LEADERSNET: Die Wien Holding hat eine Privat Public Partnership Struktur und ist die Klammer für 75 Betriebe und 3.500 Mitarbeiter:innen. Wie ist die DNA der Wien Holding?
Gollowitzer: Der Konzern befindet sich im Eigentum der Stadt Wien. Er erfüllt kommunale Aufgaben, ist privatwirtschaftlich organisiert und auf Ertrag ausgerichtet, unter Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele.
Die Wien Holding steht für zukunftsorientierte und nachhaltige Projekte, die den Wirtschaftsstandort sichern, das Wirtschaftswachstum ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen und damit die Lebensqualität für die Menschen insgesamt erhöhen. Ein gelungener Mix aus gewinnbringenden Wirtschaftsunternehmen und Unternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Aufgaben sowie die Strategie, Partnerschaften mit privaten Investor:innen einzugehen, sind die Bausteine für den Erfolg.
LEADERSNET: Neben infrastrukturellen Leistungsträgern der Stadt Wien gehören auch die Kulturbetriebe der Vereinigten Bühnen Wien – das Theater an der Wien, das Raimund Theater und das Ronacher – zum Konzern. Auch die Wiener Stadthalle ist eines der Flaggschiffe der Wien Holding. Welche wirtschaftliche Vision verfolgt man mit dem kulturellen Engagement?
Gollowitzer: Der Unternehmenserfolg eines Kulturbetriebs, also eines Betriebs der Kulturgüter herstellt oder präsentiert, ist natürlich anders zu messen als jener eines Betriebs, der Konsumgüter produziert. Der Mehrwert eines Kulturbetriebs ist messbar anhand von Zuschauerzahlen, Auslastung und Medienberichten über eine Ausstellung, ein Theaterstück oder ein Musical. Rund drei Millionen Menschen besuchen pro Jahr die Kulturbetriebe der Wien Holding. Aber der Erfolg zeigt sich auch dann, wenn Wiener:innen angeben, dass in Wien die Lebensqualität hoch ist und Tourist:innen gerne nach Wien kommen, weil eben das kulturelle Angebot breit gefächert, interessant und dabei leistbar ist.
LEADERSNET: Stichwort: Umweltrentabilität – Was ist die Einzigartigkeit der kulturellen Identität der Stadt Wien am internationalen Tourismusmarkt?
Gollowitzer: Wien bietet die Erlebnisse einer Metropole ohne die Stressfaktoren einer Metropole – so lautet der Markenauftritt, den Wien Tourismus entwickelt hat. Die kulturelle Identität der Stadt Wien setzt sich aus mehreren Elementen zusammen, die in ihrer Kombination die Einzigartigkeit ausmachen: Einerseits gibt es das imperiale Wien aus der Kaiserzeit, in der die Ringstraße mit all ihren Prachtbauten entstanden ist. Andererseits das Rote Wien der Zwischenkriegszeit mit all seinen Errungenschaften. Täglich kommen Gruppen und Delegationen nach Wien, die sich den Karl-Marx-Hof ansehen und die „Ringstraße des Proletariats", wie der Gürtel aufgrund der beeindruckenden Gemeindebauten auch genannt wird. Einerseits gibt es ein reichhaltiges Kulturangebot im Bereich der Hochkultur und andererseits das Donauinselfest, das ebenfalls Hunderttausende Tourist*innen nach Wien lockt. Einerseits beeindruckt das moderne Wien, die Stadtentwicklung rund um den Hauptbahnhof, in der Seestadt oder im Viertel 2, andererseits das grüne Wien vom Prater über den Lainzer Tiergarten bis zur Alten Donau.
LEADERSNET: Auch vier Museen zählen zum Firmenkomplex der Wien Holding – welche sind dies und wie ist die jeweilige Ausrichtung?
Gollowitzer: Das Engagement der vier Wien Holding-Museen Haus der Musik, Kunst Haus Wien, Jüdisches Museum Wien und Mozarthaus Vienna geht über die ursprünglichen Kernaufgaben eines Museums – sammeln, bewahren, forschen und vermitteln – hinaus: Sie sind Treffpunkt und Kommunikationsplattform für einen spannenden Austausch über Kunst, Kultur und Gesellschaft.
Im Haus der Musik, einem modernen, interaktiven Erlebnismuseum in der Innenstadt, wird die Welt der Klänge auf einzigartige Weise multimedial erlebbar gemacht. Die interaktiven Ausstellungsbereiche im Haus der Musik bieten neue, innovative Zugänge zum Thema Musik und ein einzigartiges, musikalisches Erlebnis in einer didaktisch modern aufbereiteten Schau.
Das vom österreichischen Künstler Friedensreich Hundertwasser in der ehemaligen Thonet- Möbelfabrik gegründete Kunst Haus Wien beherbergt das einzigartige Museum Hundertwasser. Dieses zeigt einen umfassenden Querschnitt durch Hundertwassers Schaffen. Außerdem wird auch zeitgenössische Kunst mit dem Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit in Form von Wechselausstellungen präsentiert.
Das Jüdische Museum Wien, mit den zwei Standorten in der Dorotheergasse 11 und Judenplatz 8, erzählt auf eindrucksvolle Weise Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Jüdinnen und Juden in Wien.
Im Mozarthaus Vienna ist die einzige heute noch erhaltene Wohnung des großen Komponisten und Musikgenies zu sehen. Mozartfans jeder Altersstufe erwartet eine umfassende Präsentation der Zeit, in der Mozart lebte.
LEADERSNET: Ebenso zählt eine private Universität zum Portfolio der Wien Holding. Was wird hier unterrichtet und auf welche Einzigartigkeit dürft ihr verweisen?
Gollowitzer: Die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) versteht sich als progressive Musik- und Kunstuniversität, die durch Entwicklung und Erschließung in den Bereichen der Musik, des Tanzes, des Schauspiels und des Gesangs kulturelle Werte für die Zukunft schafft. Die MUK ist, als Tochterunternehmen der Wien Holding, die einzige Universität im Eigentum der Stadt Wien und vereint – mit ca. 850 Studierenden und über 270 Lehrenden – den international besten Nachwuchs und herausragende Lehrende in der Welthauptstadt der Musik in Wien.
Anfang Mai 2023 erhielt die MUK die Akkreditierung für ein künstlerisch-wissenschaftliches Doktoratsstudium (PhD). Das Doktoratsprogramm der MUK ist ein exzellenz-orientiertes Studium mit einer internationalen Ausrichtung. Es ermöglicht Studierenden die Entwicklung und Durchführung interdisziplinärer, origineller, visionärer und experimenteller Projekte und bezieht dabei auch gesellschaftspolitische Fragestellungen kritisch mit ein. Die Akkreditierung zeigt, dass sich die MUK durch exzellente Arbeit und höchste Qualitätsstandards auszeichnet und dass sie eine wichtige Rolle in der akademischen Landschaft in Wien, Österreich und international spielt.
LEADERSNET: Mit Wien Ticket hat die Wien Holding auch einen hoch erfolgreichen Vorzeigebetrieb zum Thema Digitalisierung und Onlinevermarktung im Portfolio. Wie ist hier der Status Quo?
Gollowitzer: Das Ticketgeschäft beginnt sich nach den Corona-Jahren 2020 und 2021 wieder zu stabilisieren. Die Wien Ticket hat im Jahr 2022 wieder schwarze Zahlen geschrieben und ein operatives Betriebsergebnis von 565.000 Euro eingefahren. Insgesamt wurden im Jahr 2022 rund 2,5 Millionen Tickets über die Wien Ticket-Gruppe abgewickelt. Auch die ersten Monate des Jahres 2023 sind vielversprechend: Sie liegen bereits in etwa auf dem Vor-Corona-Niveau.
So wurde bei der Wien Ticket Osteraktion, die im Zeitraum vom 24. März bis 10. April 2023 stattfand, ein neuer Rekord geknackt: In 18 Tagen wurden 17.000 Tickets verkauft. Damit konnte im Vergleichszeitraum auch ein Umsatzplus von 40% generiert werden. Zudem wurde die Wien Ticket bereits zum zweiten Mal in Serie von der ÖGVS (Gesellschaft für Verbraucherstudien) als bestes Ticketing-Unternehmen in Österreich ausgezeichnet. In den Jahren 2020 und 2021 wurde die Wien Ticket als Full-Service-Ticketdienstleister zum Kunden- und Branchen-Champion 2020 und 2021 gekürt. Für diesen Titel sind Bestnoten bei Kundenzufriedenheit, Kundenservice und Preis-Leistungs-Verhältnis erforderlich. Bei allen drei Bewertungskriterien konnte Wien Ticket klar überzeugen und belegte den ersten Platz. Auch in den Jahren davor wurde die Wien Ticket bereits zum Kundenchampion gewählt.
LEADERSNET: Die kulturelle Identität ist Visitenkarte einer Stadt. Wie definiert sich diese unter der Marke Wien?
Gollowitzer: Wien gilt als Weltstadt der Kunst und Kultur. Das reichhaltige Angebot an Kulturgütern, Theatern, Museen, Ausstellungen und Events aller Art ist ein wertvoller Teil der großartigen Lebensqualität, die Wien auszeichnet. Nicht zuletzt ist Kultur für eine weltoffene und tolerante Stadt ein unverzichtbarer Bestandteil in gesellschaftlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Kulturbetriebe der Wien Holding leisten dazu einen wesentlichen Beitrag.
Gerade durch ihre Vielfalt und das breite Angebot überzeugt Wien sowohl ihre Einwohner:innen als auch ihre Besucher:innen. In Wien findet man eben nicht nur traditionsreiche Bühnen, die kaiserliche Schatzkammer oder die Kaffeehaus-Kultur, sondern auch spielerische Musikvermittlung für Kinder, große Rockkonzerte und bunte Musical-Inszenierungen. Das kulturelle Angebot in Wien ist unschlagbar und wird auch in Zukunft viele begeistern.
LEADERSNET: Welche Projekte laufen in der Wien Holding für die kulturelle Zukunft der Stadt Wien?
Gollowitzer: Die Wien Holding trägt zur kulturellen Vielfalt in der Stadt maßgeblich bei – im Großen wie im Kleinen: Sei es mit international beliebten Opern- und Musical-Inszenierungen in den Vereinigten Bühnen Wien oder mit Konzerten von Top-Stars in der Wiener Stadthalle. Oder auch in unseren Museen, die nicht nur mit einem interessanten Ausstellungsprogramm aufwarten, sondern Kunst und Kultur in den verschiedensten Facetten auf spannende Weise erlebbar machen.
Aber wir sorgen auch dafür, dass für die Kultur in Wien auch die infrastrukturellen Rahmenbedingungen passen. Im Jahr 2024 werden die beiden Wien Holding-Häuser Theater an der Wien und Kunst Haus Wien nach großen Sanierungs- bzw. Modernisierungsarbeiten wieder eröffnen, und sind damit für eine erfolgreiche Zukunft gerüstet. Beim Neubau einer großen Event-Arena befinden wir uns heuer im Finale bei der Suche nach einem strategischen Partner. Denn auch in Zukunft sollen die Wiener:innen die großen weltweit tourenden Bands und Shows in einer modernen Infrastruktur auf Weltstadt-Niveau genießen können.
www.wienholding.at
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