KSV1870 Hochrechnung fürs 1. Halbjahr 2025
In Österreich sind heuer 19 Firmen pro Tag pleitegegangen

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen befindet sich weiterhin auf sehr hohem Niveau. Laut dem Kreditschutzverband wird sich daran bis Jahresende auch nichts ändern. Einziger Lichtblick ist der Rückgang bei den Großpleiten.

Der KSV1870 hat am Dienstag seine Hochrechnung für das erste Halbjahr 2025 in Bezug auf Firmeninsolvenzen veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass die wirtschaftliche Lage in Österreich von erheblicher Unsicherheit geprägt bleibt. In den ersten sechs Monaten des Jahres habe sich die finanzielle Situation vieler Unternehmen kaum stabilisiert. Laut einer im April veröffentlichten KSV1870-Umfrage bewerten lediglich 43 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage positiv – ein Tiefstwert seit fünf Jahren. Hauptverantwortlich dafür seien neben hohen Personal- und Energiekosten vor allem geopolitische Spannungen, die exportorientierte Firmen besonders hart treffen.

Internationale Omnikrise belastet

Infolge der anhaltenden Belastungen setzte sich der negative Trend aus dem ersten Quartal 2025 fort. Konkret mussten im ersten Halbjahr 3.500 Unternehmen Insolvenz anmelden – ein Anstieg von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht durchschnittlich 19 Firmenpleiten pro Tag. Besonders auffällig sei dem Kreditschutzverband zufolge die Zunahme nicht eröffneter Verfahren wegen fehlender Kostendeckung um 10,5 Prozent (1.325 Fälle), während eröffnete Insolvenzverfahren um 3,6 Prozent zunahmen.

"Die Unternehmen kommen in Zeiten einer internationalen Omnikrise aktuell kaum zur Ruhe. Die unausweichliche Folge ist ein hohes Insolvenzaufkommen, wie wir es in Österreich zuletzt im Jahr 2005 zu verzeichnen hatten. Zudem deutet aktuell vieles darauf hin, dass uns diese Situation noch einige Zeit begleiten wird", erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.

Mehrere Branchen als Treiber

Doch welche Branchen sind nun besonders stark betroffen? Mit 599 Insolvenzfällen (+3,6 Prozent) verzeichnete der Handel das höchste Insolvenzaufkommen. Innerhalb der Branche trifft es der Hochrechnung zufolge vor allem den Einzelhandel (324 Fälle, +11 Prozent), während der Großhandel mit 167 Fällen einen Rückgang von fünf Prozent meldet. Der Kfz-Handel blieb mit 108 Fällen (+1 Prozent) nahezu unverändert. Es folgen die Bauwirtschaft (552 Fälle, -4,3 Prozent) sowie Gastronomie und Beherbergung (422 Fälle, +5,2 Prozent). Diese drei Sektoren stehen demnach für nahezu 45 Prozent aller Unternehmenspleiten.

Auffällig sei der sprunghafte Anstieg im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen, der mit 263 Insolvenzen ein Plus von 83 Prozent aufweist, schreibt der KSV1870. Besonders betroffen ist dabei der Bereich "Kauf und Verkauf von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen". Diese Branche verzeichnet demnach mit rund 1,35 Milliarden Euro auch die höchsten Passiva – ein Großteil davon sei auf Folgeinsolvenzen der Signa-Gruppe zurückzuführen.

KSV Hochrechnung © KSV1870

Weniger Großinsolvenzen – aber hohe Konzentration in Wien

Trotz der steigenden Fallzahlen haben sich die vorläufigen Passiva im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert – um 56,8 Prozent auf rund 4,8 Milliarden Euro. Grund dafür sei, dass es 2025 bislang nur eine Insolvenz mit Passiva von über 500 Millionen Euro gab: jene der Herkules Holding GmbH (Passiva: 710 Millionen Euro), ebenfalls Teil der Signa-Gruppe. Im Vergleichszeitraum 2024 waren es fünf Fälle mit teils deutlich höheren Summen, vier davon betrafen Unternehmen rund um den mittlerweile in U-Haft sitzenden René Benko (es gilt die Unschuldsvermutung). Rund 30 der 40 größten Insolvenzfälle (mit mindestens zehn Millionen Euro Passiva) wurden in Wien angemeldet.

Götze sagt dazu: "Rund die Hälfte aller Großinsolvenzen betreffen Unternehmen aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen. Diese haben zuletzt recht häufig mit hohen Passiva zu kämpfen und sind traditionell vor allem in Wien angesiedelt. Das führt dazu, dass sich das Handelsgericht Wien aktuell besonders häufig mit Großinsolvenzen befassen muss."

Ausblick 2025: Keine Entspannung in Sicht

Richtet man den Blick auf die kommenden Monate, ist den Expert:innen zufolge kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die wirtschaftliche Prognose bleibt nämlich verhalten. Nur etwa ein Fünftel der befragten Unternehmen erwarte im Laufe des Jahres eine Verbesserung der aktuellen Geschäftslage, wie aus der jüngsten KSV1870-Umfrage hervorgeht. Angesichts der insgesamt schwachen Konjunktur sieht der Kreditschutzverband keine Anzeichen für eine baldige Entspannung der Insolvenzsituation. Die aktuelle Jahresprognose bleibt daher unverändert bei rund 7.000 Unternehmensinsolvenzen.

"Zwar hat sich die Auftragslage in einigen Bereichen zuletzt leicht verbessert, etwa in Teilen der Bauwirtschaft und bei den Finanzdienstleistern, doch das ist noch zu wenig, damit sich die teils massive finanzielle Schieflage der Unternehmen stabilisieren und nachhaltig verbessern kann. Auch deshalb ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl der Firmenpleiten in absehbarer Zeit sinken wird", betont der KSV1870-Insolvenzexperte abschließend.

www.ksv.at

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