycling Pfand Österreich, die auch zu bedenken geben, dass die Getränkeverpackungen mehrere Stationen durchlaufen, bevor sie von Konsument:innen gekauft werden und daher durchschnittlich sieben bis acht Wochen benötigen, bevor sie retourniert zurück in den Handel kommen. Rechne man demnach die im Handel und bei den Konsument:innen aktuell noch lagernden Verpackungen ein, sei das Sammelziel von 80 Prozent bis Ende des Jahres in realistischer Reichweite.
Naturschutz als wichtigster Motivator und Kritik an den Rückgabeautomaten
Laut Umfrage würden zudem drei Viertel der Österreicher:innen das Pfandsystem befürworten. Auch fühle sich die Mehrheit der Konsument:innen gut über das Konzept informiert (80 %). Als wichtigster Vorteil des Einweg-Pfandsystems würden die Menschen hierzulande eine saubere Umwelt angeben, gefolgt von Kreislaufwirtschaft und dass weniger Müll verbrannt wird. "Wir sehen bereits nach einem halben Jahr Einwegpfand, dass deutlich weniger Flaschen und Dosen in der Natur landen. Diese Rückmeldung bekommen wir zudem aus unterschiedlichsten Bereichen. Das zeigt: Das Einweg-Pfandsystem wirkt", ergänzen Fiala und Parth. Zudem zähle Österreich zu den Ländern Europas, mit der höchsten Supermarkt- und entsprechend auch Rückgabeautomatendichte. Knapp 6.200 Automaten stehen laut Recycling Pfand Österreich zur Verfügung, weswegen 98 Prozent der Einweg-Getränkeverpackungen ihren Weg über Automaten in den Handel finden würden. Nur zwei Prozent der Rückgabe erfolge derzeit noch über manuelle Annahmestellen.
Doch trotz der positiven Stimmung gibt es auch Kritik am neuen Pfandsystem. Zum einen führt das erhobene Pfand zu zusätzlichen Kosten, die insbesondere größere Haushalte und Familien vor Herausforderungen stellen. Zum anderen gibt es auch Kritik an der Rücknahmepraxis, denn beschädigte und zerdrückte Verpackungen werden nicht angenommen, was zu Unmut bei den Konsument:innen führen kann. Weiters wird das System hinsichtlich der Barrierefreiheit kritisiert. Der Blinden- und Sehbehindertenverband führt an, dass das System für Menschen mit Einschränkung ohne fremde Hilfe nicht nutzbar ist. Denn die Logos auf den Verpackungen sind schlichtweg nicht ertastbar und viele Automaten nicht barrierefrei. Außerdem stehen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen in der Kritik. So könnten etwa kleine Betriebe durch die Investition in Rücknahmestellen benachteiligt werden, da große Unternehmen möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil haben. Und zu guter Letzt fallen die langen Wartezeiten negativ ins Auge. Einige Konsument:innen beschweren sich nämlich über diese – insbesondere zu Stoßzeiten oder wenn größere Mengen Pfand retourniert werden.
Lobende Worte der European Deposit Return Systems Association
Insgesamt ist Österreich das 18 Land in der EU, dass auf Pfand setzt. "Wir freuen uns, dass das Einweg-Pfandsystem in einem weiteren Land, nämlich in Österreich, Einzug gehalten hat. Nach sorgfältiger Ausarbeitung und Verabschiedung der Verordnung sowie der konsequenten Vorbereitung des Systemstarts durch Recycling Pfand Österreich ist das österreichische Einweg-Pfandsystem auf dem besten Weg, die nationalen und europäischen Sammelziele zu erreichen", so der Präsident der European Deposit Return Systems Association (EDRSA), Marián Áč. "Wir freuen uns auch über den großen Zuspruch, den das System in der Bevölkerung findet. Sie ist ein Beweis für das Engagement für eine saubere Umwelt und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Zu diesem wichtigen Meilenstein gratulieren wir dem Österreich-Team herzlich."
In welchem österreichischen Bundesland aktuell am meisten retourniert wird, sehen Sie in der Infobox.
www.recycling-pfand.at
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