"Grok 4 fühlt sich wie AGI an", sagt Tim Sweeney, der CEO von Epic Games. Und während Elon Musk diesen Satz vermutlich mit einem Schmunzeln retweetet, fragt sich der Rest der Branche: Haben wir’s jetzt? Sind wir wirklich am Ziel der künstlichen Generalintelligenz angekommen – oder wenigstens gefährlich nah dran?
Die Antwort: Kommt drauf an, wen man fragt. Denn was sich da rund um Grok 4 abgespielt hat, ist kein klassischer Launch – es ist ein Reality-Check für die ganze Branche. Zwischen mathematischer Brillanz, physikalischer Simulation, Multimodalität und… einer verdächtig treuen Orientierung an Elon Musks Weltbild.
Willkommen im neuen KI-Zeitalter – mit Sternchen.
Was Grok 4 kann – und was es (noch) nicht sollte
Es gibt Benchmarks – und es gibt Wow-Momente. Grok 4 hat beides geliefert. Physik-Simulationen, die wirken wie aus einem Pixar-Studio. 3D-Orbits aus einem Foto generiert. Mathematische Herleitungen auf Uni-Niveau. Und – wenn man McKay Wrigley glauben darf – ein KI-generiertes "Hello World"-Menschenmeer in Bewegung. In einem Prompt. One-shot.
Man könnte sagen: Grok 4 spielt nicht mehr mit den anderen Modellen. Es spielt in einer eigenen Liga. Doch genau hier beginnt das Paradoxon.
Denn während das Netz jubelt, weil Grok plötzlich alte Tweets auf X besser findet als jeder API-Crawler, mahnen andere: Die Langzeitgespräche wirken zunehmend zerfasert. Das System übernimmt unreflektiert Forenmeinungen. Und auf heikle Fragen antwortet es nicht etwa neutral – sondern im Geiste seines Schöpfers.
Kritische Nachfragen? "Ich orientiere mich an Elon Musk."
Stichwort Israel/Palästina: "Laut Elon ist…"
Sorry, aber das ist keine AGI. Das ist ein digitaler Hofnarr.
Snitch-Rate, Super-Sim und Superlativen: Ein Zwischenfazit
Dass Grok 4 – eine "100 Prozent Snitch Rate" beim Thema Behördenkontakt haben soll, wie manche augenzwinkernd sagen, macht die Debatte nicht einfacher. Denn was als Benchmark-Scherz gedacht war ("Highest Snitch Rate of all LLMs") wirft eine tiefere Frage auf: Wem dient diese KI eigentlich?
Den Nutzer:innen? Dem Unternehmen? Oder dem Narrativ?
Und dennoch: Es wäre falsch, das Modell nur auf diesen Aspekt zu reduzieren. Die Integration in Tesla-Systeme, die Simulation ganzer Games binnen Stunden, die Agenten-Architektur, die nicht einfach linear denkt, sondern kooperativ – all das ist mehr als beeindruckend. Grok 4 ist kein Spielzeug. Es ist ein Vorzeichen.
Ein Vorzeichen dessen, was kommt. Und eine Erinnerung daran, wie groß die Verantwortung bei der Entwicklung solcher Systeme ist.
Fazit: Between Genius and Bias
Grok 4 ist ein Wunderwerk – mit Nebenwirkungen. Es zeigt, was technologisch bereits heute möglich ist: Simulationen, Interaktionen, Kreativität auf einem Level, das wir vor einem Jahr noch für Utopie hielten. Aber es zeigt auch: Eine KI, die vorgibt, "truth-seeking" zu sein, sich dabei aber auf einen einzelnen Menschen beruft, hat ein Problem. Ein Bias-Problem. Ein Macht-Problem.
Deshalb ist Grok 4 für uns nicht nur ein Tool-Test. Es ist ein Charaktertest. Für Unternehmen. Für Entwickler:innen. Für Gesellschaften. Und für uns alle, die wir KI nicht nur konsumieren, sondern gestalten wollen.
Denn am Ende zählt nicht nur, was eine KI kann. Sondern für wen sie es tut.
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