Schwerpunkt Feinkost
Österreichische Spezialitäten stehen hoch im Kurs

| Johannes Lau 
| 01.10.2025

Größen der hiesigen Feinkostbranche verweisen in diesen turbulenten Zeiten auf trotz alledem stabile Ergebnisse. Möglich machen das weiterhin die stark nachgefragten Traditionsprodukte, sowie Innovationen, die etwa durch neue Allianzen entstehen.

In der österreichischen Feinkostszene haben sich im Sommer zwei Nachbarn neu verbandelt: Wiesbauer und Wojnar's, beide in den 1930er Jahren gegründet, in Wien-Liesing beheimatet und dort nur 500 Meter voneinander entfernt, lancierten im Juni eine gemeinsame Sandwich-Linie, unter anderem mit Original Bergsteiger, der beliebtesten Wurst im Hause Wiesbauer und Wojnar's Eiaufstrich belegt. Bei Wiesbauer erhofft man sich, mithilfe dieser kulinarischen Allianz an das vergangene erfolgreiche Geschäftsergebnis anzuknüpfen. CEO Thomas Schmiedbauer bilanziert: "2024 erzielte Wiesbauer einen Gruppenumsatz von 237 Millionen Euro und kann somit – trotz der anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen – sowohl beim Absatz als beim Umsatz das Vorjahresniveau halten" Aufgrund der Tatsache, dass die Branche nach wie vor mit schwierigen Rahmenbedingungen und stark gestiegenen Kosten bei Personal und Logistik zu kämpfen hat, ist das Ergebnis zufriedenstellend." Die Teuerung treibt somit alle weiter um – Hersteller:innen wie Konsument:innen. Ein einzelnes Unternehmen kann dagegen nichts ausrichten. Daher ist es laut Schmiedbauer mehr als angebracht, weiter auf Qualität zu setzen: "Wichtig ist vor allem, die Wertschätzung für Lebensmittel zu heben, damit die Konsument:innen die Notwendigkeit höherer Verkaufspreise, insbesondere bei qualitativ hochwertigen Produkten, besser verstehen." Dazu tragen eventuell gebündelte Synergien bei, wie etwa in Form eingangs erwähnter Kooperation oder aber in Gestalt eines anderen Bündnisses, das man im vergangenen Herbst geschmiedet hat:Für diverse neue Wurst-Käse-Produkte setzt man nun auf die Zusammenarbeit mit Schärdinger. Auf Nachfrage bei Markeninhaber Berglandmilch werden KEYaccount hier ebenfalls positive Zahlen vermeldet: "Unser Umsatz lag 2024 bei rund 1,3 Milliarden Euro, gesamtheitlich betrachtet war der Umsatz und Absatz in etwa auf Vorjahresniveau," berichtet Geschäftsführer Josef Braunshofer. "Wir streben für 2025 in einem sehr fordernden Kostenumfeld eine nachhaltig positive Unternehmensentwicklung an." Fürs Feinkostsortiment interessant: Ein Wachstum verzeichnete man insbesondere beim Käse. Konkret wird vor allem Frischkäse vermehrt nachgefragt, aber griechischer Joghurt mausert sich ähnlich zum Kassenschlager.

Käsekrainer und noch viel mehr

Aber auch bei anderen Feinkost-Größen rührt sich derzeit einiges – im Guten wie im Schlechten: „In diesem Jahr beschäftigt die Branche insbesondere der dramatische Anstieg der Rindfleischpreise von über 50 Prozent – der permanente Aufwärtstrend in diesem Bereich in Verbindung mit Verfügbarkeitsproblemen ist tatsächlich historisch," konstatiert Radatz-Geschäftsführer Franz Radatz. Und schon das Jahr 2024 verlief zuvor turbulent: Man verlor den stärksten Einzelartikel, den Käse-Leberkäse, beim größten Kunden des Traditionsunternehmens. Trotzdem habe man es geschafft, Umsatz und Marktanteil stabil zu halten. Radatz erklärt das mit der Innovationskraft und Marktanpassungsfähigkeit seiner Firma, worauf man weiter setzen wolle: "Wir planen die Einführung weiterer innovativer Produkte und die Erweiterung unseres Kundenstamms sowohl im In- als auch im Ausland. Das Marktumfeld wird 2025 nicht einfacher werden, aber dank unserer soliden Basis werden wir gestärkt zurückblicken." Trotz aller Innovationen wird das Fundament aber voraussichtlich weiterhin aus klassischen Produkten gebildet: "Unsere Bestseller sind unsere traditionellen Fleischprodukte, die sich durch ihre Qualität und den Geschmack auszeichnen – Käsekrainer, Beinschinken, Debreziner, und vieles mehr."

Berger Schinken setzt auf Klassiker

Bei Mitbewerber Berger Schinken sind es ebenso weiterhin die alten Haudegen, die die Kohlen aus dem Feuer holen: "Konsumentinnen und Konsumenten greifen am liebsten zu unseren bewährten Klassikern im Sortiment, wie dem Backofen-Schinken, Traditions-Beinschinken oder Wellness-Schinken," verrät Verkaufsleiterin Gaby Kritsch. "Die Österreicherinnen und Österreicher greifen am liebsten zu bekannten Schinkensorten, vor allem an den Bedientheken der Supermärkte." In der Selbstbedienung sehe man aktuell "mehr Experimentierfreude", wo wiederum speziellere Geschmacksrichtungen wie Steinpilz-, Bärlauch- oder Spargel-Schinken gut funktionieren. Zudem punkte man im Brühwurst- und im Pastetenbereich. So konnte das Unternehmen insgesamt 2024 sowohl Umsatz wie Absatz steigern. Der Umsatz wuchs von 182 auf 186 Millionen Euro. Das ist in einem Jahr, das vor allem von Konsumzurückhaltung geprägt war. Bei Berger hält man es daher für wichtig, Mythen über das Produkt zu entzaubern und Vertrauen in das Lebensmittel Fleisch zu stärken. Jedoch ist man zuletzt auch immer wieder auf die vegane Community zugegangen: Im Vorjahr hat Berger Schinken erstmals rein pflanzliche Produkte auf Erbsenbasis eingeführt, die von Veganern wie Flexitariern gerne gekauft werden. Die vegane Käsekomponente dabei steuert das niederösterreichische Start-Up Wunderkern bei, das eine auf 'geretteten' Obstkernen basierende Alternative produziert.

Qualität steigern und sichern

Im Westem setzt man ebenfalls zunehmend auf natürliche und nachhaltige Produkte, das erfordert allein die verstärkte Nachfrage in der Hinsicht, erzählt Gerrit Woerle, Geschäftsführer des Käseherstellers Woerle: "Die Vorlieben für Käse variieren stark. Frischkäse und High-Protein-Produkte gewinnen zunehmend an Beliebtheit und auch im Bio-Segment sehen wir weiteres Potenzial." Ende 2024 habe man deshalb eine neue Bio-Range eingeführt, die derzeit im Bio-Fachhandel in Österreich und Deutschland erhältlich sei. "Konkrete Verkaufszahlen lassen sich noch nicht nennen, aber die Nachfrage ist vielversprechend. Eine Listung im klassischen Lebensmittelhandel ist geplant und unser mittelfristiges Ziel." Aber auch die etablierten Zugpferde im Sortiment scheinen sich weiter zu behaupten: "Mit der wirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr sind wir insgesamt zufrieden. Der Umsatz lag bei 185 Millionen Euro, was eine moderate Steigerung zum Vorjahr bedeutet."

Bei einem kleineren Unternehmen wie Die Käsemacher steht dagegen aktuell Qualitätssicherung statt –steigerung im Fokus. Geschäftsführerin Doris Ploner erklärt: "Wir sind mit einem intensiveren Wettbewerb konfrontiert und müssen Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr Mehrwert bieten. Unser Ziel ist es weiterhin, unsere Preise möglichst stabil zu halten, um unseren Kunden weiterhin hochwertige Produkte anbieten zu können, ohne die Nachfrage zu beeinträchtigen. Anpassungen auf Kosten der Produktqualität sind für uns kein Thema." Hierzu habe das Unternehmen aus dem Waldviertel, das unter anderem ein umfangreiches veganes Antipasti-Angebot anbietet, zuletzt effiziente Maßnahmen zur Kostensenkung – wie Investitionen in Energieeffizienz – vollzogen und weitere Anpassungen der Produktionsprozesse vorgenommen. Der Lohn: ein solides finanzielles Ergebnis mit einem Umsatz von über 20 Millionen Euro.

www.wiesbauer.at

www.wojnars.at

www.berglandmilch.at

www.radatz.at

www.berger-schinken.at

www.woerle.at

www.kaesemacher.at

 

 

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