Wie wir Werte schätzen

Es scheint, als würde wirklich kein Mangel herrschen an Purpose und Werten, die Unternehmen für sich in Anspruch nehmen. Doch der Versuch, ernsthaft Werte zu verankern, ist ein anspruchsvolles und nicht immer angenehmes Unterfangen. Wir haben es gewagt. Und würden es wieder tun.

Es gibt bekanntlich keine unerschöpflichen Ressourcen auf diesem Planeten. Mit einer Ausnahme: Werte. Es scheint, als würden Werte aus einer nie versiegenden Quelle kommen. Eine Minute auf LinkedIn, zwei Stunden auf einer Konferenz, drei Klicks auf Google und schon ist man intellektuell geflutet mit spannenden und manchmal auch weniger spannenden Interpretationen von Werten, die sich Unternehmen gerne auf die Fahnen heften.

"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut", hat Johann Wolfgang von Goethe einst formuliert. Doch aus eigener Erfahrung muss ich Ihnen sagen: es ist ein verdammt anstrengender Prozess, den ein Unternehmen durchmacht, damit es zumindest in die Nähe von edel, hilfreich und gut kommt. Und dieser Prozess braucht definitiv mehr als eine fancy Powerpoint-Präsentation, die der CEO stolz im Meeting präsentiert.

Bei RX Austria & Germany haben wir diesen Prozess NIMBLE genannt. Der Begriff steht für sechs Werte, die wir als zentral für unsere Geschäftstätigkeit erachten: Networked, Inclusive, Magical, Brave, Love of Learning und Entrepreneurial. So weit, so easy. Doch wir standen nun vor der großen Aufgabe, auch eine Identifikation mit diesen Werten zu fördern und sie nicht einfach zu verordnen. Denn nur das trägt zur Mitarbeiterbindung bei. Was haben wir also gemacht?

Wir haben unsere Kolleg:innen entscheiden lassen, welcher dieser Werte ihnen am Nächsten ist. Ein Wert nur, nicht sechs. Und in vielen Workshops haben wir insgesamt rund 600 Fragen unserer Kolleg:innen gesammelt, die mit diesen Werten zu tun haben – und glauben Sie mir: viele dieser Fragen, auch an uns, die Geschäftsleitung, waren keineswegs leichte Kost. Unangenehm, ja, aber auch ein schönes Zeichen dafür, wie lebendig die Debatte um die Weiterentwicklung unseres Unternehmens geführt wird.

Sie sehen also: es braucht erstens eine gewisse Kompromisslosigkeit und zweitens Ausdauer, um in die Struktur eines Unternehmens eine Werte-Ebene einzuweben, die nicht beliebig austauschbar und keine unendliche Ressource ist. Und wir sind noch lange nicht am Ende mit unserem Projekt. Aber wir wissen, was wir wollen.

Dass sich nämlich jede:r Kolleg:in an jedem Werktag so fühlt, wie es Microsoft-CEO Satya Nadella im Jahr 2014 an seinem ersten Arbeitstag in einem Brief an seine damals neuen Kolleg:innen geschrieben hat: "I had a choice about where to come to work."

 


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Entgeltliche Einschaltung

leadersnet.TV