KI-Kolumne von Jürgen Bogner
Morgen schon überholt? Warum uns Chinas KI-Kids bald den Code erklären

| Redaktion 
| 22.04.2025

Im Rahmen der neuen KI-Serie, bei der KI-Profi Jürgen Bogner (CEO & Gründer von biteme.digital) regelmäßig einen Beitrag rund um das Thema Künstliche Intelligenz verfasst, dürfen sich LEADERSNET-Leser:innen dieses Mal auf einen Artikel über die chinesische KI-Bildungsrevolution freuen.  

Während wir in Europa noch darüber streiten, ob ChatGPT in der Schule Fluch oder Segen ist, macht China Nägel mit Köpfen. Ab September 2025 sollen alle Kinder ab sechs Jahren verpflichtend KI-Unterricht bekommen. Während wir also noch auf Ethikkommissionen warten, basteln chinesische Volksschüler:innen bereits an neuronalen Netzen. Willkommen im neuen globalen Bildungswettrennen – und wir? Wir sitzen noch in der Zuschauertribüne. Mit Popcorn. Und Datenschutzbedenken.

Was China da gerade plant, ist nichts weniger als eine Bildungsrevolution.

Die Idee: KI soll wie Lesen und Schreiben zur Grundkompetenz werden. Der neue Dreiklang? Lesen, Schreiben, Programmieren. Kinder sollen nicht nur Konsument:innen smarter Tools werden – sondern Architekt:innen einer digital-intelligenten Welt.

Dabei ist der Plan überraschend pragmatisch: Für die Kleinen gibt's praktische Spiele, die KI-Grundprinzipien vermitteln. In der Mittelstufe wird die Anwendung erprobt, in der Oberstufe Innovation gefördert. Und das nicht im Frontalunterricht, sondern integriert in Mathe, Technologie, Naturwissenschaften. Modular, flexibel, altersgerecht.

Wer jetzt noch glaubt, das sei ein PR-Gag für den nächsten Parteikongress, hat die Rechnung ohne die KI-Strateg:innen in Peking gemacht. Diese Initiative ist eingebettet in die groß angelegte "AI Plus"-Strategie, mit der China nicht nur seine Wirtschaft digital transformieren, sondern auch eine neue Generation an Tech-Eliten heranziehen will.

Was macht Europa?

Wir diskutieren, ob es moralisch vertretbar ist, wenn ein:e Schüler:in GPT-4 zum Zusammenfassen eines Biologie-Texts verwendet. Anstatt unsere Kinder zu befähigen, mit KI kreativ und kritisch zu arbeiten, werfen wir ihnen Chatverläufe wie Spickzettel vor die Füße.

Natürlich ist nicht alles Gold in Chinas Klassenzimmern. Es bleiben Fragen nach pädagogischer Tiefe, Freiheit in der Lehre und der Rolle kritischen Denkens. Aber eines ist klar: China schafft den infrastrukturellen und kulturellen Rahmen, um KI-Kompetenz zum Mainstream zu machen.

Risiko oder Chance?

Die eigentliche Gefahr liegt nicht in der KI – sondern in unserer Trägheit. Wer heute noch glaubt, man könne den Bildungsauftrag mit Schulbuch und Overhead-Projektor erfüllen, wird morgen von der Realität überrollt. Unternehmen wie OpenAI, NVIDIA oder Tencent formen längst die Zukunft des Lernens – global, skalierbar, datengetrieben. Und mittendrin: eine Generation, die mit KI groß wird. Nur halt nicht bei uns.

Mein Tipp: Weniger Furcht, mehr Neugier. Weniger Blockade, mehr Beta-Version. Lasst uns unsere Schulen nicht zu Museen machen, sondern zu Laboren der Zukunft. Die Zeit drängt. Denn KI ist kein Zukunftsthema – sie ist die Gegenwart. Und die schreibt, programmiert und lernt schon jetzt rund um den Globus mit jedem, der will.

www.ahoi.biteme.digital


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