"Die Ausgangslage ist extrem schwierig, der Zustand des österreichischen Staatshaushaltes besorgniserregend." Mit diesen mahnenden Worten begann Markus Marterbauer am Dienstag (13. Mai) seine erste Budgetrede als Finanzminister. Mit dem von ihm präsentierten Doppelbudget 2025/2026 legt die Bundesregierung eine Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite vor, die heuer ein Konsolidierungsvolumen von 6,4 Milliarden Euro und im nächsten Jahr 8,7 Milliarden Euro umfassen sollen. Und das scheint auch mehr als notwendig zu sein. Denn im vergangenen Jahr betrug das Defizit des Gesamtstaates 22,5 Milliarden Euro oder 4,7 Prozent des BIP. Ohne Sanierungsmaßnahmen wäre das Defizit für dieses Jahr auf mehr als 28,6 Milliarden Euro oder 5,8 Prozent gestiegen, so der Finanzminister. Mit dem Doppelbudget soll es 2025 und 2026 sinken – zunächst auf 4,5 und dann auf 4,2 Prozent. Von der von der EU vorgegebenen Drei-Prozent-Maastricht-Grenze ist man dennoch weit entfernt. Neben Einsparungen sind aber auch Investitionen geplant.
So gut wie jede:r ist betroffen
"Wir sanieren das Budget nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus zwei Gründen: Erstens wollen wir hohe Zinszahlungen und die Abhängigkeit von den Finanzmärkten vermeiden. Zweitens wollen wir Spielräume für fortschrittliche Investitionen schaffen. Ich investiere das Geld lieber in Schulen, Schienen und Spitäler, als Milliardenbeträge für Zinsen zu zahlen", so Marterbauer bei der Präsentation des Budgets im Parlament. Die Bundesregierung hat die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und den Staatshaushalt zu sanieren. Laut dem Finanzminister sei es ein gemeinsamer Kraftakt. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass die Sanierung gelingt: "Österreich kann, wenn es will."
Nach der Präsentation steht fest, dass die Einsparungen so gut wie jede:n in Österreich treffen dürften. In diesem Zusammenhang sprach Marterbauer von schmerzlichen, aber notwendigen Maßnahmen. Damit die Budgetsanierung gelingt, sei unter anderem darauf geachtet worden, die Lasten möglichst gerecht zu verteilen. "Jede:r wird betroffen sein, aber es muss uns gelingen, die Bevölkerung von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Budgetsanierung zu überzeugen. Meiner Überzeugung nach sind die Bürgerinnen und Bürger bereit, zur Sanierung des Budgets beizutragen. Und zwar dann, wenn sie sicher sein können, dass alle dazu beitragen. Wenn sie sich sicher sein können, dass die Sanierungslasten gerecht zwischen den sozialen Gruppen und wirtschaftlichen Akteuren verteilt sind."
Wo jetzt gespart wird
Aufgrund der Sanierungsmaßnahmen wird die Abgabenquote zunächst von 44,5 Prozent auf 45,5 Prozent steigen und soll auf diesem Niveau stabil bleiben. Vor den Wahlen wurde freilich noch das Gegenteil versprochen. Damals war das tatsächliche Ausmaß des Budgetlochs laut den Verantwortlichen aber auch nicht absehbar. Höhere Staatseinnahmen leisteten laut Marterbauer kurzfristig einen unverzichtbaren Beitrag zur Sanierung. Unter anderem werden Banken und Energiekonzerne einen Beitrag leisten, Steuerlücken werden geschlossen (siehe Infobox). Die steuerlichen Maßnahmen machen 2025 demnach eine Milliarde Euro und im kommenden Jahr 2,2 Milliarden Euro aus. Darüber hinaus habe jedes Ressort einen Beitrag zu den Einsparungen in der Verwaltung erbracht, die sich im Jahr 2025 auf 1,1 Milliarden Euro und im kommenden Jahr auf 1,3 Milliarden Euro summieren sollen. Mit der Abschaffung des Klimabonus und der Redimensionierung der Förderungen sollen diese Posten zu Sanierungen im Ausmaß von 3,3 Milliarden 2025 und 2026 beitragen. Das Klimaticket kostet künftig 200 Euro mehr. Die übrigen Maßnahmen waren bereits vor der Budgetrede großteils bekannt und betreffen die Bereiche Arbeitsmarkt, Älteren-Beschäftigung und Pensionen sowie Dividenden staatsnaher Betriebe. So wird unter anderem die E-Card Gebühr massiv erhöht und die Ausstellung von Dokumenten wie Reisepässe deutlich teurer. Zudem wird ein Drittel der "kalten Progression" einbehalten und für die Budgetsanierung verwendet.
Mittelfristig sollen die Staatsausgaben bei den Einsparungen eine große Rolle spielen, versicherte der Finanzminister. Die Ausgabenquote sinke demnach von 56,8 Prozent des BIP 2025 auf 55 Prozent im Jahr 2029. Dies trotz eines Anstiegs der Zinsausgaben von 1,5 Prozent auf 2,4 Prozent. Unter anderem werde der Klimabonus abgeschafft und Förderungen würden redimensioniert. Strukturelle Reformen sollen darüber hinaus langfristig positive Auswirkungen auf das Budget haben. Hier fordern zahlreiche Finanzexpert:innen aber schon länger deutlich mehr Tempo und Ambitionen – etwa in Bezug auf die Erhöhung des Pensionsantrittsalters. "Es ist aktuell kein günstiger Zeitpunkt für Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Die Konjunktur hat sich im ersten Quartal 2025 zwar stabilisiert, doch sie bleibt noch schwach und die Risiken sind sehr hoch", sprach sich Marterbauer für behutsames Vorgehen aus.
Einen besonders großen Anteil bei den Einsparungen der Ministerien muss das Infrastrukturministerium stemmen. Auf dieses entfällt ein Zehntel aller Einsparungen des Bundes. Am stärksten sind davon die ÖBB betroffen, wo es vor allem zu Kürzungen beim Bahnausbau kommen wird – heuer in Höhe von 300 Millionen Euro, 2026 sogar 500 Millionen Euro. Dadurch werden sich zahlreiche geplante Ausbauprojekte wohl um viele Jahre nach hinten verschieben. Laut Verkehrsminister Peter Hanke sei die Mobilitätswende deshalb aber nicht in Gefahr. Denn trotz der Einsparungen sollen in den kommenden Jahren rund 20 Milliarden Euro in die Schiene investiert werden.
Investitionen in Arbeit, Soziales und Bildung
Um das minimale Wirtschaftswachstum (im ersten Quartal 2025 lag es laut Wifo bei +0,2 Prozent) mit den Sparmaßnahmen nicht komplett abzuwürgen, sind auch einige Offensivmaßnahmen im Doppelbudget 2025/2026 eingeplant. Im Bereich Wirtschaft und Arbeit seien etwa steuerliche Begünstigungen für Klein- und Mittelunternehmen vorgesehen, zudem gebe es ein höheres Förderbudget für das AMS, ein neues Modell für die Weiterbildungszeit und die Einführung eines attraktiven "Arbeiten im Alter"-Modells. Für heuer werden Marterbauer zufolge 477 Millionen Euro für Offensivmaßnahmen im Bereich Arbeit und Wirtschaft, für 2026 dann 977 Millionen Euro vorgesehen.
Bei Gesundheit und Soziales werden unter anderem die Rezeptgebühren eingefroren und ein Unterhaltsgarantie-Fonds soll bei Härtefällen helfen, wenn Unterhaltszahlungen nicht geleistet werden. Zudem soll ein Innovationsfonds zur Stärkung der ambulanten Versorgung eingerichtet werden. Für diese Maßnahmen seien heuer 16 Millionen Euro, 2026 dann 235 Millionen Euro vorgesehen. Für Bildung und Integration möchte die Bundesregierung heuer zusätzlich 120 Millionen Euro, 2026 350 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Unter anderem seien eine Ausweitung des Deutschförderangebots, ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr, zusätzliche Mittel im Rahmen des Chancenbonus und ein kostenfreier Zugang zu seriöser journalistischer Information für junge Menschen vorgesehen.
Resümee abseits der Regierung
Mehrere Finanzexpert:innen bezeichneten das vorgelegte Doppelbudget als ausgewogen und nachvollziehbar, hätten sich aber durchaus mehr Ambition gewünscht – etwa bei strukturellen Reformen (Pensionen, Verwaltung, Föderalismus) oder dem Abbau von klimaschädlichen Förderungen. Fiskalratspräsident Christoph Badelt zeigte sich im Vorfeld skeptisch, ob mit den geplanten Maßnahmen die Einsparungen in Höhe von 6,4 und 8,7 Milliarden Euro (2025 und 2026) tatsächlich gelingen.
Da es in den letzten Jahrzehnten so gut wie noch nie eine Budgetrede gab, die nicht kritisiert worden wäre, dauerte es auch dieses Mal nicht lange, bis sich die ersten kritischen Stimmen zu Wort meldeten. Wobei natürlich die Oppositionsparteien den Ton angaben. Für die Grünen sei das Budget unter anderem eine frauenpolitische Bankrotterklärung. "Das heute von SPÖ-Finanzminister Marterbauer präsentierte Doppelbudget von türkis-rot-pink ist ein Schlag ins Gesicht für hunderttausende Frauen in Österreich", sagte Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen, zu den Budgetplänen der Bundesregierung. Bei der FPÖ zeigt man sich überzeugt, dass dieses Budget Österreich nicht retten werde. "Mit dem verschriftlichten Budget wird Österreichs Haushalt aber leider nicht zu retten sein", so der freiheitliche Budgetsprecher Arnold Schiefer. Die Bundesregierung habe sich für eine "langsame Sanierung" des Staatshaushaltes entschieden und wolle erst 2028 wieder zur Drei-Prozent-Maastricht-Grenze zurückkehren. Bis dahin werde die Staatsschuldenquote bis auf 87 Prozent ansteigen, so der FPÖ-Abgeordnete.
Die Industriellenvereinigung (IV) zeigt sich vorsichtig optimistisch anlässlich der grundsätzlichen Ausrichtung des Bundesbudgets 2025/2026 als ersten Schritt in Richtung Konsolidierung, jedoch seien entscheidende strukturelle Weichenstellungen nach wie vor ungenügend. "Es ist ein Signal, dass der Ernst der Lage erkannt wurde und erste Sparmaßnahmen gesetzt werden. Doch der Weg zu einem nachhaltig tragfähigen Budgetpfad verlangt mehr als bislang eher symbolische Schritte", so IV-Präsident Georg Knill anlässlich der Budgetrede des Finanzministers. Das vielfach angekündigte "Sparen im System" – etwa durch Verwaltungsvereinfachungen oder effizientere Förderstrukturen – finde bislang nicht im nötigen Ausmaß statt. Gleichzeitig profitiere der Bundeshaushalt von außergewöhnlich hohen Steuereinnahmen. Knill dazu: "Diese Mittel sind nicht zuletzt Ausdruck einer deutlich gestiegenen Belastung der Betriebe – durch Inflation, kalte Progression und zahlreiche Sonderabgaben. Österreich hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem."
Die Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge) begrüßte den von Marterbauer vorgestellten Sanierungsplan des Staatsbudgets grundsätzlich. Einige der Sparmaßnahmen, welche die Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen belasten, wären aber nicht notwendig gewesen, wenn es einen größeren Beitrag von Vermögenden gegeben hätte. Gefordert werden zudem mehr Impulse für Konjunkturaufschwung und Beschäftigung. "Eine umfassende Industriestrategie, die zusammen mit den Sozialpartnern erarbeitet wird, muss jetzt auf den Weg gebracht werden. Es geht dabei um dringend notwendige Infrastrukturinvestitionen und um eine Fachkräftestrategie. Das stärkt nicht nur unsere Wettbewerbsfähigkeit, sondern schafft dringend notwendiges Zukunftsvertrauen", sagte Reinhold Binder, Bundesvorsitzender der Pro-Ge.
Der Handel ist ebenfalls tendenziell positiv eingestellt. "Das heute präsentierte Budget enthält einige begrüßenswerte Impulse für den Standort und den Arbeitsmarkt", sagte Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. "Wir erkennen die Bemühungen der Bundesregierung an, die notwendige Konsolidierung so wachstums- und beschäftigungsschonend wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig bleibt das schwache Konsumklima eine zentrale Herausforderung für den Handel. Durch die heute präsentierten Maßnahmen wird der Gegenwind nicht schwächer, sondern durch die Kaufkraftschwächung eher stärker."
So geht es mit dem Budget weiter
Der weitere Fahrplan für das vorgelegte Budget sieht wie folgt aus: Nach der Budgetrede beginnen die parlamentarischen Beratungen zum Doppelbudget 2025/26 mit der Ersten Lesung am 14. Mai 2025. Nach der Zuweisung an den Budgetausschuss folgt das den Beratungen im Ausschuss vorgelagerte Expertenhearing am 3. Juni 2025. Die Debatten über die einzelnen Untergliederungen sind im Budgetausschuss von 4. bis 11. Juni 2025 vorgesehen. Die abschließenden Plenarberatungen mit Zweiter und Dritter Lesung sollen von 16. bis 18. Juni 2025 stattfinden.
www.parlament.gv.at
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