"Money for nothing & clicks for free": Warum im Musikbusiness früher fast alles besser war

"IAA on Stage" in der Wiener Stadthalle mit Nathan Trent, Der Wolf, Eberhard Forcher, Wolfgang Fischer und Ludwig Coss.

Die apokalyptischen Reiter Napster, YouTube, Spotify und Konsorten waren nicht nur Vorboten, sie haben tatsächlich das Musikbusiness völlig auf den Kopf gestellt und werfen ein Licht darauf, was anderen Branchen, allen voran der Kommunikationsindustrie, noch bevorsteht. "IAA on Stage" brachte gemeinsam mit dem Gastgeber Wiener Stadthalle, die beiden Musiker, Singer-Songwriter Nathan Trent und Rapper Jens Albert alias Der Wolf, Musikexperten und Produzenten Eberhard Forcher, Wiener Stadthalle-Chef Wolfgang Fischer und Produzent Ludwig Coss zur ersten IAA Business Communication Afterwork-Diskussionsrunde auf die Hauptbühne der Halle D der Wiener Stadthalle.

Taschengeld statt solider Lebensgrundlage

Nach einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte ging es ab der Jahrtausendwende für die Musikindustrie plötzlich nur noch abwärts. Massive Umsatzeinbrüche konnten durch legale Kaufoptionen in keiner Weise aufgefangen werden und die Entlohnung durch Streamingdienste wie Spotify, YouTube usw. mutet eher als Taschengeld, denn als solide Lebensgrundlage für Künstler an.

Musiker und Produzenten sind sich einig: Das Business von früher gibt es nicht mehr. Heute kann und muss jeder alles können, Selbstmanagement ist für junge Musiker gängige Praxis – die Spezialisierung und das Besinnen auf das eigentliche Core-Business: die Musik, sind Schnee von gestern. Den damit einhergehenden immensen Wissensverlust beklagt Ludwig Coss von MG-Sound, Qualität und Kreativität gingen verloren, Musik werde gleichförmig und biete keine Überraschungen mehr. Eberhard Forcher: "Radio als Hitmacher und Orientierungshilfe ist heute praktisch nicht mehr existent, durch Streaming kann man zwar viel Neues kennenlernen, aber Überraschungen abseits des Mainstreams und Fanbildung bleiben auf der Strecke."

Ertragreiche Live-Auftritte

Andererseits gab es für Musiker noch nie so viele Chancen von einem großen Publikum "instant" gehört zu werden. Nathan Trent und Jens Albert sind sich einig: "Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen – das Zitat kommt nicht von ungefähr, für Musiker ist es heute unumgänglich nicht zu streamen, aber vielleicht sollte man Social Media und diese Dienste einfach als Aushängeschild betrachten und auch einsetzen, um Leute in die Live-Venues zu bringen, denn hier kann man noch etwas verdienen."

Wolfgang Fischer von der Wiener Stadthalle bestätigt: "Live-Auftritte sind für Künstler im Vergleich zu Streaming extrem ertragreich. U2, eine der erfolgreichsten Bands der Welt, generiert mehr als 97 Prozent ihrer Einnahmen durch Touring und Merchandising." Auch wenn Virtual Reality bereits versucht sich diesen Sektor zu "krallen" – die "Crowd Energy", das gemeinsame Erleben, die persönliche soziale Interaktion, sind offenbar nicht so einfach zu ersetzen.

Digitale Tickets mit Gesichtserkennung und Gefühlserkennung

2017/18 wurden physische Tonträger erstmals von digitalen überholt, die durch die EU angedachten Upload-Filter sind erste Ansätze, um Künstler gerecht zu entlohnen. Digitale Tickets mit Gesichtserkennung und Gefühlserkennung durch biometrische Daten sind eigentlich keine Zukunftsmusik mehr, sondern schon heute realisierbar. Veranstalter und Künstler können durch Zugriff auf die Handy-Daten ihre Zielgruppe besser einschätzen als je zuvor. Radio transformiert vom Gatekeeper zum Entertainmentfaktor und bleibt das stärkste Pushmedium.

Laut Financial Times hat die Musikindustrie ihre Talsohle überschritten und befindet sich wieder im Aufwärtstrend, gibt das Hoffnung für andere Branchen? Moderator und IAA Vorstandsmitglied Joachim Feher vom Radio Marketing Service Austria (RMS): "Auch in der Kommunikationsindustrie sehen wir einen Verfall der Wertigkeiten, Kreativität wird nicht mehr entsprechend bezahlt, das Aufheben von Spezialisierung bringt einen enormen Qualitätsverlust mit sich usw. und doch bietet die Digitalisierung auch jede Menge Chancen auf neue Geschäftsfelder, Professionen und Einnahmemöglichkeiten. Wer sich nicht ständig weiterentwickelt und rechtzeitig Allianzen sucht, bleibt aber mit Sicherheit auf der Strecke. Umso wichtiger ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, wie wir sie bei der IAA anstreben, um die vor uns liegenden Herausforderungen als Kommunikationsindustrie gemeinsam zu meistern." (as)

Wer in der Stadthalle alles mit dabei war, sehen Sie hier.

www.iaa-austria.at

www.stadthalle.com

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