Schwerpunkt Wein
Die schwere Sehnsucht nach dem leichten Tropfen

| Johannes Lau 
| 25.06.2025

Die heimischen Winzer:innen stemmen sich derzeit noch erfolgreich gegen  Konsumrückgang, Kostenkrise und Klimawandel – unter anderem, indem sie aktiv auf die wachsende Nachfrage von alkoholreduzierten Produkten reagieren.

Der Durst auf Wein ist offenbar im letzten Jahr manch einerm vergangen – vor allem auf der anderen Seite der deutsch-österreichischen Grenze, wie man etwa in Niederösterreich beobachtet hat. So verrät Ludwig Holzer, Geschäftsführer der Winzer Krems: "Vor allem durch den Konsumrückgang in Deutschland haben wir 2024 mit einem kleinen Umsatzminus abgeschlossen." Jedoch seien diese Nachbarn da keine Einzelerscheinung: "Das Jahr 2024 war geprägt von einem weltweit sinkenden Weinkonsum. International sehen wir noch einige wenige Wachstumsmärkte, insbesondere in Fernost." Und diejenigen, die weiterhin Wein trinken, bevorzugen zunehmend Tropfen mit weniger Umdrehungen, was sich entsprechend auf die Herstellung auswirkt: "Wir merken nach wie vor einen Trend zu leichten und duftigen Weinen. Da müssen wir in der Produktion darauf achten, dass der Alkoholgehalt der Weine nicht zu hoch wird." Eine komplizierte Gemengelage also – in diesem schwierigen Marktumfeld haben sich die Winzer Krems deshalb keine großen Sprünge vorgenommen und für 2025 das Ziel gesetzt, erst einmal den Vorjahresumsatz zu halten. Diese Trauben hängen wohl nicht zu hoch, da man laut Holzer das passende Angebot für die derzeitige Nachfrage habe: "Wir sind zuversichtlich, mit unseren frisch-fruchtigen Weiß- und Roséweinqualitäten in Zeiten sinkenden Weinkonsums das richtige Produkt zu haben. Weiters bewegen wir uns durch unsere Genossenschaftsstruktur auf vielen unterschiedlichen Märkten, was den Vorteil der Risikostreuung hat." Die größten Herausforderungen seien aktuell vor allem, die zunehmenden Regularien zu befolgen und neue Konsument:innen zu gewinnen: "Neben verschärften Regulatorien wie immer neuen Bezeichnungsvorschriften ist unsere größte Herausforderung, jüngere Zielgruppen zu erreichen." Dennoch stehen die Winzer Krems Holzer zufolge bislang gut da: "Wir merken weiterhin solide Abverkaufszahlen unserer Weine im Lebensmittelhandel. Wir führen das darauf zurück, dass Konsument:innen in unsicheren Zeiten eher auf bekannte Markenprodukte zurückgreifen."

Jahrhundertealtes Handwerk

Nicht nur in der Wachau, ebenso im Burgenland berichtet man von einem soliden Zustand trotz großer Schwankungen auf dem Gesamtmarkt. Leo Hillinger, Eigentümer des gleichnamigen Weingutes, erzählt: "Die anhaltend schwierigen Marktumstände stellen uns immer noch vor große Herausforderungen. Aufgrund unserer Betriebsstruktur können wir aber flexibel darauf reagieren und konnten im vergangenen Jahr unsere Marktanteile steigern. Wir bleiben weiterhin optimistisch." Der Weinernte 2025 sehe er somit qualitativ wie quantitativ positiv entgegen. Inflationsbedingt hat Hillinger zwar weiterhin mit extrem gestiegenen Personal-, Beschaffungs- und Herstellungskosten zu kämpfen. Um diese nicht an seine Kund:innen weitergeben zu müssen, lote er jedoch permanent alle anderen wirtschaftlichen Möglichkeiten aus. Und auch er zehrt dabei von der Stärke seiner Marke: "Wir haben den großen Vorteil, dass wir einerseits durch die Bekanntheit der Marke, durch die geschaffenen Strukturen im Betrieb, vor allem aber durch die breite Marktdurchdringung am österreichischen Heimmarkt, aber auch international, äußerst flexibel und sehr kurzfristig auf alle Entwicklungen reagieren können." Sein Betrieb verstehe sich als "Vollsortimenter": Das Portfolio umfasse großflächig ausgerollte Produkte im Convenience- und LEH-Bereich bis hin zu limitierten Auflagen für Spitzengastronomie und Hotellerie. "Diese Flexibilität bietet Sicherheit und Stabilität in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten." Aber nicht nur wirtschaftliche Herausforderungen gibt es, sondern zudem zunehmend meteorologische: "Dass der Klimawandel in Österreich angekommen ist, ist für uns nichts Abstraktes, das wir nur aus Statistiken in Medienberichten kennen. Für uns als Winzer ist es die Praxis. Niederschlagsarme, zu warme Winter, wochenlange Hitze- und Trockenperioden im Sommer, verstärkt auftretende Wetterereignisse wie Starkregen und Hagel, ein Erntebeginn Ende August – das alles sind Dinge, die es vor nicht einmal einer Generation in dieser Form noch nicht gegeben hat." Kurzfristig reagiere man in der Hinsicht mit einem adaptierten Ertrags-, Laubwand- und Begrünungsmanagement. Darauf allein könne die Branche in Zukunft jedoch nicht bauen: "Mittel- und langfristig wird man sich auch in Österreich intensiv mit der Sorten- und Standortwahl auseinandersetzen müssen." Und obwohl sich der Markt zunehmend vom Alkohol wegbewege, will Hillinger ihm in seinem Sortiment nicht vollständig abschwören: "Grundsätzlich sind wir aber der Meinung, dass die Herstellung von Wein als jahrhundertealtes Handwerk und damit das ursprüngliche Produkt unbedingt bewahrt werden muss."

Kurz nach der Blüte der Reben

Auch die großen Lebensmittelhändler mischen mit firmeneigenen Produktionen in der Wein-Branche mit. So zum Beispiel Spar im niederösterreichischen Wagram in Form des Weingutes Schloss Fels. Billa wiederum betreibt seit 1988 (und somit Rewe seit 1996) die Kellerei Wegenstein in Wiener Neudorf. Geschäftsführer Herbert Toifl bilanziert: "Wir verzeichnen einen sehr hohen Absatz von circa 24 Millionen Flaschen, und das in einem Umfeld von vielen Zubauten und technischen Innovationen bei laufendem Betrieb. Diese Kapazität entspricht quasi einer Vollauslastung unserer Füllanlagen. Wir sind mit unserer Angebotsstrategie auf dem richtigen Weg, denn wir verzeichnen quasi im gesamten Sortiment Zuwächse und freuen uns natürlich sehr über den exzellenten Jahrgang 2024." Aber Toifl verschweigt nicht, dass die Gesamtsituation kompliziert ist: "Wir stehen natürlich so wie die gesamte Weinbranche vor einem herausfordernden Umfeld. Gleichzeitig versuchen wir, uns gemeinsam mit unseren Partnerwinzer:innen so aktiv am Markt zu positionieren, dass wir weiterhin erfolgreich sind. Ich bin überzeugt, dass wir hier auf einem guten Weg sind." Für eine konkrete Vorausschau auf die kommende Weinernte sei es im Moment jedoch noch zu früh. "Der Jahresverlauf ist zumindest bis jetzt, kurz nach der Blüte der Reben, vielversprechend." Somit stehen die Zeichen gut, dass es bald wieder schöne Früchte zu pflücken gibt.

www.winzerkrems.at

www.wegenstein.wine

www.leo-hillinger.com

www.weingut-schloss-fels.at

 

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