LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Leitner, Sie stehen aktuell an der Spitze eines der renommiertesten Serviceclubs der Welt. Was bedeutet diese Rolle für Sie persönlich – und wie prägt sie Ihr tägliches Denken und Handeln?
Georg Leitner: Durch meine Arbeit als Künstleragent habe ich ein weltoffenes Menschenbild entwickelt. Meine Jugend verbrachte ich in Wien, New York und Sambia (Afrika), meine ersten Veranstaltungen organisierten wir Ende der 70er-Anfang der 80er-Jahre mit österreichischen Gruppen wie Drahdiwaberl und Hallucination Company. Dank James Brown, Ray Charles und "Kool & the Gang" entwickelte sich meine Firma "GLP" zu einer weltweit tätigen anerkannten "Boutique Agency". Heuer freue ich mich besonders auf unsere Tournee mit Jennifer Lopez. Ich hatte im Leben viel Glück und möchte etwas von dieser positiven Energie weitergeben. Das ist für mich ein zentraler Teil des Menschseins.
LEADERSNET: Gibt es eine übergeordnete Vision oder Mission, die Sie in Ihrer Amtszeit als Präsident besonders betonen möchten?
Leitner: Ja, absolut. Bei der Rotary World Conference in Singapur wurde mir erneut bewusst, wie bedeutend Rotary mit seinem Engagement in über 200 Ländern ist. Unser Club, der Rotary Club Albertina, steht – wie der Name schon andeutet – für eine starke Verbindung von Kunst und Kultur. Unser Motto lautet: Kunst verbindet, um Gutes zu tun. Ein Highlight in 2025 ist der "Rotary Jazz Brunch" mit Count Basic als Special Guest im Wiener Metropol am 14. September (zusammen mit RC Gloriette) – zugunsten des Frauenhauses in Mistelbach. Weiters veranstalten wir gemeinsam mit dem RC Tulln den "Egon Schiele Award", der im Mai 2026 im Palais Eschenbach in Wien über die Bühne gehen soll. Unsere Veranstaltungsreihe "Stars of the Future" im Steinway Haus am Opernring unter der Leitung von unseren Mitgliedern Maria Radutu und Joji Hattori bietet jungen Talenten eine großartige Plattform für die musikalische Karriere.
LEADERSNET: Rotary steht für soziales Engagement, Bildung und Gesundheit. Wie lassen sich diese globalen Prinzipien in konkrete, regionale Projekte in Österreich übersetzen?
Leitner: Neben zahlreichen europäischen und internationalen Projekten unterstützen wir in Österreich etwa den Verein "Grow Together!" – eine freiwillige Initiative für Kinder und Eltern aus prekären Verhältnissen. Hier setzen wir gezielt dort an, wo Hilfe unmittelbar gebraucht wird. Unsere Mitglieder bringen sich auch "Hands On" bei Projekten wie Vinzi Rast, ein Heim für Obdachlose, ein.
LEADERSNET: Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die dringendsten gesellschaftlichen Herausforderungen, bei denen Rotary einen aktiven Beitrag leisten kann – oder sogar muss?
Leitner: Ein zentrales Thema ist der Zugang zu Bildung – vor allem für Kinder und Frauen, weltweit wie auch bei uns. Im Rahmen meines Besuchs der International Rotary Convention in Singapur haben mich die unterschiedlichsten Hilfsprojekte, die dort präsentiert wurden (z. B. Mädchenbildung in Afghanistan, Bekämpfung der Sklaverei etc.) sehr berührt.
LEADERSNET: Ein Netzwerk wie Rotary lebt von starken Persönlichkeiten. Wie gelingt es Ihnen, aus diesem Netzwerk echten gesellschaftlichen Impact zu generieren?
Leitner: Durch gegenseitige Motivation und das Zusammenspiel der individuellen Stärken unserer Mitglieder – aus unterschiedlichsten Berufen und Interessen. Ich nenne hie nur einige – wie Edgar Böhm, ehemaligen Unterhaltungschef des die großartige Pianistin und Festival Intendantin Maria Radutu; Joji Hattori, der Veranstalter des Wiener Jazz Sommer; Reinhard Backhausen, Nachhaltigkeitsexperte – insbesondere im Textil Bereich; Peter Hofbauer, Intendant vom Wiener Metropol; Thomas Holzhuber, Gründer des Biotech Center; Emmerich Selch, Chef des Morawa Verlag; mein Vorgänger – der legendäre Chirurg Walter Klepetko etc. Alle in unserem Club sind ganz besondere Menschen – mit unterschiedlichsten Interessen und Fähigkeiten. Und jede:r bringt etwas ein.
Ein Beispiel ist das Projekt "Stars of the Future" im Steinway-Haus, bei dem junge Musiker:innen eine Bühne und eine professionelle Videoaufzeichnung bekommen, um sich besser bewerben zu können. So fördern wir Talente – und lukrieren gleichzeitig Spenden. In Planung für 2026: Der Egon-Schiele-Preis – gemeinsam mit dem Rotary Club Tulln vergeben wir über 10.000 Euro an Preisgeldern. Das Event findet im Mai 2026 im Palais Eschenbach statt und wird mit einem umfassenden Mentoring-Paket ergänzt. Weitere Sponsoren sind natürlich herzlich willkommen. Auch die engere Zusammenarbeit mit Rotaract – dem Jugendclub von Rotary – möchte ich intensivieren. Da stehe ich mit der Präsidentin unseres Rotaract Clubs, Benan Taner, im engen Kontakt.
LEADERSNET: Welche Werte sind Ihnen im Clubleben besonders wichtig – und wie transportieren Sie diese in eine sich wandelnde Gesellschaft?
Leitner: Ich sehe durchaus Parallelen zwischen Rotary und Bewegungen wie LGBTQIA+: Es geht um Vielfalt, individuelle Talente und die Kraft, die aus Unterschiedlichkeit entsteht. In unserem Club sehe ich viele "verborgene Schätze", also Persönlichkeiten mit einzigartigen Stärken, die ich mit meinem Team gezielt für Projekte aktivieren möchten.
LEADERSNET: Tradition und Wandel: Wie schaffen Sie den Spagat zwischen bewährten Strukturen und der Notwendigkeit, Rotary für junge Menschen attraktiv zu machen?
Leitner: Wir brauchen den Wandel. Mein Ziel ist es, vermehrt jüngere Menschen für Rotary zu begeistern – insbesondere über soziale Medien. Ich freue mich sehr, dass ich meine junge Mitarbeiterin Vero Knezevic für dieses Vorhaben gewinnen konnte.
LEADERSNET: Wie gelingt es Ihnen, auch eine neue Generation von Führungskräften für die Idee des Ehrenamts zu begeistern – in einer Zeit, in der viele stark auf sich selbst fokussiert sind?
Leitner: Ich sehe das nicht als Widerspruch. Die heutige Generation bringt eine große Bandbreite an Interessen und Kompetenzen mit. Es geht nicht um "entweder oder", sondern um "sowohl als auch". Ehrenamt und Selbstverwirklichung können sich wunderbar ergänzen. Das ist auch wohl im Einklang mit "Work-Life-Balance".
LEADERSNET: Gab es im Laufe Ihrer Rotary-Zeit ein Projekt oder eine Begegnung, die Sie besonders geprägt hat?
Leitner: Besonders eindrucksvoll war für mich die Rotary-Konferenz in Singapur mit über 8.000 begeisterten Mitgliedern aus aller Welt. Ich habe dort den Spirit von Rotary hautnah erlebt. Wie alle Rotarier bin ich weltweit in allen Rotary Clubs der Welt willkommen – und wenn ich mit meinen Bands auf Tournee bin, freue ich mich immer wieder Rotary Clubs in fernen Ländern zu besuchen – das gewährt mir tiefere Einblicke in die unterschiedlichen Kulturen.
LEADERSNET: Und zuletzt ganz persönlich: Was motiviert Sie jeden Tag aufs Neue, sich über Ihre beruflichen Verpflichtungen hinaus so intensiv gesellschaftlich zu engagieren?
Leitner: Es beginnt schon morgens beim Laufen. Ich lächle Menschen an – und bekomme ein Lächeln zurück. Diese kleinen Gesten und Freuden sind für mich pure Motivation. Ich möchte dazu beitragen, die Welt ein Stück besser zu machen. Ganz nach meinem Lieblings-Song von Beyoncé "I was here".
LEADERSNET: Vielen Dank für das Gespräch!
www.wien-albertina.rotary.at
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