"Das Geschäftsmodell der Versicherungen hat sich als krisensicher bewiesen"

| 04.09.2012

Mojescick, Fachgruppenobmann der Wiener Versicherungsmakler, über die Schwerpunkte seiner Amtsperiode.

Nach zwölf Jahren an der Spitze der Wiener Versicherungsmakler hat Gremialvorsteher Rudolf Mittendorfer mit Ende August seine Funktion zurück gelegt (leadersnet.at berichtete). Sein Nachfolger ist Helmut Mojescick, Geschäftsführer der K&L Vermögensberatung und Riskmanagement GmbH. leadersnet.at hat mit dem neuen Fachgruppenobmann über die Wirtschaftskrise, eine Neupositionierung des Berufsstandes und wie er Schwung in die Branche bringen will, gesprochen.

leadersnet.at: Sie treten im September an die Spitze der Wiener Versicherungsmakler. Was reizt Sie an dieser Funktion?

Mojescick: Wir sind ein sehr alter Berufsstand: Makler gibt es seit vielen hundert Jahren, diese waren aber vornehmlich in der Industrie und im Großgewerbe tätig. In den letzten zwei Jahrzehnten hat der Beruf auch im Bereich von Freiberuflern und Privaten immer mehr an Bedeutung gewonnen. Statistisch wird jede zweite neue Polizze (im Sachgeschäft) von Maklern abgeschlossen. In der breiten Öffentlichkeit wird leider weder dies wahrgenommen, noch dass der Makler als "Anwalt" des Kunden der einzige ist, der rechtlich auf dessen Seite steht, und kompetenten und vor allem auch unabhängigen Rat bietet. Dies in der Öffentlichkeit zu vertreten und zu verankern, stellt eine ungeheuer spannende Aufgabe dar.

leadersnet.at: Als Nachfolger von Rudolf Mittendorfer treten Sie in große Fußstapfen. Ist dies eine Belastung beim Start in eine neue Karriere?

Mojescick: Erfolgreiche Standesvertretung darf man nie als Karriereschritt betrachten. Es ist ein Ehrenamt, und bietet die Möglichkeit wie auch die Aufgabe,  viele neue Kontakte zu schließen und seinen Berufsstand zu vertreten.  Ich habe mit meinem Vorgänger bereits seit vielen Jahren zusammengearbeitet und „genieße“ eine wohl vorbereitete „Hofübergabe“ und ein perfekt funktionierendes Zusammenwirken. Dies ist also keine Belastung, sondern ein Schwung, den ich gerne in die Zukunft einbringe.

leadersnet.at: Wie sehen Sie die derzeitige Positionierung der Versicherungsmakler in der Öffentlichkeit und im Wirtschaftsgeschehen?

Mojescick: Versicherungsmakler sind "Konsumentenschützer" an vorderster Front. Leider ist dies in großen Bereichen nicht bekannt. Börsennotierte Unternehmen kennen die Vorteile eines Maklers und vertrauen praktisch zu 100% auf Maklertätigkeit, Gewerbe und Freiberufler über 60% - Private nutzen die Vorteile leider noch zu wenig, da haben wir Aufholbedarf, und daran arbeiten wir.

leadersnet.at: Was sind denn die Alternativen?

Mojescick: Der Bankbeamte, die nette Dame im Postamt oder gar das Internet – bekommt man da unabhängigen Rat, oder doch nur hauseigene und hausbackene Produkte?  Der Versicherungsmakler ist der Navigator in Versicherungsfragen – und das müssen wir viel stärker öffentlich positionieren.
 
leadersnet.at: Hat auch die Finanz- und Wirtschaftskrise Auswirkungen auf ihren Berufsstand und die Problemstellungen?

Mojescick: Auf welchen Berufsstand hat sie keine Auswirkung? Die derzeitige Situation bietet aber auch Chancen und Möglichkeiten. Auf der ganzen Welt werden Banken gerettet. Gewinne werden privatisiert Verluste sozialisiert. Wie lange kann das gehen, wer bezahlt die Rechnung dafür? Das Geschäftsmodell der Versicherungen hat sich hingegen absolut bewährt und als krisensicher erwiesen. Ebenso die Dienstleistung des Maklers. Allerdings verschärft die Krise die Herausforderungen des Strukturwandels, in dem sich unsere Branche befindet.
Es entstehen größere Einheiten und neue Kooperationsfelder. Das ist auch gut so – und somit beschleunigt die Krise die Realisierung ohnehin notwendiger Reformen und Veränderungen.

leadersnet.at: Welchen Schwerpunkten wollen Sie sich in ihrer Funktionsperiode besonders widmen, wo sehen Sie die stärksten Herausforderungen?

Mojescick: IMD 2 – also die Novelle zur Versicherungsvermittlungsrichtlinie – ist die aktuell brennendste Aufgabe. Vor allem stört uns die Interpretation des Wortes "Transparenz" aus Brüssel, und teilweise auch in Österreich.
Wir sind für transparente Produkte, ein transparentes Gewerberecht, sauberen Wettbewerb und strengen Berufszugang. Einen falsch verstandenen Einkommens-Striptease als Transparenz zu verkaufen, ist hingegen der falsche Weg, den damit schafft man Intransparenz und belohnt Umgehungskonstruktionen. Mittel-und langfristig ist die wichtigste Aufgabe aber die stete Verbesserung der Ausbildung – und vor allem eine verpflichtende Weiterbildung. Wir arbeiten gerade an einem entsprechenden Zertifizierungskonzept. Eine wichtige Aufgabe sehe ich auch in einer Verbesserung der Beziehungen der Berufsgruppen Makler, Agenten und Finanzdienstleister.

leadersnet.at:  Bieten ihre Berufs- und Funktionserfahrungen einen starken Fundus zur Erfassung und Lösung der anstehenden Aufgaben?

Mojescick: 32 Jahre Berufsleben, davon 25 Jahre in der Selbständigkeit und sieben Jahre als Leiter des Weiterbildungsausschusses in der WKW sind mein mitgebrachter Rucksack. Ich denke schon, dass dies eine brauchbare Basis darstellt. Aber selbstverständlich funktionieren die Dinge nicht von selbst, oder durch eine Person, sondern durch ein funktionierendes Team. Und das haben wir in Wien. Der Fachgruppenausschuss ist im Kern langjährig tätig, und wurde gleichzeitig immer wieder verjüngt. Und vor allem haben wir eine hervorragende Zusammenarbeit der Personen ungeachtet der jeweiligen politischen Zugehörigkeit. Desweiteren darf ich mich auf zwei exzellente Stellvertreter und überdurchschnittlich engagierte Ausschussleiter stützen. Ich sehe die positive Weiterarbeit absolut gewährleistet.
 
leadersnet.at: Wie wird sich die neue Funktion auf ihr Berufsleben und die Lebensgestaltung auswirken?

Mojescick:
Mit meinen Geschäfts und Kooperationspartnern wurde dieser Schritt besprochen, und sie tragen diese Entscheidung mit. Selbstverständlich werden sich einige Gewichtungen verschieben. An meiner  persönlichen Lebensgestaltung wird sich hoffentlich nichts ändern.  Meine Frau leitet selbst ein kleines Unternehmen, wir arbeiten beide seit Jahren "halbtags". Der Tag hat 24 Stunden, also 12 für Arbeit  und 12 für die Freizeit.

www.wiener-versicherungsmakler.at

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