Seit Ende Mai sind die Arbeiten am Barockgarten von Schloss Hof vollendet. Nach insgesamt 15 Jahren detailgenauer Rekonstruktion ist der siebenterrassige Garten des historischen Denkmals in Niederösterreich wiederhergestellt und präsentiert sich Seinen BesucherInnen wie vor 200 Jahren.
Das "persönliche Versailles" des Prinzen Eugen von Savoyen bzw. die spätere Sommerresidenz der kaiserlichen Familie zählte zu ihrer Blütezeit im 18. Jahrhundert zu den imposantesten Schlossparks Mitteleuropas. Nach jahrelangen Forschungen und begleitenden archäologischen Grabungen wurde vor kurzem die siebte und mit knapp sechs Hektar größte Ebene des Gartens revitalisiert. Die landschaftsarchitektonische Planung, Rekonstruktion, Baustellenkoordination und Örtliche Bauaufsicht für diesen letzten wichtigen Schritt in einem der bedeutendsten Garten-Wiederbelebungsprojekte des Landes übernahm grünplan gmbh. Ingenieur Werner Sellinger, Geschäftsführer der grünplan gmbh, gibt nun einen Einblick in das grüne "Mammutprojekt" von historischem Ausmaß.
LEADERSNET: Herr Sellinger, die Rekonstruktion des Barockgartens von Schloss Hof erstreckte sich insgesamt über rund 15 Jahre. Eine lange Zeit und eine heikle Aufgabe – hier handelt es sich ja nicht um ein alltägliches Freiraumprojekt. Wie geht man so etwas an? Gab es alte Pläne des Gartens? Wie originalgetreu kann man arbeiten?
Sellinger: Das gesamte Projekt ist natürlich mit keinem anderen, modernen Projekt vergleichbar. Einer der spannendsten Aspekte bei der Arbeit an den Terrassen für Schloss Hof war, neben dem historischen Wert, die enge Zusammenarbeit mit Archäologen und Historikern, die teilweise auch an Detektivarbeit erinnerte. Es galt ja, den Garten so originalgetreu wie möglich zu rekonstruieren, und in 200 Jahren passiert viel. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wurde die Gartenanlage aufgrund von wechselnden Nutzungen und einer schrittweisen Reduktion der Pflege in großen Teilen mehr und mehr der Natur überlassen. Zudem wurden die Brunnen demontiert, so auch die Große Kaskade. Der Garten blieb aber in seiner barocken Grundstruktur bestehen, sodass barocke Wegeführungen, Stiegenanlagen, aber auch Pflanzgruben der Bäume und Blumenbeete sich unter einer zirka 30 Zentimeter dicken Erdschicht erhalten hatten. Hier konnten wir ansetzen.
LEADERSNET: Es wurden nicht nur Archäologen zu Rate gezogen, sondern vor Ort auch tatsächliche Grabungen getätigt?
Sellinger: So ist es. Schon vor fast 30 Jahren, ab 1991, wurden erste archäologische Grabungen getätigt. Bereits damals hatte man das Ziel, die gesamte barocke Gartenanlage von Schloss Hof zu revitalisieren. Dabei hielt man sich vor allem an die vorhandenen und von Maria Theresia in Auftrag gegebenen drei Gemälde und historischen Pläne mit Detailinformationen. 2004 begannen die ersten Arbeiten an der Rekonstruktion der einzelnen Terrassen.
LEADERSNET: Gab es im Zuge der Arbeiten einen besonders definierenden Moment?
Sellinger: Allerdings. Ein wichtiger Meilenstein für das gesamte Projekt geschah 2006, als zwei Originalpläne gefunden wurden. Einer davon ist auf 1765 datiert und gibt die gesamte Anlage mit allen sieben Terrassen detailgetreu wieder. Wesentliche Informationen für den finalen Rekonstruktionsplan der siebten Terrasse basieren auf den letzten Grabungen, die erst im Frühsommer 2017 beendet wurden.
LEADERSNET: Wie sind Sie schließlich bei der Rekonstruktion vorgegangen?
Erzählen Sie uns bitte Details zur Rekonstruktion?
Sellinger: Die Befunde der archäologischen Grabungen konnten mit dem "1765er"-Plan, dessen Korrektheit in der Darstellung durch die Grabungsergebnisse bestätigt wurde, überlagert werden. In einer 3D-Visualisierung haben wir den Garten dann erstmals wieder virtuell erlebbar gemacht. Basierend darauf wurden das Wegesystem, die Alleen und die Heckenstrukturen sowie die darin eingebetteten kleineren Gartenräume wiederhergestellt.
LEADERSNET: Ist der Barockgarten in Schloss Hof, so wie ihn Besucher seit dem 21. Mai nun live erleben können, ein 1:1 Abbild des Originals oder gibt es doch das ein oder andere neue Element?
Sellinger: Der Garten ist absolut barock, aber wir haben noch etwas hinzugefügt. Während die beiden Bereiche, die dem Schloss am nächsten liegen, die formale Strenge des ursprünglichen Erscheinungsbildes exakt wiedergeben, befinden sich in den beiden hinteren Bereichen zwei „neue" Elemente, da die archäologischen Grabungen hier keine genauen Daten liefern konnten: Das Labyrinth und der Irrgarten sind zwar beide nicht im Originalplan vorhanden, waren jedoch im Barock sehr beliebte Gestaltungselemente. Eine barrierefreie Aussichtsplattform rundet das Bild ab. Mit je 2.200 Quadratmeter Fläche zählen diese beiden Bereiche zu den Hauptattraktionen für die Gäste. Richtung Osten folgt innerhalb der barocken Strukturen ein Baumgarten mit historischen Obstsorten.
LEADERSNET: Bei einem Projekt dieser Größenordnung können wir als Wirtschaftsmedium nicht umhin, nach Zahlen und Fakten zu fragen. Sie haben gerade schon Flächenangaben genannt. Welche Eckdaten können sie uns noch verraten?
Sellinger: Insgesamt wurden für die originalgetreue Rekonstruktion fast 400 Alleebäume und 300 Obstgehölze, 1.000 Stück heimische Wildsträucher und knapp fünf Kilometer Hecken aus Feldahorn und Eibe gepflanzt. Nach 12 Monaten spannender Planungsphasen und daran anschließenden 14 Monaten intensiver Bautätigkeit freuen wir uns besonders, dass die fertige Terrasse ab sofort von jährlich mehr als 350.000 Gästen erlebt werden kann. Seitens SKB wurden rund neun Millionen Euro in die Gartenrevitalisierung investiert, zirka vier Millionen Euro in die Große Kaskade und zirka fünf Millionen Euro in die siebte Terrasse.
LEADERSNET: Worauf sind Sie bei diesem Projekt besonders stolz?
Sellinger: Unsere Arbeit an der siebten, aber auch an allen anderen Gartenterrassen in Schloss Hof ist auf so vielen Ebenen besonders: durch das Zusammenwirken von mehreren Disziplinen ist es gelungen, diesen einzigartigen Garten mit all seinen Facetten wieder detailgetreu zu rekonstruieren. Wir als Landschaftsarchitekten und Örtliche Bauaufsicht hatten bei diesem Projekt die Möglichkeit, gemeinsam mit engagierten Bauherren und einem tollen Team aus Gartenarchäologen, Kunsthistorikern, professionellen Baufirmen und Gärtnern, in enger Abstimmung mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt, zusammenzuarbeiten. So ist eine der imposantesten Gartenanlagen Mitteleuropas wieder auferstanden.
Wir durften einerseits besondere Gartenelemente wie Boulingrins, den Irrgarten, das Labyrinth und die barrierefreie Aussichtsplattform gestalten, anderseits trägt aber auch die technische Infrastruktur unsere Handschrift. Vor allem sind hier die Errichtung des Brunnens zur Bewässerung, die Versorgungsleitungen, die Bewässerungsanlage und die Stromversorgung zu nennen. Wir konnten somit nicht nur unsere Expertise in einem breiten Spektrum an professionellen Leistungen unter Beweis stellen, sondern haben zudem noch unseren Teil dazu beigetragen, Schloss Hof als einer der bedeutendsten Schlossanlagen des 18. Jahrhunderts in Mitteleuropa wieder zu neuem Glanz zu verhelfen.
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