LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Pavlik, die KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) wurde im August 2022 erlassen, um eine Überlastung und (Privat-)Insolvenzen zu verhindern. Sie wird jedoch zum 30. Juni 2025 auslaufen. Welche kurz- und langfristigen Auswirkungen hat das auf den österreichischen Immobilienmarkt, insbesondere im Hinblick auf Immobilienpreise, Kreditvergabepraktiken und die Bauwirtschaft?
Michael Pavlik: Das Auslaufen der KIM-Verordnung stellt einen bedeutenden Wendepunkt dar. Kurzfristig werden die weniger strengen Eigenkapitalanforderungen die Kreditvergabe erleichtern, wodurch eine steigende Nachfrage nach Immobilien zu erwarten ist – das könnte zu Preissteigerungen führen. Langfristig muss jedoch darauf geachtet werden, dass sich Banken und Kreditnehmer:innen nicht übernehmen. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat bereits vor einer möglichen Marktüberhitzung gewarnt, falls Banken zu risikofreudig werden. In der Bauwirtschaft könnte die anfängliche Belebung durch verstärkte Bautätigkeit ebenfalls von Dauer sein, wenn Finanzierungsmodelle nachhaltig gestaltet werden.
LEADERSNET: Wie werden sich die Zugangsbedingungen zu Immobilienfinanzierungen für verschiedene Zielgruppen (z. B. junge Familien, Erstkäufer:innen, Investor:innen) nach dem Ende der Verordnung voraussichtlich verändern? Werden Eigenkapitalanforderungen, Laufzeiten und die Schuldendienstquote gelockert?
Pavlik: Mit dem Ende der KIM-Verordnung werden Banken mehr Flexibilität haben, was vielen Interessent:innen den Zugang zur Finanzierung erleichtern könnte. Für junge Familien und Erstkäufer:innen bedeutet das eine höhere Chance, Eigentum zu erwerben, da die strengen Eigenkapitalvorgaben entfallen. Auch Investor:innen könnten von dieser Lockerung profitieren, da flexiblere Bedingungen oft zusätzliche Kapitalflüsse begünstigen. Besonders wichtig ist jedoch, dass Banken eine ausgewogene Strategie fahren: Verlängerte Laufzeiten können zwar leichtere Monatsraten ermöglichen, doch nachhaltige Kreditvergaberichtlinien bleiben essenziell, um Risiken zu minimieren. Die Herausforderung wird sein, den Finanzierungsprozess gleichzeitig transparent und effizient zu gestalten.
LEADERSNET: Welche Rolle spielt Transparenz in diesem Prozess im Zusammenhang mit den bisherigen Anforderungen der KIM-Verordnung? Welche Schritte könnten Banken unternehmen, um mehr Klarheit und Effizienz zu schaffen? Wie kann eine Vereinfachung langwieriger Prozesse wie der Kreditprüfung zu mehr Transparenz beitragen?
Pavlik: Transparenz ist ein zentraler Faktor in der Immobilienfinanzierung. Kund:innen sollten frühzeitig Klarheit über ihre Finanzierungsmöglichkeiten haben – idealerweise noch vor der Immobiliensuche. Die Komplexität und die langwierigen Prozesse, die durch die KIM-Verordnung entstanden sind, haben jedoch oft zu Unsicherheiten geführt. Banken könnten hier ansetzen, indem sie ihre Kreditvergabekriterien klarer kommunizieren, standardisierte und nachvollziehbare Prozesse etablieren und moderne, digitale Lösungen nutzen. Eine verstärkte Nutzung von digitalen Omnichannel-Lösungen kann dazu beitragen, dass Kund:innen schneller eine Einschätzung über ihre Finanzierungschancen erhalten, wodurch unnötiger Zeitaufwand für Banken, Makler:innen und Kaufinteressent:innen reduziert wird.
LEADERSNET: Stichwort Omnichannel-Lösung, wie kann Digitalisierung helfen, die Transparenz und Effizienz in der Immobilienfinanzierung zu erhöhen, insbesondere im Zusammenspiel zwischen Banken und Makler:innen?
Pavlik: Ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen Banken und Makler:innen ist essenziell, um Kund:innen frühzeitig eine verlässliche Finanzierungszusage zu geben. Wenn Interessent:innen bereits beim:bei der Makler:in eine realistische Einschätzung ihrer Finanzierungsmöglichkeiten erhalten, spart das Zeit und reduziert unnötige Ressourcen für alle Beteiligten. Die Digitalisierung bietet hier enorme Chancen: Automatisierte Haushaltsrechnungen (Sprichwort: Open-Banking) können direkt mit Finanzierungsangeboten verknüpft werden, wodurch der Prozess nicht nur beschleunigt, sondern auch transparenter – unter Berücksichtigung aller (regulatorischen) Vorgaben wird. Dadurch müssen Kund:innen nicht mehr mehrfach verschiedene Unterlagen einreichen oder lange auf Rückmeldungen warten – ein Gewinn für alle Seiten.
LEADERSNET: Gibt es konkrete Anwendungsfälle oder erfolgreiche Partnerschaften, die zeigen, wie Digitalisierung in der Immobilienfinanzierung bereits erfolgreich umgesetzt wurde?
Pavlik: Ja, in Zusammenarbeit mit diversen Banken und Makler:innen haben wir bereits digitale Finanzierungsprozesse etabliert, die sowohl die Effizienz als auch die Kundenzufriedenheit steigern. Unsere Lösung schafft eine direkte Vernetzung zwischen Makler:innen, Banken und Kund:innen, sodass Finanzierungsanfragen in Echtzeit bearbeitet werden können – sogar direkt vor Ort bei der Immobilienbesichtigung. Das verkürzt nicht nur die Wartezeit auf Finanzierungszusagen, sondern minimiert auch den administrativen Aufwand. Die Zielsetzung ist es, einen durchgängigen und transparenten Prozess zu schaffen, der schnelle, sichere und nachvollziehbare Entscheidungen ermöglicht. Diese Ansätze zeigen, dass eine digitale Transformation nicht nur ein Vorteil, sondern eine Notwendigkeit für die Zukunft der Immobilienfinanzierung ist.
www.fincredible.io
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