In Brüssel ging es um die Wurst
Wirbel um EU-Verbot: "Veggie-Burger" soll bald Geschichte sein

Begriffe wie "Gemüseschnitzel" oder "Tofuwurst" sollen künftig verboten werden. Mit dem Beschluss will das EU-Parlament sicherstellen, dass klassische Fleischbezeichnungen ausschließlich tierischen Produkten vorbehalten bleiben. Die Maßnahme stößt jedoch auf Widerstand.

Mit dem Beschluss vom Mittwoch reagiert das Europäische Parlament auf Forderungen der Agrarlobby nach klaren Produktbezeichnungen. Künftig sollen Begriffe wie Wurst, Steak oder Frikadelle ausschließlich für fleischhaltige Produkte verwendet werden dürfen. Parallel dazu wurden vereinfachte Agrarvorgaben und Maßnahmen zur Stärkung der EU-Bäuerinnen und Bauern beschlossen. Die endgültige Entscheidung fällt nach den anstehenden Verhandlungen mit EU-Rat und Kommission.

Kritik an Bevormundung und "Scheindebatte"

Die Entscheidung stößt insbesondere bei den österreichischen EU-Abgeordneten auf scharfe Kritik. Grünen-Politiker Thomas Waitz sieht darin ein "reines Ablenkungsmanöver", das den tatsächlichen Herausforderungen der Agrarpolitik nicht gerecht werde. Auch SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder lehnt die Regelung ab: "Die Menschen kämpfen mit steigenden Lebenshaltungskosten, und das EU-Parlament diskutiert über die Namensgebung von Veggie-Produkten." NEOS-Mandatarin Anna Stürgkh etwa bezeichnete das Vorhaben als "reinen Würstlpopulismus" und sprach sich entschieden gegen die "Entmündigung der Konsument:innen" aus. Ihrer Meinung nach sei es schließlich auch völlig klar, dass etwa in einem "Hot Dog" kein Hund steckt. Konsument:innen könnten also sehr wohl zwischen pflanzlichen und tierischen Produkten unterscheiden, so die Politikerin.

Klarer Auftrag zum Schutz klassischer Bezeichnungen

Die Abstimmung ist Teil des sogenannten GAP-Reformpakets, das unter anderem auch einen Bürokratieabbau für Landwirt:innen und neue Umweltauflagen regeln soll. Die EVP hatte den entscheidenden Antrag zur sprachlichen Klarstellung eingebracht. Alexander Bernhuber (ÖVP) sieht darin einen wichtigen Schritt zur Klarheit: "Ein Veggie-Huhn oder Veggie-Schwein ist in der Kennzeichnung problematisch." Gleichzeitig räumt er ein, dass Begriffe wie "Wurst" oder "Burger" längst auch die Zubereitungsform beschreiben. Die FPÖ sprach sich bereits vor der Abstimmung für das Verbot aus. "Kundentäuschung darf es nicht geben – wer Fleisch kauft, soll Fleisch bekommen, und wer Gemüse kauft, soll auch wissen, dass es Gemüse ist", so der FPÖ-EU-Abgeordnete Gerald Hauser.

"Geschenk an Fleischindustrie"

Was für die Fleischindustrie ein Etappensieg ist, stellt für Produzenten pflanzlicher Alternativen eine neue Herausforderung dar. NGOs wie Vier Pfoten kritisieren die Entscheidung scharf. Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck warnt vor negativen Folgen für Umwelt, Tierwohl und Innovation: "Anstatt Fleischkonsum zu reduzieren, setzt die EU auf Schikane." Auch Indra Kley-Schöneich, Leiterin der Verbraucherschutzorganisation foodwatch Österreich, kritisiert die Maßnahme: "Das ist kein Verbraucherschutz, sondern einzig ein Geschenk an die Fleischindustrie. Niemand kauft versehentlich ein Seitan-Schnitzel, weil er glaubt, es sei ein Schweinsschnitzel." Ob der Beschluss in der vorliegenden Form Gesetz wird, ist offen. Die Debatte um Sprache, Transparenz und Ernährungspolitik dürfte jedenfalls weiter an Fahrt aufnehmen.

www.europarl.europa.eu

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