Türkis-Grün – Asymmetrische Profilierung als Dauerbaustelle in der Kommunikation

Gastkommentar von ROSAM.GRÜNBERGER | Change Communications-Managing Partner Silvia Grünberger.

Österreich erlebt eine Premiere: zum ersten Mal bilden ÖVP und Die Grünen gemeinsam eine Bundesregierung. Dieser Tage findet die erste Regierungsklausur statt. Beide Sieger der Nationalratswahl haben sich ambitionierte Ziele gesetzt, der Umfang des Regierungsprogramms zeigt dies buchstäblich. Unabhängig von den umfangreichen Vorhaben und möglichen inhaltlichen Konflikten in der türkis-grünen Koalition steht die neue Bundesregierung auch vor großen Herausforderungen in der Kommunikation der gemeinsamen Regierungspolitik. 

Denn beide Parteien wagen bei der inhaltlichen Agenda die asymmetrische Profilierung und erlauben dem anderen Partner die Initiative in den jeweiligen Kernthemen zu ergreifen anstatt den weichgespülten Konsens zu suchen. Der Satz „Grenzen und Klima schützen.“ drückt dieses Selbstverständnis anschaulich aus. In der kommunikativen Darstellung des Regierungsgeschäfts bedeutet dies, jeweils unliebsame Positionen glaubhaft als gemeinsame Entscheidungen zu präsentieren und in der eigenen Anhängerschaft zu verteidigen. Grüne Mandatare müssen also konsequentere Grenzschutzmaßnahmen im Wiener Spittelberg ebenso vertreten wie ÖVP-Abgeordnete höhere Dieselpreise im Waldviertel. Allerdings besteht auch die Chance, den eigenen Anhängern die umgesetzten Punkte der eigenen Agenda als Erfolge zu präsentieren.

Schließlich können auch türkis-blaue Altlasten von BVT bis Casinos beiden Regierungsparteien zusetzen. Denn die ÖVP wird im Parlament von ihrem Koalitionspartner Loyalität einfordern beim Abstimmungsverhalten im Nationalrat und Ausschüssen sowie und ganz besonders in der Kommentierung möglicher Kritikpunkte. Für die Grünen wird das eine schwere Prüfung werden, denn traditionell haben sich die Grünen als Aufdecker profiliert und sie könnten künftig in die Pflicht genommen werden, den Koalitionspartner zu verteidigen.

Es wird spannend werden, zu beobachten, wie die erfahrene Regierungspartei ÖVP und die frisch aus der außerparlamentarischen Opposition zurückgekehrten Grünen künftig gemeinsam regieren und vor allem kommunizieren werden. Den beiden Parteichefs Kurz und Kogler wird dabei die Schlüsselrolle zukommen, wenn es darum geht, den eigenen Anhängern zu erklären, warum das bisher kritisch betrachtete Lieblingsprojekt der anderen Partei nun gemeinsam umgesetzt werden soll. In der überzeugenden Ansprache der Öffentlichkeit gilt es für beide Parteichefs die inhaltlich unterschiedlichen Schwerpunkte glaubhaft als gemeinsames Handeln zu kommunizieren und ein gemeinsames Narrativ zu vertreten. Nach dem gefühlten Stillstand der großen Koalitionen der vergangenen Jahre einerseits und Message Control andererseits, ist das Verfahren der asymmetrischen Profilierung ein inhaltlich interessanter Ansatz und eine kommunikative Dauerbaustelle.

www.rosam-gruenberger.at


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Über Silvia Grünberger

Silvia Grünberger ist Managing Partner von ROSAM.GRÜNBERGER | Change Communications und berät ihre Kunden bei der strategischen Positionierung in Wirtschaft, Politik und Medien. Zuvor war sie 13 Jahre in der Spitzenpolitik tätig. Von 2002 bis 2013 gehörte sie als Abgeordnete zum Nationalrat dem österreichischen Parlament an.

Über Silvia Grünberger

Silvia Grünberger ist Managing Partner von ROSAM.GRÜNBERGER | Change Communications und berät ihre Kunden bei der strategischen Positionierung in Wirtschaft, Politik und Medien. Zuvor war sie 13 Jahre in der Spitzenpolitik tätig. Von 2002 bis 2013 gehörte sie als Abgeordnete zum Nationalrat dem österreichischen Parlament an.

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