Für die Seilbahner ist die bisherige Saison ein Verlustgeschäft und die Hoffnung auf gute Semesterferien und Skitouristen aus dem Ausland schwindet von Tag zu Tag. Mit 75 und 85 Prozent ist der Umsatzrückgang in den verschiedenen Seilbahnbetrieben zu beziffern. Neben Kurzarbeit und Fixkostenzuschüssen habe es einen Lockdown-Umsatzersatz in Höhe von 800.000 Euro gegeben, zusätzlich gibt es einen mit drei Millionen Euro gedeckelten Umsatzersatz für die restliche Saison. "Für unser aller Image war es gut, dass wir die Möglichkeit zum Skifahren geboten haben, aber wirtschaftlich ist es eigentlich nicht tragbar", so der Salzburger Seilbahnensprecher Erich Egger zu den SN. Bei der Schmittenhöhebahn in Zell am See lag der Umsatzrückgang bis dato bei 80 Prozent, wie Geschäftsführer Egger sagt. Normalerweise würden rund 40 Millionen Euro Jahresumsatz verzeichnet.
Viele Gebiete überlegen, in den kommenden Wochen mit weniger Liften zu fahren als bisher oder nur an den Wochenenden zu öffnen. Lofer setzt beispielsweise auf dieses Modell: "Sonst fährt man nur noch für die Salzburg AG", sagt Willi Leitinger, Geschäftsführer Bergbahn Lofer GmbH, zu den SN. Die Kosten für Strom, Diesel und Personal beliefen sich auf rund 10.000 Euro pro Betriebstag. Auch Rauris hat sich für einen Wochenendbetrieb entschieden: "Wir rechnen mit 50 bis 60 Personen pro Tag im Skigebiet, da ist überhaupt keine Wirtschaftlichkeit mehr darstellbar", so der Geschäftsführer der Rauriser Bergbahnen, Siegfried Rasser. In Zauchensee werde wird weiter offen gehalten, aber mit einem reduzierten Angebot.
In Tirol stehen bereits viele Lifte wieder still. "Normalerweise haben wird 20.000 Leute, jetzt sind es nur 2500", sagt der Geschäftsführer der Skiregion Serfaus-Fiss-Ladis Benny Pregenzer zur TT. Fendels im Obergricht, Ehrwalderalmbahn, Venetbahn und Rifflsee im Pitztal werden nur mehr Samstag und Sonntag aufsperren. Ein Problem sei die Aufenthaltsdauer der Gäste. "Weil die Gastronomie nicht offen hat und es sehr kalt war, sind die Leute schon nach zwei, drei Stunden wieder weg", so Venet-Vorstand Werner Millinger.
Im Osten wird den Liftbetreibern gedroht
Ganz andere Bilder gibt es im Osten des Landes: Obwohl die Witterungsverhältnisse nicht einladend waren, ist in den Ferien beispielsweise am Semmering der bereits im Vorfeld erwartete große Andrang an Skifahrern und Rodlern fast jeden Tag eingetreten. Die österreichische Politik spricht von "katastrophalen Bildern" und Innenminister Karl Nehammer will – wenn notwendig – auch den Liftbetrieb einstellen. Es liege an den Gesundheitsbehörden vor Ort, verstärkt zu kontrollieren, ob die Regeln eingehalten werden, und bei wiederholten Verstößen Betretungsverbote auszusprechen, kommentiert Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Es wurden teilweise sogar die Bewegungsprofile eines Mobilfunkanbieters herangezogen, um herauszufinden, aus welchem Wiener Bezirk die meisten Menschen an den Semmering anreisten. Komplett ausgelastet waren dieser Tage auch die Annaberger Lifte, die Erlebnisarena St. Corona am Wechsel und die Gemeindealpe Mitterbach sowie der Naturpark Hohe Wand.
Neue Konzepte und traditioneller Sport
An einer Skitour kann niemand gehindert werden, denken sich viele und machen die alpine Welt auf eigene Faust unsicher. Bilder zeigen lange Kolonnen von Menschen auf einem verschneiten Hang, "Hinz und Kunz rennen unkoordiniert mit Skiern auf den Berg und denken nicht daran, wie sie wieder sicher ins Tal kommen", kommentieren Alpinisten in den sozialen Medien. Wer sich also auf die Stille und den einsamen Frieden in der Natur freute, wurde fast überall enttäuscht.
Der Alpenverein rechnet diesen Winter mit einem Anstieg von rund 20 Prozent im Tourensegment. Tourenequipment ist schwer zu bekommen, vor allem Einsteigersets sind vergriffen. "Skitour-Ausrüstung mache am Gesamtski- und -skiausrüstungsmarkt mittlerweile 15 bis 20 Prozent aus – Tendenz steigend. Heuer sei die Nachfrage massiv gewachsen", so Holger Schwartin, Vorstand der Sport 2000-Genossenschaft, in einem Interview.
Viele Skigebiete kämpfen um Gäste, während die neue Skitourengeher ein sicheres Schneefeld suchen. Skigebiete beziehungsweise ehemalige Skigebiete, die nun ganz oder zum Teils aufs Skitourengehen setzen, gibt es mittlerweile einige. Vorreiter war der Kärntner Dobratsch: 2002 wurde der Skibetrieb eingestellt, drei Skitourenrouten führen über die ehemaligen Pisten, eine Aufstiegs- und eine Abfahrtsspur werden für weniger Geübte präpariert. Die finanziellen Mittel und Arbeitskräfte dafür stellt die Stadt Villach zur Verfügung. Man habe ausgerechnet, dass die Schneeräumung der Villacher Alpenstraße, die Präparierung und sonstige Infrastruktur in 40 Jahren so viel koste wie ein einzelner neuer Lift, sagte Robert Heuberger, Naturpark-Manager im Naturpark Dobratsch, zu Sportaktiv.
Die Möglichkeit, Wertschöpfung in einer Region zu belassen, erkannte auch das Skigebiet Ronachkopf bei Zell am See. 2014 wurde ein Skitourengebiet auf dem Gelände des 1999 eingestellten Skigebiets errichtet.
Im Pillerseetal in Tirol stehen Tourengehern sechs markierte Routen zur Verfügung, die teils präpariert und vom laufenden Skibetrieb räumlich getrennt sind. Diese Infrastruktur – mit Parkplatz, Umkleiden und Toiletten – könne zu einem Fixpreis genützt werden.
Einen Schritt weiter geht das kürzlich neu übernommene Salzburger Skigebiet Gaißau-Hintersee: War bisher für Skitourengeher nur eine Parkgebühr in Gaißau-Hintersee zu entrichten, soll es bald Tagestickets und Saisonkarten für Tourengeher geben. (jw)
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