Der von der Industriellenvereinigung Österreich (IV) organisierte Salzburg Summit fand heuer vom 23. bis 25. Juli 2025 bereits zum sechsten Mal statt. Während etwa im Rahmen des IV-Summits Crif zu einem Business-Breakfast ins Hotel Sacher in der Mozartstadt lud (LEADERSNET berichtete) versammelte die IV unter dem Motto "Rough New World – Navigating Through Insecurities." führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, um Europas Position in einer zunehmend unsicheren Welt zu diskutieren. In einer Zeit globaler Spannungen, wirtschaftlicher Brüche und technologischem Umbruch standen strategische Souveränität, Sicherheit und Zukunftsinvestitionen im Zentrum der Debatten.
Neben zahlreichen Panels, vertieften Interviews und Gesprächen mit David Petraeus, ehemaliger CIA-Direktor, Christian Lindner, ehemaliger deutscher Finanzminister und Joschka Fischer, ehemaliger deutscher Vizekanzler und Außenminister sowie Nicușor Dan, rumänischer Präsident, standen zentrale Fragen rund um Sicherheit, Finanzierung und globale Machtverschiebungen im Fokus des Summits. Das zweitägige Konferenzprogramm wurde abgerundet durch Deep Dives zu Themen wie Bürokratieabbau, Medien, Künstlicher Intelligenz und transatlantischer Politik.
Strategische Souveränität und eine klare Richtung
Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), eröffnete die Konferenz mit den Worten: "Willkommen in der Rough New World. In einer Welt ohne feste Achsen, ohne verlässliche Rahmen, in der Unsicherheit zur neuen Konstante geworden ist. Umso mehr braucht Europa jetzt einen klaren Kompass: gegründet auf Freiheit, Verantwortung, Innovationskraft, Weltoffenheit und wirtschaftlicher Stärke. Nicht um sich treiben zu lassen, sondern um selbst Kurs zu setzen." Landeshauptfrau Karoline Edtstadler und Kristina Hammer, Präsidentin der Salzburger Festspiele, begrüßten die mehr als 650 Teilnehmer:innen in Salzburg.
Globale Unsicherheiten im Fokus
In seiner Special Address betonte Johannes Hahn, ehemaliger EU-Budgetkommissar, dass die EU-Kommission mit dem langfristigen Finanzrahmen bis 2034 einen realistischen und zukunftsorientierten Kurs vorgezeichnet habe. Im darauffolgenden Eröffnungspanel diskutierten Benjamin Haddad, französischer Europaminister, Nemanja Starović, serbischer Europaminister, die österreichische Europaministerin Claudia Plakolm und Gerhard Zeiler, President International bei Warner Bros. moderiert von David Bach, Präsident des IMD, wie die EU durch reduzierte Abhängigkeiten, strategische Partnerschaften und wertegeleitete Außenpolitik wieder global handlungsfähig wird. Auch David Petraeus, ehemaliger CIA-Direktor, zeichnete ein eindringliches Bild einer Welt im Umbruch: Unilateralismus ersetze Multilateralismus, Hypernationalismus verdränge Globalisierung, Angst trete an die Stelle von Optimismus, die geopolitische Stabilität nach dem Kalten Krieg sei vorbei.
Verteidigung, Energie und Rohstoffe
In der zweiten Diskussionsrunde stellte sich die Frage, wie Europas sicherheitspolitischer "Weckruf" in langfristige Strategien münden kann. Victor Fedeli, Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Handel der Provinz Ontario (Kanada), Maciej Witucki, Vorsitzender des polnischen Arbeitgeberverband Lewiatan und David Bach diskutierten über Verteidigungsfähigkeit, politische Geschlossenheit und die Balance von Stärke und Offenheit. Gefolgt von einer Diskussion über die wirtschaftliche Grundlage strategischer Autonomie mit Nicola Beer, Vizepräsidentin der Europäischen Investmentbank, Markus Beyrer, Generaldirektor BusinessEurope, Michael Strugl, CEO Verbund AG und Valerie Brunner, Mitglied des Vorstands Raiffeisen Bank International. Dabei wurde deutlich: Sicherheit ist die Grundlage von Wohlstand und erfordert langfristige Investitionen, Energie darf nicht zur Waffe werden und kritische Rohstoffe müssen gesichert und verarbeitet werden, etwa durch Diversifizierung, neue Handelsabkommen und eine stärkere industrielle Basis.
Christian Lindner über Europas Reformbedarf
Im Gespräch mit Corinna Milborn kritisierte der ehemalige deutsche Finanzminister Christian Lindner die europäische Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre als zu stark auf Regulierung, Umverteilung und Subventionierung ausgerichtet. Schuldenfinanzierte Investitionsprogramme seien laut Lindner eine riskante "Wette auf die Zukunft", die nur mit tiefgreifenden Reformen tragfähig sei: "Schulden sind nur vorgezogener Wohlstand – echter Wohlstand muss erarbeitet werden."
Life-Sciences als Schlüsselbranche und Innovationschance Europas
Im Life-Sciences-Panel des Salzburg Summit 2025 betonten die Expert:innen das Potenzial Europas, in der Biotechnologie global führend zu werden, vorausgesetzt, es folgt nun entschlossenes Handeln. Edward T. McMullen, ehemaliger Botschafter der Vereinigten Staaten in der Schweiz und in Liechtenstein und Wolfram Schmidt, Präsident, Europa-Chef, Biogen International GmbH, sahen in einer engeren transatlantischen Kooperation große Chancen, da die USA zwar weiterhin stark seien, aber derzeit an Dynamik verloren. Staatssekretär Alexander Pröll und Präsident des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) Martin Hetzer forderten gezielte Reformen, schnellere Umsetzung und besseren Transfer von Forschung in marktreife Innovationen.
Medien, Bürokratie und Trump
Den Tag rundeten unterschiedliche Deep Dives ab. In der von der KSW getragenen Diskussion wurde über den richtigen Umgang mit Bürokratie und Nachhaltigkeitsvorgaben diskutiert. Parallel dazu analysierte Henry Olsen, Senior Fellow des Ethics and Public Policy Center (Washington D.C.), die politische Neuausrichtung der USA unter Donald Trump und deren globale Folgen. Im Medienpanel wurde über die Zukunft der Medien im Spannungsfeld von technologischer Disruption, Vertrauen und Geschäftsmodellen diskutiert. Ergänzt wurde das Programm durch eine Kulturführung "Industry meets Culture", die historische Einblicke in die Salzburger Festspiele bot.
Digitaler Aufbruch und geopolitische Verantwortung
Der zweite Tag des Salzburg Summit 2025 startete mit einem Technology Breakfast, präsentiert von A1, unter dem Titel "Global Dynamics, European Responses". Thomas Arnoldner, stv. Vorstandsvorsitzender A1 Group und Martin Kocher, ehemaliger Wirtschaftsminister, diskutierten über die geopolitischen Herausforderungen im digitalen Raum und wie Europa technologisch und wirtschaftspolitisch darauf reagieren muss. Im Fokus standen strategische Souveränität, der Aufbau digitaler Infrastrukturen und die Frage, wie europäische Innovationskraft gegenüber globalen Playern besser zur Geltung kommen kann.
Im anschließenden Executive-Interview gab Joschka Fischer, ehemaliger deutscher Vizekanzler und Außenminister, im Gespräch mit Rainer Nowak, Geschäftsführer Die Presse, einen pointierten Ausblick auf Europas geopolitische Verantwortung in einer zunehmend instabilen Welt. Im abschließenden Panel wurde schließlich die Rolle Künstlicher Intelligenz für Europas Wettbewerbsfähigkeit beleuchtet. Im Gespräch mit Thomas Zimpfer, Managing Director B&C Group, machten Georg Kopetz, CEO TTTech, Lars Reger, CTO NXP, Andreas Urschitz, CMO Infineon und Alwine Mohnen, Professorin an der Technischen Universität München - Leiterin der Fakultät für Management deutlich, dass Europa zwar exzellente Grundlagen in Industrie und Forschung besitzt, aber mehr unternehmerische Dynamik und Investitionsbereitschaft braucht, um global mitzuhalten. Den Abschluss des Vormittags bildete eine Keynote-Speech von Nicușor Dan, dem Präsidenten Rumäniens, der die Bedeutung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hervorhob und die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Zusammenarbeit betonte.
Einen Eindruck von der Veranstaltung können Sie sich hier machen.
www.salzburgsummit.com
www.iv.at
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