Geräusche ersetzen Blutprobe
KI soll durch Analyse der Stimme Krankheiten erkennen

Forschende der Med Uni Graz wollen einer Künstlichen Intelligenz beibringen, durch Sprach- und Atemgeräusche verlässlich festzustellen, ob ein Mensch krank ist – und zwar deutlich besser als ein menschliches Ohr. 

Dass Künstliche Intelligenz (KI) gerade den Gesundheitsbereich revolutionieren könnte, ist den meisten Mediziner:innen inzwischen klar. Dementsprechend konzentrieren sich zahlreiche Forschungsprojekte derzeit darauf, mithilfe dieser Technologie neuartige Verfahren für die Humanmedizin zu entwickeln. So auch an der Med Uni Graz: Hier versucht man aktuell, die medizinische Diagnostik zu optimieren – und die gängige Blutprobe durch eine Stimmprobe zu ersetzen. Mittels KI-basierter Analysen sollen so künftig durch Sprach- und Atemgeräusche Krankheiten erkannt werden können.

KI soll Krankheiten besser erkennen als menschliches Ohr

Ziel der Forschung ist es, einer KI-Software beizubringen, verlässlich am Klang der Stimme eines Menschen zu erkennen, ob dieser krank ist – und zwar besser als ein menschliches Ohr. Geleitet wird das Projekt vom auf Stimmakustik und maschinelles Lernen spezialisierten Grazer Toningenieur Florian Pokorny sowie der klinischen Linguistin Katrin Bartl-Pokorny, die beide an der Klinischen Abteilung für Neonatologie & Klinische Abteilung für Phoniatrie der Med Uni Graz beschäftigt sind. 

Gegenüber dem ORF Steiermark erklärt Pokorny, dass Menschen durch das Hören gesunder und kranker Stimmen im Laufe ihres Lebens lernen, diese voneinander zu unterscheiden – etwa durch Rauheit, Tonhöhe oder Lautstärke. Und auch Ärzt:innen ziehen durch die mittels Stethoskop gehörten Lungen- und Herztöne Schlüsse über den Gesundheitszustand einer Person. All dies könnte eine KI durch das Einspeisen riesiger Mengen an Beispieldaten in Form von Sprachaufzeichnungen lernen – und akustische Krankheitssignale schließlich besser erkennen als ein Mensch. Immerhin seien Computer in der Lage, ein Sprachsignal in tausende Einzelmerkmale zu zerlegen, Spektrogramme zu generieren und unzählige daraus gezogene Informationen smart zu kombinieren.

Die Vorteile, die eine solche KI-basierte Analyse bietet, seien laut den Forschenden vielfältig. So könnten Ärzt:innen etwa die Präzision ihrer Diagnosen erhöhen und Fehldiagnosen vermindern. Zudem könnten Krankheiten zum Nutzen der Patient:innen unter Umständen früher erkannt werden. Um die KI zu trainieren, sei es allerdings unabdingbar, dass Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts, mit und ohne Krankheit Stimm-, Husten oder Atemproben zur Verfügung stellen. 

Pilotstudie fokussiert sich auf "Schreibabys"

Aktuell fokussiert sich Pokorny in seiner Forschung auf den ersten Schrei von Neugeborenen. Mithilfe von KI will er stimmbasierte Hinweise zur Früherkennung von Krankheiten im frühen Kindesalter finden – etwa die derzeit meist spät erkannten Entwicklungsstörungen, sogenannter "Schreibabys". So bezeichnet man Babys, die laut Definition zumindest über eine Dauer von mindestens drei Wochen an mindestens drei Tagen pro Woche drei oder mehr Stunden lang weinen. Laut Studien würden "Schreibabys" im späteren Leben häufiger Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten aufweisen als andere Kinder. In einer Pilotstudie versucht das Team, um Pokorny nun mittels KI herauszufinden, ob sich die ersten Laute der Schreibabys von denen anderer Babys unterscheiden. So könnte man Babys mit erhöhtem Risiko frühzeitig identifizieren. 

www.medunigraz.at

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