Österreichs Haushalte zeigen laut aktueller Analyse der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) eine ausgeprägte Sparneigung. 2024 stieg das nettoverfügbare Einkommen demnach um 7,8 Prozent, während das Konsumwachstum bei 4,3 Prozent lag. Die Sparquote erreichte damit 11,7 Prozent und näherte sich erneut dem Niveau der frühen Pandemiezeit. Finanzexpert:innen, angeführt von OeNB-Gouverneur Martin Kocher und Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger, verwiesen im Rahmen einer Pressekonferenz (Video unten) auf die geopolitische Lage und die schwache Konjunktur als Gründe für vorsichtiges Ausgabeverhalten. Für 2025 erwartet die Prognose ein abgeschwächtes Einkommenswachstum und eine auf 10,7 Prozent sinkende Sparquote.
Im europäischen Vergleich fiel der Anstieg der Sparquote in Österreich stärker aus als im Euroraum, wo der Wert 2024 bei 8,4 Prozent lag. Auch gegenüber Deutschland hat sich das Niveau angeglichen. Innerhalb der Bevölkerung bestehen jedoch deutliche Unterschiede: Der Median spart monatlich rund 300 Euro, während der Durchschnitt infolge hoher Beiträge vermögender Haushalte bei rund 490 Euro liegt. Damit können gesamtwirtschaftliche Sparquoten steigen, auch wenn ein Teil der Haushalte gar nicht spart.
Boom bei alternativen Anlageformen
Finanzielle Veranlagungen gewannen 2024 klar an Bedeutung. Der Haushaltssektor verfügte nach Abzug realwirtschaftlicher Investitionen über ungewöhnlich hohe Mittel und investierte 29,5 Milliarden Euro – ein historischer Höchstwert. Im ersten Halbjahr 2025 setzte sich dieser Trend fort. Wertpapierkäufe dominierten zunehmend, nachdem zuvor der Zinsanstieg zu erheblichen Zuflüssen in gebundene Einlagen geführt hatte. Mit sinkenden Zinsen zeigen sich nun Abflüsse aus diesen gebundenen Produkten.
Wertpapierbestände der Haushalte sind seit 2020 um etwa fünfzig Prozent gestiegen und erreichten Mitte 2025 ein Volumen von 197,3 Milliarden Euro. Investmentfondsanteile bilden mit 55 Prozent den größten Block, gefolgt von Aktien und verzinslichen Wertpapieren. Seit Beginn der Zinswende 2022 stieg insbesondere die Nachfrage nach Anleihen deutlich an. Ein Großteil der Aktienpositionen entfällt auf internationale Titel, während Fonds bevorzugt im Inland erworben werden.
Insgesamt verfügen fast alle Haushalte über Finanzvermögen, überwiegend in Form von Giro- und Sparkonten oder Bausparverträgen. Wertpapiere spielen hingegen nur für eine Minderheit eine Rolle. Sachvermögen konzentriert sich vor allem im Eigentum am Hauptwohnsitz, der für Haushalte ab der Vermögensmitte zentraler Vermögensbestandteil ist. Krypto-Werte wurden erstmals erhoben und finden sich bei 3,9 Prozent der Haushalte, überwiegend jung, männlich, urban und höher gebildet. Die OeNB hält fest, die Motivation liege primär in "Investition, Spekulation oder Neugier".
Stabile, aber ungleiche Vermögensstruktur
Vermögensunterschiede bleiben strukturell stabil, öffnen sich jedoch absolut weiter. Während der Median seit 2021 nahezu unverändert bei rund 125.000 Euro liegt, stiegen die Vermögen in den oberen Dezilen deutlich. Laut der OeNB sei die Ungleichheit im langfristigen Verlauf "bemerkenswert konstant". Allerdings wachsen die absoluten Abstände, da Vermögensgewinne primär Haushalten mit großem Immobilien- oder Unternehmensvermögen zugutekommen.
Frauen verfügen weiterhin über geringere Vermögen als Männer. In Paarhaushalten liegt der Unterschied durchschnittlich bei rund 21 Prozent; in Single-Haushalten beträgt er etwa neun Prozent. Am oberen Rand verstärken sich die absoluten Differenzen, auch wenn die prozentuale Lücke stabil bleibt.
Verschuldung und Wohneigentum
Verschuldung ist in Österreich vergleichsweise gering ausgeprägt. Weniger als ein Drittel der Haushalte hat Schulden, wobei besicherte Kredite – meist Hypothekarkredite – den Großteil des Gesamtvolumens ausmachen. Etwa 45 Prozent der Hypothekarkreditnehmer:innen gehören zum einkommensstärksten Fünftel. Im Euroraum-Vergleich liegt der österreichische Verschuldungsgrad mit 23 Prozent des Finanzvermögens unter dem Durchschnitt. Nach einer Phase rückläufiger Kreditaufnahme wächst die Kreditvergabe seit Mitte 2023 wieder leicht.
Abschließend zeigt die Analyse der Notenbank, dass Wohneigentum ein zentraler Faktor für Vermögensbildung bleibt. Ab dem sechsten Nettovermögensdezil lebt die große Mehrheit im Eigentum; in den unteren Dezilen dominiert die Miete. Damit trage Eigentum wesentlich zu den strukturellen Vermögensunterschieden bei, so die Finanzexpert:innen.
www.oenb.at
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