Am Dienstagabend wurde im Rahmen der Veranstaltung "Ein.Blick Wissenschaft: Mehr Frauen => Mehr Erfolg für Unternehmen" in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) die Studie "Breaking the Glass Ceiling: Do Female Directors Boost Firm Performance?" vorgestellt. Als Autoren fungierten die beiden Nationalbank-Ökonomen Mario Hübler und Michael Sigmund. Im Anschluss an die Präsentation gab es noch eine Podiumsdiskussion mit Eva-Maria Holzleitner (Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung), Edeltraud Stiftinger (Vize-Gouverneurin, OeNB), Peter Bosek (CEO, Erste Group), Georg Kapsch (CEO, Kapsch) sowie Anna Pölzl (CEO, Co-Founder, Campfire Solutions). Moderiert wurde die Diskussion von Corinna Milborn.
Signifikant positive Auswirkungen
In der Studie haben Mario Hübler und Michael Sigmund untersucht, ob und inwiefern Frauen im Aufsichtsrat großer Unternehmen die Profitabilität, die Marktentwicklung, das Risiko und das nachhaltige Unternehmenswachstum beeinflussen. Die Studie basiert den Autoren zufolge auf einem umfangreichen Datensatz der größten börsengelisteten US-Unternehmen ("S&P 500-Unternehmen") über einen Zeitraum von 20 Jahren.
Im OeNB-Blog schreiben Hübler und Sigmund, dass ihre Studie signifikant positive Effekte des Frauenanteils im Aufsichtsrat (FBR-Effekte) auf die Profitabilität der Unternehmen zeige. Zehn Prozentpunkte mehr Frauen im Aufsichtsrat bedeuteten demnach rund ein Prozentpunkt mehr Eigenkapitalrentabilität (Return on Equity). Ebenso zeigten sich für die Gesamtkapitalrentabilität (Return on Assets) statistisch signifikante und positive Effekte. Zudem habe ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten signifikant positive Auswirkungen auf die Marktentwicklung der S&P 500-Unternehmen.
"Eine weitere zentrale Erkenntnis unserer Studie ist, dass ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten einen positiven Effekt auf das Risikoprofil der Unternehmen hat. Frauen im Aufsichtsrat haben damit nicht nur einen positiven Effekt auf die Profitabilität, sondern auch auf die Stabilität der Unternehmen", so die Autoren. Ein höherer Frauenanteil im Aufsichtsrat erhöhe darüber hinaus die nachhaltige Wachstumsrate (Sustainable Growth Rate – SGR) der Unternehmen. Dieses Ergebnis sei besonders relevant, da bislang wenig empirische Evidenz zum Zusammenhang der Female Board Ratio (FBR) und dem nachhaltigen Wachstum von Unternehmen existiert.
Weiters haben Mario Hübler und Michael Sigmund in ihrer Studie herausgefunden, dass die positiven Effekte eines höheren Frauenanteils in den Aufsichtsräten erhebliche makroökonomische Auswirkungen haben, insbesondere auf BIP-Wachstum, Arbeitslosenquote und Bruttoinvestitionen.
Was sind die Gründe?
Doch warum haben Frauen im Aufsichtsrat einen positiven Einfluss auf die Unternehmensentwicklung? Um das herauszufinden, haben die Studienautoren verschiedene, in der Literatur beschriebene Mediatoren getestet, die zu positiven Auswirkungen der von ihnen untersuchten Kennzahlen der Unternehmensleistung führen, unter anderem die Teilnahmequoten an Aufsichtsratssitzungen, die Qualität des ESG-Reportings, die Mitarbeiter:innenfluktuation sowie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Keiner dieser Faktoren sei für die positiven Effekte von Frauen im Aufsichtsrat auf die Unternehmensentwicklung verantwortlich. "Unsere Ergebnisse bestätigen damit die wissenschaftliche Literatur, die zeigt, dass Frauen in Aufsichtsräten durch ihre direkten qualitativen Beiträge – z. B. vielfältigere Perspektiven, neue Impulse bei Strategie- oder Risikofragen oder bessere Teamdynamik – zum Unternehmenserfolg beitragen, die sich nicht in einfachen quantitativen Messgrößen erfassen lassen", schreiben Hübler und Sigmund im OeNB-Blog.
Fazit
Ihre Studie belege auf empirischer und kausaler Grundlage, dass ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten großer Unternehmen nicht nur ethisch oder sozial, sondern vor allem ökonomisch sinnvoll ist, heißt es im Fazit. Ein höherer Frauenanteil im Aufsichtsrat steigere die Profitabilität, verbessere das Risikoprofil, erhöhe die Marktbewertung und fördere nachhaltiges Wachstum von Unternehmen, wodurch sich auch gesamtwirtschaftlich wichtige Implikationen ergeben würden.
Hübler und Sigmund: "Durch den Einsatz des Kausalitätskonzepts nach Judea Pearl wird erstmals in dieser Tiefe kausal gezeigt, dass Frauen im Aufsichtsrat einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Diversität in den Aufsichtsräten der Unternehmen ist nicht nur ethisch begründbar, sondern es gibt auch einen klaren ökonomischen Business Case." Unternehmen und Volkswirtschaften sollten daher aktiv auf eine stärkere Einbindung von Frauen im Top-Management hinarbeiten – nicht nur aus ethischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen, zeigen sich die Autoren überzeugt. Abschließend weist die Nationalbank noch darauf hin, dass die von den beiden Autoren zum Ausdruck gebrachten Ansichten nicht zwingend mit jenen der OeNB beziehungsweise des Eurosystems übereinstimmen müssen.
Fotos von der Veranstaltung sehen Sie in der Galerie.
www.oenb.at
www.oenb-blog.at
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