"Die Digitalisierung hat auch im DIY-Fachhandel Einzug gehalten"

| Christoph Aufreiter 
| 10.11.2022

Markus Dulle ist CEO der 3e Handels- und Dienstleistungs AG. Im LEADERSNET-Interview erklärt er, die Gründe für den Heimwerker-Boom und spricht über die Transformation des Einkaufsverbandes zu einem Dienstleister für Omnichannel-Konzepte im DIY-Fachhandel.

Die 3e-Gruppe erwirtschaftete 2021 einen Außenumsatz von 709 Millionen Euro, davon alleine 525 Millionen in Österreich. Damit zählt die Gruppe zu den Big Playern am österreichischen Heimwerkermarkt, der mehr als 300 Unternehmen in insgesamt zwölf Ländern angeschlossen sind. Neben der ursprünglichen Aufgabe, günstigere Preise für die Kund:innen zu erzielen ist man für die angeschlossenen Händler mittlerweile auch ein wichtiger Partner für verschiedenste Dienstleistungen.

LEADERSNET: Die 3e Handels- und Dienstleistungs AG ist eine Vereinigung von Fachhändler:innen der Hartwarenbranche. Was kann man sich darunter vorstellen?

Dulle: Die 3e-Mitglieder:innen sind vorwiegend im Werkzeug-, Garten und Holzfachhandel aktiv, sowohl im Sortiment als auch bei den Dienstleistungen. Wir haben in unserer Verbundgruppe aber auch Installateure die unter der Dachmarke "Bad & Co" vereinigt sind. In Summe versuchen wir für unsere Mitglieder:innen den Einkauf zu bündeln, um hier gegenüber der Industrie bessere Preise für unsere Kund:innen zu erzielen.

LEADERSNET: Ihre Mitglieder:innen sind über 300 Unternehmen, gleichzeitig ist die 3e in über zwölf Ländern vertreten. Wie ist es zu diesen doch beachtlichen Zahlen gekommen?

Dulle: Vor mittlerweile 33 Jahren haben sich drei Kooperationen zusammengeschlossen – daher auch der Name 3e. Der Hauptgrund für diesen Zusammenschluss war es schon damals, dass man gegenüber der Industrie gemeinsam und stark auftreten konnte. Das hat sich mit der Zeit natürlich weiterentwickelt und aus der reinen Einkaufskooperation wurde schließlich ein moderndes Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Wir machen heute nicht nur den Einkauf, sondern etwa die Werbung, das komplette digitale Marketing und das Betreiben von Onlineshops – in Summe die Entwicklung von Omnichannel-Konzepten für die jeweiligen Zielgruppen. Das ist auch der Grund, warum die Mitglieder bei uns sind. Denn alleine würde man diese Herausforderungen nicht mehr stemmen können.

LEADERSNET: Ihre Vertriebskonzepte sind in verschiedene Marken und Segmente unterteilt. Was steckt da jeweils dahinter?

Dulle: "LETS DOIT" ist die Dachmarke für unsere Werkzeug- und Gartenfachmärkte. Alles was etwa in einem ehemaligen Eisenwarenhandel Platz gefunden hat, wird unter dieser Marke in einem zeitgemäßen Auftritt angeboten. Die Schwerpunkte liegen insbesondere in den Sortimenten Werkzeug und Gartentechnik, bei denen wir ganz klar auf den Trend "Akkugeräte" setzen, wie auch unsere "Akkuwelten" in den Stores deutlich machen.

"LET’S DOIT Holzprofi" ist die Dachmarke für unsere Holzfachhändler, welche etwa Parkettböden, Saunen oder Terrassen verkaufen. Sie vertreiben nicht nur die Produkte, sondern machen auch die dazugehörigen Dienstleistung, verlegen etwa die Parkettböden oder Terrassen und bauen die Saunen und Gartenhäuser auf. Mitglieder der Vertriebsschiene  "Bad & Co" sind die Installateure, die in erster Linie Badsanierungen, Bad-Neuplanungen und den Umstieg bei Heizsystemen auf erneuerbare Energien anbieten und somit ihren Fokus in der Dienstleistung haben.


© LEADERSNET/Schiffl

LEADERSNET: 2019 wurde mit "LET’S DOIT" das erste Omni Channel Werkzeug-Fachgeschäft  geöffnet. Wie kam es zu der Idee und was kann man sich darunter vorstellen?

Dulle: Das Konzept sieht eine Verknüpfung des stationären mit dem Onlinehandel vor. Vor allem die Veränderung des Kund:innenverhaltens hat uns zu diesem Schritt bewogen. Der Kunde denkt nicht an Kanäle, er denkt an Marken – solche wie "LET´S DOIT" und sucht sich dann selbstständig denjenigen Kanal aus, über welchen er seine Ware bezieht. Wir haben mit diesem User-Store versucht, die Welten stationär, online und mobile zu verknüpfen. Wir haben stationär beispielsweise eine "Vergleichszone". Hier kann man die Produkte, auf ein Pult stellen und via NFC Technologie auf einem großen Screen im Detail anzeigen lassen und so wie im Onlineshop mit anderen vergleichen. Für das Einkaufs- und haptische Erleben bieten wir zudem in unserer "Anpackzone" die Möglichkeit, alle Geräte im Live-Betrieb selbst zu testen. Das ist vor allem bei Akku Geräten wichtig. Dem Kunden ist oft nicht bewusst, wie leistungsfähig und convenient diese sind.

LEADERSNET: Einer Ihrer Werbeslogans lautet: "Wusstest du, dass …". Ist fachlich geschultes Personal Ihr Trumpf?

Dulle: Wir haben drei USPs: Einer davon ist ganz klar die Fachberatung. Das sehen wir jährlich in den Marktstudien, in denen wir mit anderen Marktteilnehmer:innen verglichen werden. Was Service, Beratung und Dienstleistung betrifft, sind wir immer als die Besten gelistet. Der zweite USP sind spezielle Lieferant:innen und deren Marken, die nur im Fachhandel angeboten werden. Und der dritte ist, dass wir in der Gruppe vor Ort Eigentümer haben, die das Unternehmen betreiben. Da fließt dann natürlich auch extrem viel Herzblut hinein. Diese drei Punkte vereint sind das, was uns ausmacht.

LEADERSNET: Direkt nach dem ersten Corona-Lockdown gingen Bilder durch die Nachrichten, auf denen man Menschenschlangen vor Baumärkten sah. Wie erklären Sie sich, dass da auf einmal diese ganz hohe Nachfrage entstand?

Dulle: Die Menschen konnten ja weder in ein Restaurant gehen, noch reisen. Dadurch wurde natürlich Geld frei und das sogenannte "Cocooning" wurde verstärkt. Man hat es sich zuhause also möglichst gemütlich gemacht, einen neuen Griller gekauft, den Garten aufgemöbelt und sein Haus gepflegt. Das Geld, das man nicht mehr für Reisen oder Gastronomie ausgeben konnte, wurde also in ein – oft neu entdecktes – Hobby investiert. Das erklärt zum Teil diesen Boom, den wir vor allem nach dem ersten Lockdown hatten. Darüber hinaus gab es natürlich den Stau des Bedarfs an neuen Geräten und Baumaterialien, den man nicht stillen konnte, während die Geschäfte geschlossen waren. Außerdem wusste keiner damals, wie lange die Geschäfte wieder offen haben werden. Deshalb wollte sich natürlich jeder eindecken.

LEADERSNET: Ist dieser Boom nachhaltig geblieben?

Dulle: Wir haben tatsächlich bis etwa April dieses Jahres eine verstärkte Nachfrage gespürt. Wir verzeichnen seit etwa Juli, dass durch die hohe Inflation und die Energiekrise, die Kund:innen unsicherer werden, das Geld dann tatsächlich für die Energiekosten brauchen oder eben lieber auf die Seite legen. Das führte in den Sommermonaten über zu einem Abflauen der Frequenz und des Umsatzes aufgrund dieser Rahmenbedingungen.

LEADERSNET: Man spricht auch immer wieder von einer sogenannten "Holzkrise". Können Sie erklären, was es damit auf sich hat? Wieso wird Holz auf einmal teurer?

Dulle: Der Holzpreis ist tatsächlich im Vergleich zum Vorjahr um ganze 100 Prozent gestiegen. Die Knappheit beim Brennholz hat natürlich mit der Energiekrise zu tun. Wir sehen auch eine verstärkte Nachfrage für Kaminöfen und Herde. Viele Kund:innen, die zuhause einen Kamin haben, decken sich gerade mit diesen Öfen ein und brauchen dann natürlich Heizmaterial. Das heißt, dass die Nachfrage gegenwärtig viel höher als das Angebot ist. Aus dem Grund steigen auch die Preise.

LEADERSNET: Sie haben unlängst das Großprojekt "3E Next Generation 2025" gestartet. Was steckt hier dahinter?

Dulle: Wir haben mit der Agenda 2020 bereits den Omni-Channel- und Digitalisierungsdiskurs eingeleitet. In diesem ersten Schritt haben wir den neuen "LET´S DOIT" Webshop gelauncht und die neue App entwickelt, wodurch wir uns als 3e parallel zu einem Dienstleister für Omnichannel-Konzepte im DIY-Fachhandel weiterentwickelt haben. Bei der 3e next generation 2025 liegt der Fokus nun auf der Expansion und der Digitalisierung unserer internen Geschäftsprozesse.

LEADERSNET: Wie sehen Sie dem nächsten Jahr wirtschaftlich entgegen?

Dulle: Die Rahmenbedingungen sind aktuell äußerst herausfordernd, daher erwarten wir in den nächsten 12 bis 18 Monaten eher eine Abwärtsbewegung beim Umsatz. Gleichzeitig gehe ich von einer weiteren Kostensteigerung aus, die wir auch in den letzten Jahren so nicht gesehen haben, wie etwa bei den Personal- und Energiekosten. 2023 wird alles in allem sicher herausfordernd. Aber ich bin optimistisch, dass es dann 2024 wieder aufwärts geht.

Das ist wie bei einer vier-Tage-Wanderung. Da geht es auch nicht immer nur bergauf, man muss auch irgendwann mal runter. Ich glaube, wir hatten jetzt die letzten zwei Jahre den Aufstieg. Jetzt gibt es eben einen leichten Abstieg und 2024 wird es dann wieder den Aufstieg zum nächsten Berg geben. Und auf diesen Aufstieg muss man sich schon jetzt strategisch gut vorbereiten.

www.3e-ag.com

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