LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Mölk, Sie sind seit 2022 Obmann von Innsbruck Tourismus. Wenn Sie die vergangenen Jahre Revue passieren lassen: Was hat sich seitdem getan? Und was bereitet Ihnen an Ihrer Arbeit die meiste Freude?
Peter Paul Mölk: Die vergangenen Jahre waren intensiv, aber sehr erfüllend. Besonders stolz bin ich auf die Entwicklung unserer neuen Tourismusstrategie "Region Innsbruck ERLEBENSWERT" – zum ersten Mal in der Geschichte von Innsbruck Tourismus wurden die Weichen für die Gestaltung unserer Region in einem offenen, partizipativen Prozess mit über 350 Beteiligten aus verschiedensten Bereichen gestellt. Diese Zusammenarbeit hat ein starkes Fundament für die Zukunft geschaffen. Am meisten Freude bereitet mir, gemeinsam mit unserem engagierten Team den Lebens- und Urlaubsraum unserer Region aktiv mitgestalten zu dürfen, dies lässt mich jeden Tag aufs Neue gern ins Büro kommen.
LEADERSNET: Sie sagen, Ihre neue Tourismusstrategie umfasst vier Aspekte von Erlebenswert. Was darf man sich darunter vorstellen?
Mölk: Unser Ziel ist es, Innsbruck als lebens- und erlebenswerte Alpenmetropole weiterzuentwickeln – im Einklang von Stadt und Berg, von Einheimischen, Gästen und Natur. Die vier Säulen sind: Lebenswert – Erlebenswert – Erleben – Wert.
Wir denken bei der Weiterentwicklung des Tourismus nicht nur an unsere Gäste, sondern auch an die Menschen, die hier leben – in der Überzeugung, dass der Tourismus einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität der Bewohner:innen leisten kann. Innsbruck vereint urbane Vielfalt und alpine Natur – dieses einzigartige Erlebnis wollen wir weiter stärken und die Region als eine Destination positionieren, die man einfach erlebt haben muss. Wir schaffen hochwertige Erlebnisse mit internationaler Anziehungskraft – durch starke Basisinfrastruktur und gezielte Top-Projekte. Und wir handeln wertebasiert, nachhaltig und wirtschaftlich – mit dem Ziel, Aufenthaltsdauer und Wertschöpfung zu erhöhen.
LEADERSNET: Ihr Ziel ist also, in der gesamten Region Innsbruck mehr Erlebnisqualität durch Tourismus zu schaffen. Welche Vorhaben setzen Sie dafür um?
Mölk: Wir haben neun klare Handlungsfelder definiert – vom Ausbau digitaler Services über strategische Kooperationen mit der Wirtschaft bis zu gezielten Investitionen in Freizeitangebote und Mobilitätslösungen: in den nächsten zehn Jahren investieren wir mindestens 25 Millionen Euro in Infrastruktur und Erlebnisqualität, zusätzlich fließen 15 Millionen Euro in Mobilitätsangebote, um Stadt und Berg noch besser zu verbinden.
Durch gezielte Produkt- und Angebotsentwicklungen wollen wir die Aufenthaltsdauer steigern und die Auslastung über das ganze Jahr hinweg verbessern. Und: gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir die Region Innsbruck im In- und Ausland als alpine Love Brand etablieren.
LEADERSNET: Jedes Jahr besuchen rund 1,5 Millionen Gäste aus aller Welt die Region Innsbruck. Das heißt, Bewohner:innen und Urlauber:innen teilen sich einen Lebens- und Erholungsraum. Neben den unzähligen positiven Aspekten des Tourismus, birgt dieser natürlich auch Herausforderungen. Was sind für Sie die größten Hürden und wie gehen Sie diese an?
Mölk: Die Kunst liegt darin, Erlebnisräume so zu gestalten, dass sie auch echte Lebensräume bleiben – Orte der Begegnung, nicht der Trennung. Projekte wie die "Urban Blooms" am Innsbrucker Marktplatz zeigen, wie das gelingen kann. Hier wurde ein Ort der Erholung geschaffen, der gleichermaßen von Einheimischen wie Gästen geschätzt wird. Der Schlüssel liegt darin, bei allen Maßnahmen die Bevölkerung von Anfang an mitzudenken und einzubeziehen. Wissend, dass es zu gewissen Zeiten an bestimmten Orten zu Kapazitätsgrenzen kommt, arbeiten wir an smarten Lösungen zur Besucherlenkung – etwa durch digitale Tools, die helfen, stark frequentierte Orte zu entlasten. Unser Ziel ist es nicht, den Zugang zu beschränken, sondern die Besucherströme intelligent zu verteilen.
LEADERSNET: Die Zahlen zeigen, dass Innsbruck auch im Sommer ein begehrtes Reiseziel ist. Doch sprechen wir über die Winterbilanz. Diese zeigt eine positive Entwicklung. Worin denken Sie, liegt das begründet?
Mölk: In Innsbruck ist der Sommer traditionell stark – rund 55 Prozent der Nächtigungen entfallen auf die warme Jahreszeit, anders als im restlichen Tirol. Gleichzeitig stärken wir gezielt auch den Winter, etwa durch Investitionen wie in die neue Bergbahn in Oberperfuss. Die neue Bahn hat den Erlebnisberg Rangger Köpfl nicht nur für Skifahrer:innen, sondern auch für Winterwanderer:innen, Rodler:innen und Familien attraktiv gemacht. Auch Events wie das Winter Dance Festival oder die Bergweihnacht tragen zur Saisonverlängerung bei. Im Kühtai-Sellraintal hingegen wird der Winter wesentlich stärker nachgefragt – hier arbeiten wir daran, den Sommer gezielt auszubauen.
LEADERSNET: Und welche Rolle spielt bei all dem der Flugverkehr?
Mölk: Für eine weltoffene Alpenstadt wie Innsbruck ist und bleibt der Flughafen ein wichtiger Standort- und Wettbewerbsfaktor – gerade für internationale Gäste und den Kongressbereich. Unsere Top-15-Herunftsmärkte umfassen inzwischen auch Länder wie die USA, Indien, China oder Australien, wo wir überall kontinuierliches Wachstum sehen – hier ist der Flughafen natürlich ein zentrales Asset. Gleichzeitig fördern wir bei Gästen aus den Nahmärkten verstärkt die Anreise mit der Bahn sowie nachhaltige Mobilitätsangebote vor Ort.
LEADERSNET: Plant Innsbruck Tourismus weitere Maßnahmen wie z.B. Kampagnen, um noch reizvoller für Fernmärkte zu werden?
Mölk: Breite Kampagnen sind auf Fernmärkten – vor allem in so großen Ländern wie USA oder China – budgetär eine Herausforderung, deshalb setzen wir hier auf strategische Kooperationen – mit Reiseveranstaltern, Journalist:innen und Influencer:innen – um unsere Botschaften authentisch und zielgruppenspezifisch zu vermitteln.
LEADERSNET: Welches Ziel setzten Sie sich als Obmann für das laufende Jahr?
Mölk: Der Erfolg einer Strategie wird an ihrer Umsetzung gemessen, deshalb ist es mir wichtig, konkrete Projekte und Ergebnisse auf den Boden zu bringen. Das betrifft große Investitionen wie das geplante Freizeitzentrum in Axams oder den angestrebten Zusammenschluss der Mutterer Alm - Axamer Lizum ebenso wie kleinere Maßnahmen, die als ein Baustein im großen Ganzen für die Region genauso wichtig sind. Besonders am Herzen liegt mir der persönliche Austausch mit den Menschen vor Ort, denn echte Regionsentwicklung gelingt nur gemeinsam.
LEADERSNET: Mit Blick auf den Tourismus allgemein: Was würden Sie sich hier von den Politiker:innen des Landes wünschen?
Mölk: Vor allem weniger Bürokratie – unsere Betriebe kämpfen ohnehin mit vielen Herausforderungen. Gerade bei gewerberechtlichen Verfahren braucht es eine Entrümpelung. Und beim Thema Naturschutz wünsche ich mir mehr Differenzierung und eine ganzheitliche Betrachtung statt Schwarz-Weiß-Denken. Positiv stimmt mich, dass es wieder eine eigene Tourismusstaatssekretärin gibt und Fortschritte bei der Ausweitung der Saisonnierskontingente erzielt wurden.
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.innsbruck.info
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