"Die Mannerschnitte wird Fairtrade zertifiziert"

Ulf Schöttl, Marketingleiter von Manner, und Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade, im Interview über gelebte Nachhaltigkeit, warum bei Kakao fairer Handel besonders wichtig ist, den Einsatz von retronovativem Marketing und wie die Corona-Krise die Lust auf Süßes beeinflusst.

Nachhaltigkeit ist für das Süßwaren-Traditionshaus Manner mehr als nur ein Kaufargument. Das Thema ist in den Werten des Unternehmens verankert. Bereits die Firmengründung 1890 resultierte aus dem Bestreben, das damalige Luxusprodukt Schokolade leistbar und qualitativ hochwertig zu produzieren. Kakao ist seitdem als wichtigster Rohstoff zentrales Thema der Nachhaltigkeits- Strategie. 2012 hat sich Manner dazu verpflichtet, bis 2020 den gesamten Bedarf für alle Markenprodukte aus dem Haus auf nachhaltigen Kakao umzustellen und dies kontinuierlich umgesetzt. Jetzt folgt nun der weitere Schritt in Richtung nachhaltiger Kakao, da alle Manner Waffel- und Schnittenprodukte auf FAIRTRADE zertifizierten Kakao umgestellt werden. Aus diesem Anlass hat LEADERSNET Ulf Schöttl, Marketingleiter von Manner, und Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE, zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Manner hat es geschafft und erhält für alle Waffel- und Schnittenprodukte das FAIRTRADE-Kakao-Siegel. Wann wird das auch im Regal sichtbar werden? 

Ulf Schöttl: Es ist uns wichtig, dass die Farmer, die den Kakao für unsere Produkte anbauen, einen fairen Preis dafür erhalten. Ab sofort werden daher alle Schnittenprodukte von Manner mit dem FAIRTRADE Siegel ausgezeichnet. Sämtlicher Kakao für diese Produkte wird also zu 100 Prozent mit nachhaltig zertifiziertem Kakao produziert. Diese Umstellung wird der Konsument im Laufe des Jahres im Süßwarenregal zu sehen sein. Wir werfen kein Verpackungsmaterial weg sondern stellen immer dann um, wenn es ausgeht. Im Sommer wird vermutlich die klassische Mannerschnitte das FAIRTRADE Logo erhalten.

LEADERSNET: Ist Kakao ein besonderes Beispiel für Nachhaltigkeit?

Hartwig Kirner: Sagen wir so: Kakao ist ein Beispiel dafür, wo fairer Handel besonders wichtig und gefragt ist. Ein Großteil der Welternte kommt aus Westafrika. Die Kleinbauernfamilien in Ghana und der Elfenbeinküste verdienen vom Anbau dieses Luxusgutes oft zu wenig, um ein angemessenes Leben zu führen. Viele der entlegenen Dörfer sind weder ans Stromnetz angeschlossen, noch gibt es ausreichend Trinkwasserversorgung vor Ort. Fairtrade versucht hier die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen nachhaltig zu verbessern.

LEADERSNET: Ist man bei Manner stolz darauf, als einer der ersten auf 100 Prozent zertifiziert nachhaltigen Kakao umgestellt zu haben?

Ulf Schöttl: Wir sind sehr stolz auf diesen Schritt zu FAIRTRADE. Manner wird immer wieder als vertrauenswürdigste Marke Österreichs ausgezeichnet, das freut uns, diese Auszeichnung bedeutet aber auch Verantwortung.

LEADERSNET: Regionale Wertschöpfung und internationaler fairer Handel. Wie passt das zusammen?

Ulf Schöttl: Was wir kaufen können, bevorzugen wir selbstverständlich regional. Wir produzieren die Schnitte im Herzen Wiens in unserer urbanen Produktion in Hernals. Bei Rohstoffen, die wir nicht regional beziehen können wie Kakao achten wir darauf, dass wir sie nachhaltig beziehen können.

LEADERSNET: Was ist unter FAIRTRADE eigentlich alles zu verstehen?

Hartwig Kirner: Fairtrade steht für soziale, ökonomische und ökologische Richtlinien, die sogenannten Standards. Darin sind Rechte enthalten, wie ein nicht verhandelbarer Mindestpreis und auch eine zusätzliche Prämie für den jeweiligen Rohstoff, in diesem Fall den Kakao, aber auch Pflichten. Darunter fällt das Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit und der Verzicht auf bestimmte Spritzmittel ebenso, wie Umweltschutzmaßnahmen und vieles mehr.

LEADERSNET: Wie wird die Umstellung auf nachhaltigen Kakao in den Produkten deutlich gemacht?

Ulf Schöttl: Das FAIRTRADE Cocoa Siegel wird auf den Verpackungen abgebildet sein. Ein Siegel oder Logo gibt dem Konsumenten Sicherheit und eine Orientierung im Regal – FAIRTRADE und Manner sind zwei starke Marken, die bekannt, stimmig und beim Konsumenten positiv besetzt sind.

LEADERSNET: Schokobananen und Victor Schmidt Mozartkugeln waren ja schon bisher Fairtrade zertifiziert. Wird mit der Umstellung aller Manner-Waffelprodukte ein besonderes Zeichen gesetzt? Was war für diese Nachhaltigkeits-Initiative ausschlaggebend?

Ulf Schöttl: Die Casali Schokobananen wurden schon 2015 FAIRTRADE zertifiziert, seitdem besteht die Partnerschaft mit FAIRTRADE im Unternehmen, die ich sehr schätze. Die Victor Schmidt Mozartkugeln bekamen letztes Jahr das FAIRTRADE Logo. Und jetzt sind die Manner Waffel- und Schnittenprodukte an der Reihe. Das ist eine schöne Entwicklung und zeigt die Wichtigkeit des Themas. Manner ist einer der wenigen großen Süßwarenunternehmen, das den Kakao selbst verarbeitet. Wir kaufen Kakaobohnen from-bean-to-bar – alle Verabeitungsschritte wie das Rösten, Conchieren etc. finden bei uns statt. Das Endergebnis ist qualitativ hochwertige Manner-Schokolade, die unseren Produkten diesen unvergleichlichen Manner-Geschmack gibt.

LEADERSNET: Die Lebensbedingungen der vielen kleinen Kakaobauern sind ja meist sehr schlecht. Kann FAIRTRADE hier zu einer signifikanten Verbesserung beitragen?

Hartwig Kirner: Je mehr die Kakaobauernfamilien von ihrer Ernte zu Fairtrade-Bedingungen verkaufen können, umso größer ist die Wirkung durch die Fairtrade-Prämie und auch den Mindestpreis im Ursprung. Aktuell ist das im Schnitt aber nur ein Drittel der Menge. Das gilt es zu ändern und dank großer Firmen wie Manner ist es auch möglich, hier weitere Schritte in die richtige Richtung zu setzen. Seit das Fairtrade-Programm für Kakao als Einzelzutat in Österreich 2014 gestartet ist, konnte die Menge von Fairtrade-Kakao hierzulande mehr als verdoppelt werden und dieser Trend wird sich erfreulicherweise nun weiter fortsetzen.

LEADERSNET: Gibt es über den nachhaltigen Einkauf hinaus auch weitere Bemühungen des Unternehmens in den Herkunftsländern zu helfen?

Ulf Schöttl: Manner ist in Westafrika, wo wir den Großteil unseres Kakaos beziehen, sehr aktiv. Seit 2013 gibt es im SOS Kinderdorf Abobo Gare ein Manner-Haus, das wir errichtet haben. Wir kommen auch laufend für die Kosten der Familie im "Manner Haus" auf und sind mit der Hausmutter im regen Kontakt.

LEADERSNET: Wie ist die Situation des Unternehmens am heimischen Süßwarenmarkt?

Ulf Schöttl: Im Moment ist es für unsere Manner Shops schwierig. Wir haben die Shops am Bahnhof, in der City, am Flughafen, überall dort, wo Touristen unsere Produkte als süßes Andenken mitnehmen oder Reisende ein Mitbringsel kaufen. Dieser Umsatz fehlt uns zur Zeit.

LEADERSNET: Welche Visionen haben Sie für ihr Unternehmen für die Zukunft? Welche Rolle wird die Wiener Tradition künftig spielen?

Ulf Schöttl: Wir haben bewusst den Schriftzug Manner Wien auf unseren Produkten abgebildet sowie unsere Schutzmarke, den Stephansdom. Wien steht für Süßwarenkultur, genauso wie unsere Produkte. Wir haben Klassiker wie die Mannerschnitte, aber auch Innovationen wie das Manner Müsli im Sortiment und verbinden so Tradition und Moderne. Ich nenne diese Strategie gern retronovatives Marketing. Die Marke unter Wahrung der Heritage zukunftsfit zu machen.

LEADERSNET: Welcher Stellenwert kommt eigentlich dem Export zu?

Ulf Schöttl: Mit einem Exportanteil von ca. 60 Prozent ist das Thema sehr wichtig für uns. In unseren Kern-Exportländern wie z.B. Deutschland können wir jedes Jahr ein sehr gutes Wachstum vorweisen.

LEADERSNET: Bemerken Sie in der Corona-Krise einen besonderen Bedarf an Süßigkeiten, essen die Österreicher im Lockdown mehr Schnitten, Waffeln und Kugeln?

Ulf Schöttl: Wir sehen, dass sich der Konsument auch in der Krise gerne einen süßen Glücksmoment gönnt. Eine Mannerschnitte zum Kaffee im Homeoffice oder während des Distance Learnings. Allerdings fallen die Anlässe und Besuche weg – was unsere Bonbonieren wie zb Ildefonso trifft. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass gerade in schwierigen Zeiten, ein rosa Glücksmoment gelegen kommt – und dann kann man sich ruhigen Gewissens etwas gönnen, weil der Kakao aus fairem Anbau stammt. (jw)

www.manner.com

www.fairtrade.at

Fairtrade

Der Verein FAIRTRADE Österreich setzt sich seit 1993 für fairen Handel mit Bauernfamilien und Beschäftigten auf Plantagen in Afrika, Asien und Lateinamerika ein. Er vergibt in Österreich das FAIRTRADE-Siegel. 2019 wurden bereits 3.423 Tonnen FAIRTRADE-Kakao hierzulande verkauft, um 6 Prozent mehr als noch im Jahr davor. Das bedeutete Direkteinnahmen für die Produzentenorganisationen in der Höhe von rund 9,2 Millionen US-Dollar. 

Fairtrade

Der Verein FAIRTRADE Österreich setzt sich seit 1993 für fairen Handel mit Bauernfamilien und Beschäftigten auf Plantagen in Afrika, Asien und Lateinamerika ein. Er vergibt in Österreich das FAIRTRADE-Siegel. 2019 wurden bereits 3.423 Tonnen FAIRTRADE-Kakao hierzulande verkauft, um 6 Prozent mehr als noch im Jahr davor. Das bedeutete Direkteinnahmen für die Produzentenorganisationen in der Höhe von rund 9,2 Millionen US-Dollar. 

leadersnet.TV