Was seit Wochen so gut wie fix galt, ist jetzt hochoffiziell. Mit dem Beschluss beim Rat der Finanzminister am Dienstag (8. Juli) wurde nun offiziell das Verfahren wegen des übermäßigen Defizits gegen Österreich eingeleitet. Nach 1995 bis 1996 und nach der Finanzkrise in den Jahren 2009 bis 2014 ist dies mittlerweile zum dritten Mal der Fall. Neben Österreich sind aktuell acht weitere Länder – darunter auch Frankreich, Belgien und Italien – der EU in einem solchen Verfahren. Während es dafür von der Opposition – hier vor allem von der FPÖ -, aber auch von einigen Wirtschaftstreibenden und Finanzexpert:innen Kritik gibt, sehen die Regierung und der zuständige Finanzminister Markus Marterbauer das Defizitverfahren relativ gelassen. Weshalb das so ist, erklärte Letzterer und zwei Staatssekretär:innen anlässlich des finalen Beschlusses.
"Konsolidierung mit Augenmaß"
"Die Einleitung des Verfahrens kommt nicht überraschend. Nach einem Defizit von 4,7 Prozent des BIP im vergangenen Jahr und voraussichtlichen 4,5 Prozent im Jahr 2025 war dieses Verfahren absehbar und unausweichlich. Mit dem Beschluss des Doppelbudgets 2025 und 2026 hat Österreich bereits wichtige Maßnahmen hin zur Budgetkonsolidierung gesetzt (Anm. d. Red.: LEADERSNET berichtete). Um, wie geplant, 2028 die geforderte Unterschreitung der drei Prozent Grenze zu erreichen, müssen wir die vereinbarten Maßnahmen nun auch im Vollzug einhalten", sagte Marterbauer nach der Entscheidung am Dienstag.
Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl fügte hinzu: "Mit der heutigen Entscheidung besteht nun formelle Klarheit. Wir haben uns im Bundesministerium für Finanzen intensiv auf diese Situation vorbereitet, um verantwortungsvoll damit umgehen zu können. Unser klares Ziel ist es, Österreich so rasch wie möglich wieder aus dem EU-Defizitverfahren zu führen. Dabei halten wir konsequent am eingeschlagenen Budgetpfad fest, konsolidieren mit Augenmaß und investieren weiterhin gezielt in Zukunftsbereiche wie den Wirtschaftsstandort sowie Bildung und Gesundheit."
"Die Sanierung des Haushalts ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Der von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden gemeinsam gestartete Reform-Prozess ist ein wichtiger Schlüssel, um Österreichs Finanzen wieder auf gesunde Beine zu stellen und den Spielraum zu schaffen, damit nach dem Sanieren auch wieder investiert werden kann. Die ersten Schritte in diesem Prozess werden wir schon über den Sommer setzen, denn es gilt keine Zeit zu verlieren, um den ambitionierten Sanierungspfad rasch und konsequent zu gehen", so Sepp Schellhorn, Staatssekretär für Entbürokratisierung und Deregulierung.
Was Österreich jetzt machen muss
Was sind jetzt die konkreten Schritte, die im Rahmen des EU-Defizitverfahrens zeitnah umzusetzen sind? Bis Mitte Oktober 2025 muss Österreich nun wirksame Maßnahmen zur Einhaltung des Korrekturpfades an die Europäische Kommission vorlegen. Dies sei mit dem Mix aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen, die im Jahr 2025 6,4 Milliarden Euro und im Jahr 2026 8,7 Milliarden Euro zur Konsolidierung beitragen, bereits beschlossen und derzeit in Umsetzung. Im Anschluss wird die Europäische Kommission – voraussichtlich bis Mitte November 2025 – eine Einschätzung der Maßnahmen abgeben. Dann wird sich zeigen, ob die Maßnahmen von den Kontrolleur:innen für ausreichend gehalten werden, oder ob die Regierung und der Finanzminister weiter nachschärfen müssen.
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