Fotos von der ÖVFA-Diskussion
Warum die zweite Säule bei der Altersvorsorge an Bedeutung gewinnt

| Tobias Seifried 
| 08.12.2025

Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutierten in Wien über die Weiterentwicklung betrieblicher Vorsorge, den geplanten Generalpensionskassenvertrag und die Modernisierung der Abfertigung Neu. 

Rund fünfzig Vertreter:innen aus Finanzwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien diskutierten am 5. Dezember 2025 in der Säulenhalle der Wiener Börse zentrale Reformfragen der zweiten Säule des österreichischen Pensionssystems. Eingebettet in die ÖVFA-Initiative "Kapitalmarkt Österreich" standen die Weiterentwicklung der Pensionskassen, der geplante Generalpensionskassenvertrag sowie die Modernisierung der Abfertigung Neu im Mittelpunkt.

Zweite Säule gewinnt an Bedeutung

Reformbedarf zeigte sich aus mehreren Perspektiven. Als kapitalgedecktes Fundament der betrieblichen Vorsorge gewinne die zweite Säule vor dem Hintergrund künftiger Pensionen an strategischer Bedeutung. Paul Severin, ÖVFA-Vorstandsmitglied, hob hervor, die Frage sei längst nicht mehr, ob mehr Kapitaldeckung notwendig sei, "sondern wie wir sie sozial ausgewogen und nachhaltig gestalten". Mehr Wahlfreiheit könne vor allem jüngeren Beschäftigten zusätzlichen Spielraum bei der Altersvorsorge eröffnen.

Komplexität prägt die Debatte über die künftige Ausrichtung. Hanno Lorenz, Ökonom und stellvertretender Direktor der Agenda Austria, erklärte, andere europäische Länder würden zeigen, dass die zweite Säule eine entscheidende Ergänzung zur staatlichen Pension darstelle; Österreich verfüge hier über "Aufholpotenzial". David Mum, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik der Gewerkschaft GPA, betonte hingegen, zentral sei die ökonomische Fundierung der Ansprüche und nicht die Kapitaldeckung selbst. Gleichwohl sei es im Sinne einer breiteren Absicherung zu begrüßen, wenn über den Generalpensionskassenvertrag allen Erwerbstätigen der Zugang zur zweiten Säule offenstehe.

Kapitalgedeckte Vorsorge als Ergänzung

Demografische Verschiebungen verstärken den Handlungsdruck. Rainer Münz verwies darauf, dass Österreich älter werde und weniger Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Eine kapitalgedeckte Vorsorge, die nicht von Sozialversicherungsbeiträgen abhänge, sei daher erforderlich. Sie rechne sich allerdings nur, wenn sich Einzahlungen im Schnitt um mindestens fünf Prozent pro Jahr verzinsten. Stefan Pichler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Pensions- und Vorsorgekassen in der WKO, unterstrich den Nutzen breiter Teilnahme: Mit der betrieblichen Altersvorsorge solle künftig allen Menschen ermöglicht werden, an Kapitalmarkterträgen mitzupartizipieren; aktuell erhielten Beziehende durchschnittlich vierzehnmal jährlich 428 Euro Zusatzpension.

Einigkeit bestand darüber, dass klare gesetzliche Rahmenbedingungen, geringere Hürden für Betriebe – insbesondere KMU – sowie verständliche und kosteneffiziente Modelle erforderlich sind. Der Generalpensionskassenvertrag müsse praxistauglich ausgestaltet sein, und die Abfertigung Neu könne ihr Potenzial nur entfalten, wenn echte Wahlmöglichkeiten und transparente Informationen vorlägen. Kapitalgedeckte Vorsorge solle die staatliche Pension ergänzen, nicht ersetzen. Severin fasste zusammen, Vorsorge brauche "Mut zur Modernisierung – bei gleichzeitiger sozialer Ausgewogenheit".

Fotos von der Veranstaltung sehen Sie in der Galerie.

www.ovfa.at

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