Konjunkturschwäche und Kosten
Warum Österreich stärker von Sanierungen betroffen ist

Heimische Betriebe geraten stärker unter Restrukturierungsdruck als der europäische Durchschnitt. Laut aktueller EY-Befragung erwarten hiesige Banken einen früheren und intensiveren Anstieg von Sanierungsfällen.

Spürbar zunehmende Restrukturierungsaktivität belastet Österreichs Wirtschaft und übertrifft den europäischen Trend. Laut aktueller European Restructuring Pulse Survey von EY-Parthenon, für die knapp 200 Restrukturierungs-Expert:innen in Banken aus über dreißig Ländern – darunter 15 aus Österreich – befragt wurden, meldeten europaweit rund 52 Prozent für das erste Halbjahr 2025 steigende Fallzahlen. In Österreich liegt dieser Wert nahezu gleichauf. Für das zweite Halbjahr rechnen europaweit 59 Prozent mit weiteren Zuwächsen, während hierzulande über drei Viertel der Befragten einen Anstieg erwarten.

Druck verschiebt sich zeitlich 

Österreich stehe damit unter überdurchschnittlichem Druck und spürt wirtschaftliche Belastungen früher als viele Vergleichsmärkte, so die Studienautor:innen. Zugleich verschiebe sich der erwartete Höhepunkt europaweit nach hinten: Mehr als vier Fünftel sehen den Peak erst 2026 oder später. Österreichische Expert:innen rechnen hingegen mehrheitlich schon 2025 damit.

Ben Trask, Partner bei EY-Parthenon Österreich, betont: "Die Ergebnisse zeigen sehr klar, dass sich der Restrukturierungsdruck zeitlich verschiebt, aber keinesfalls abnimmt." Für heimische Unternehmen sei jetzt "der richtige Zeitpunkt, Finanzierung und operative Prozesse kritisch zu prüfen".

Wirtschaftliche Treiber und Kostendruck

Als wichtigste Auslöser nennen österreichische Banken eine schwächere Konjunktur sowie rückläufige Umsätze. Energie- und Materialkosten bleiben – anders als in Teilen Europas – weiterhin zentral. Auch geopolitische Unsicherheiten, Arbeitskosten und Handelsfragmentierung verschärfen die Lage und führen zu anhaltendem Stress im Unternehmenssektor.

Branchen unter besonderem Druck

Besonders betroffen sind der Automotive-Sektor und der Bereich Construction & Building Materials, die gemeinsam einen großen Teil der Nennungen ausmachen. Etwas günstiger wird die Lage im produzierenden Gewerbe eingeschätzt. Auffällig bleibt die Immobilienwirtschaft, die deutlich häufiger als europaweit als Risikobereich gilt.

Laut Trask sei Österreich aufgrund seiner Branchenstruktur "besonders sensibel gegenüber industriellem Gegenwind". Die Kombination aus Industrieabhängigkeit, angespanntem Immobilienmarkt und höheren Finanzierungskosten treffe viele Unternehmen gleichzeitig, weshalb frühzeitiges Gegensteuern essenziell sei.

Regionale Divergenz und Finanzierung

Stärkere Zunahmen an Restrukturierungen werden in Osteuropa erwartet, während nordische Länder stabil bleiben. Österreich liegt im Mittelfeld, ist jedoch aufgrund der starken Verflechtung mit Deutschland anfällig für strukturelle Branchenentwicklungen.

Österreichische Banken bevorzugen weiterhin außergerichtliche Lösungen. Rund achtzig Prozent der hierzulande Befragten setzen auf konsensuale Verfahren. Als häufigste Maßnahme gilt die Verlängerung oder Anpassung bestehender Kredite, gefolgt von operativen Sanierungen und Insolvenzverfahren. Zunehmend berichten Expert:innen von flexibleren Lösungen wie der Neuordnung interner Finanzierungsbausteine.

Neues Kapital stammt überwiegend von bestehenden Kreditgebern und Eigentümer:innen, während neue Investor:innen zwar an Bedeutung gewinnen, jedoch weiterhin eine Minderheit darstellen.

Rat für Unternehmen

Abschließend unterstreicht der EY-Parthenon-Experte, dass die wirtschaftliche Stabilisierung länger dauern werde als zu Jahresbeginn erhofft. Unternehmen, die früh agieren und ihre Kapitalstrukturen optimieren, hätten die besten Chancen, gestärkt aus dieser Phase hervorzugehen.

www.ey.com

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