Am Mittwoch ist der Ministerrat zu seiner traditionellen Sommersitzung zusammengetreten. Dabei standen vor allem Beschlüsse zur Verfahrensbeschleunigung im Mittelpunkt. Die zuständigen Regierungsmitglieder sprachen gar von einem "Verfahrensturbo für Österreich". Und tatsächlich sollen die geplanten Maßnahmen den schwächelnden heimischen Wirtschaftsstandort stärken. Von Vertreter:innen der Wirtschaft gab es positive Reaktionen für die Pläne. Jetzt müsse jedoch dafür gesorgt werden, dass es schnell zu einer Umsetzung kommt, damit Genehmigungsverfahren in Zukunft tatsächlich beschleunigt werden.
Was soll sich ändern?
Mit dem neuen Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) und den Reformen von Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) und Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) sollen Genehmigungsverfahren rascher, klarer und effizienter werden, zeigte sich die Regierung am Mittwoch überzeugt. Die AVG-Großverfahrensreform soll bereits diese Woche in Begutachtung gehen. Entscheidende Infrastrukturvorhaben Österreichs wie Hochleistungsstrecken im Schienennetz oder hochrangige Straßenprojekte sollen damit künftig zentral im Bund koordiniert und abgewickelt werden. Dadurch sollen Doppelgleisigkeiten auf Bund- und Länderseite der Vergangenheit angehören, was wiederum einen "Verfahrensturbo für Österreich" ermöglichen soll.
Hintergrund des vorgelegten Reformpakets ist, dass lange und komplexe Genehmigungsverfahren laut Vertreter:innen zahlreicher Branchen Investitionen bremsen und Arbeitsplätze gefährden – das gelte für öffentliche wie private Infrastrukturunternehmen gleichermaßen. Sowohl KMUs als auch Großbetriebe leiden unter der Dauer solcher Verfahren. Im Jahr 2023 waren es 11,7 Monate, vom Antrag bis zum Bescheid sogar 25,4 Monate. Im Jahr 2024 dauerten UVP-Verfahren ab Vollständigkeit der Unterlagen noch 8,9 Monate. Ursache seien oft überholte Vorgaben. Gleichzeitig brauche es bei größeren Vorhaben rechtsstaatliche Verfahrensgarantien, etwa zur Beteiligung der Öffentlichkeit und zum Interessenausgleich. Mit dem präsentierten "Verfahrensturbo" möchte sich die Bundesregierung zur Stärkung des Standorts, zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Förderung heimischer Wertschöpfung bekennen. Betont wurde dabei, dass das alles unter Wahrung von Umweltstandards, Eigentumsrechten, Arbeitnehmerschutz und Rechtsstaatlichkeit geschehe.
Das sagen die zuständigen Regierungsmitglieder
Im Anschluss an den Ministerrat standen Energie- & Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, Innovations- & Mobilitätsminister Peter Hanke und Deregulierungsstaatssekretär Josef Schellhorn im Rahmen eines Pressefoyers Rede und Antwort.
Wolfgang Hattmannsdorfer erklärte: "Wenn wir uns in Österreich auch künftig gute Bildung, verlässliche Pflege und soziale Sicherheit leisten wollen, braucht es eines: einen wettbewerbsfähigen Standort." Dafür müsse die Bürokratie reduziert und Genehmigungsverfahren für Investitionen beschleunigt werden. Momentan sei es so, dass Investor:innen in Österreich nicht nur Kapital, sondern auch "ziemlich viel Geduld" benötigten. Man wolle deshalb mit einem "Verfahrensturbo für Industrie- und Infrastrukturprojekte" dafür sorgen, dass Verfahren beschleunigt, digitalisiert und vereinfacht werden. Der Wirtschaftsminister kündigte an, dass der Begutachtungsstart des AVG den Auftakt mache, gefolgt vom EABG und im Herbst vom UVP-G. Bei strategischen Projekten der Energiewende solle künftig das Prinzip gelten: "Eine Behörde, ein Verfahren, ein Bescheid."
Außerdem stellte er klar, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen "nicht länger als Instrument zur Verhinderung wichtiger Zukunftsprojekte missbraucht werden" dürften. Schließlich solle auch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz ein Update erhalten, damit Bürokratie abnehme und Genehmigungen künftig schneller erteilt werden könnten.
Peter Hanke sagte: "Mit dem Start des 'Verfahrensturbos' setzen wir einen Meilenstein für die Infrastrukturentwicklung in Österreich." Man verkürze damit nicht nur die Verfahrensdauer, sondern schaffe zugleich mehr Transparenz, Planungssicherheit und Effizienz. Es dürfe nicht sein, dass zentrale Projekte wie Bundesstraßen, Hochleistungsbahnstrecken oder Energieprojekte über Jahre hinweg in komplexen Verfahren festhingen, da dies Investitionen verzögere, Fortschritt blockiere, Geld koste und vor allem Zeit raube. Man wolle daher Tempo machen – "für den Standort, für die Mobilitätswende und für die Lebensqualität der Menschen im ganzen Land."
Sepp Schellhorn betonte, dass die Bundesregierung intensiv daran arbeite, "die Verwaltung in Österreich insgesamt einfacher, effizienter und unbürokratischer zu machen." Ziel sei ein moderner Staat, der mehr unternehmerische Freiheit ermögliche und damit die Wirtschaft sowie den Standort Österreich stärke. Das Motto laute dabei: "Sanieren, reformieren, modernisieren und in die Zukunft Österreichs investieren." Und diese Bundesregierung lasse den Worten Taten folgen. Nur zwei Tage nach dem ersten Treffen der Reformpartnerschaft zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden würden bereits wesentliche Gesetze auf den Weg gebracht, um den bürokratischen Druck aus Genehmigungsverfahren zu nehmen und raschere Bewilligungen zu ermöglichen. Man wolle nicht bremsen, sondern "wir wollen bewegen".
Das sagt die Wirtschaft
Vonseiten der Wirtschaft gab es bereits kurz nach dem Ministerrat erste Reaktionen. Jochen Danninger, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), begrüßt die Beschlüsse zur Verfahrensbeschleunigung, jetzt müsse aber die Umsetzung Priorität haben. Konkret sagte er zu den geplanten Maßnahmen zur Entlastung des Wirtschaftsstandorts: "Rasche und effiziente Genehmigungsverfahren sind entscheidend, um Investitionen wieder in Schwung zu bringen und den Standort nachhaltig zu stärken. Die heute präsentierten Maßnahmen setzen an den richtigen Stellen an – jetzt muss die Umsetzung zügig erfolgen." Mit den geplanten Änderungen werde ein umfassendes Reformpaket geschnürt. Diese Schritte seien aus Sicht der WKÖ eine zentrale Voraussetzung, um Investitionen zu erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nachhaltig zu sichern, so der Generalsekretär.
Die WKÖ erwartete sich von den angekündigten Maßnahmen deutliche Impulse für Investitionen, besonders nach zwei Jahren Rezession. Weitere Schritte wie eine Flexibilisierung des Betriebsanlagenrechts müssten rasch folgen. Danninger betonte, dass lange Genehmigungsverfahren Investitionen blockieren und auch Steuerzahler belasten. Wichtig sei außerdem das Bekenntnis der Bundesregierung, auf zusätzliche nationale Auflagen ("Gold Plating") zu verzichten, um effektive und praktikable Verfahren zu sichern. Abschließend forderte er eine schnelle Umsetzung – mit einer umfassenden UVP-G‑Novelle, einer Reform des Großverfahrens im AVG und einem EABG, das den Ausbau der Erneuerbaren gezielt unterstützt.
Dass die Regierung mit den Maßnahmen offenbar tatsächlich aufs richtige Pferd setzt, zeigt auch die verhältnismäßig unkritische Reaktion von FPÖ-Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm. Laut ihr seien die geplanten Reformen "in Ansätzen sinnvoll" und längst überfällig. Sie müssten jedoch "mit Hausverstand und angebotsorientiert unter Einbindung der betroffenen Unternehmen" umgesetzt werden. Natürlich gab es von der größten Oppositionspartei aber auch Kritik. Laut Kolm fordere die FPÖ eine umfangreiche Standortoffensive, die neben schnelleren Verfahren auch steuerliche Entlastungen, Investitionsanreize und etwa eine Rücknahme überzogener Umweltauflagen in den Materiengesetzen umfasse.
Fazit
Beim diesjährigen Sommerministerrat wollte die Bundesregierung einmal mehr Geschlossenheit und Aufbruchstimmung vermitteln. Und wie die ersten Reaktionen vonseiten der Wirtschaft zeigen, könnten die geplanten Maßnahmen und Reformen tatsächlich zur langersehnten Trendumkehr am seit Jahren schwächelnden Standort führen. Doch ob es tatsächlich zu einem nachhaltigen und stärkeren Aufschwung kommt, hängt jetzt von der Umsetzung ab. Diese darf sich keinesfalls ähnlich in die Länge ziehen, wie das bisher bei den Genehmigungsverfahren der Fall war. Zudem werden Kritiker:innen penibel darauf achten, dass die Umsetzung tatsächlich, wie angekündigt, unter Wahrung von Umweltstandards, Eigentumsrechten, Arbeitnehmerschutz und Rechtsstaatlichkeit geschieht. Sollte es hier zu Abweichungen kommen, könnte das erneut für Verzögerungen sorgen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Regierung mit den Beschlüssen einen ersten Schritt zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts gemacht hat, den Ankündigungen jetzt aber auch Taten folgen müssen.
Die vorgestellten Maßnahmen müssen nach der Begutachtung erst beschlossen werden. Dafür braucht die Bundesregierung eine Zweidrittelmehrheit und somit die Zustimmung von mindestens einer Oppositionspartei.
Fotos vom Sommerministerrat 2025 sehen Sie in der Galerie.
www.bundeskanzleramt.gv.at
Kommentar veröffentlichen