Gastkommentar Ralf-Wolfgang Lothert
Wahlspruch, Motto, Slogan

| Redaktion 
| 05.10.2025

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Geneigte Leser:innen, wer kennt sie nicht – Wahlsprüche, Mottos oder Slogans. Ich selbst verwende sie häufig und gerne: "Facit Omnia Voluntas" (Der Wille entscheidet), "Semper Fi/Fidelis" (Immer treu), "Als Erste rein, als Letzte raus" – ein Leitsatz aus meiner militärischen Vergangenheit. "Furchtlos und treu" ist der Wahlspruch meines Heimatlandes Baden-Württemberg, ebenso wie jener des in Stuttgart ansässigen Fußballclubs oder auch meiner Verbindung. "Viribus Unitis" (Mit vereinten Kräften) drückt die Verbundenheit zu meiner Ritterschaft aus, "Carpe Diem" (Nutze den Tag) beschreibt mein Lebensgefühl an so manchen Tagen. Daneben begegnen uns aber auch viele alltägliche oder politische Slogans – ob gut oder schlecht, sei mal dahingestellt – wie "Make America Great Again (MAGA)", "Zukunft aus Tradition" oder "Es geht um Wien".

Was unterscheidet Motto, Wahlspruch und Slogan?

Doch was steckt eigentlich dahinter? Was unterscheidet Motto, Wahlspruch und Slogan? Ein Wahlspruch ist Ausdruck von Werten, Traditionen und Identität. Ein Motto ist meist persönlicher, ein Leitgedanke für das eigene Leben oder Handeln. Ein Slogan schließlich ist ein modernes, werbliches Instrument – verdichtet auf Schlagworte, die Aufmerksamkeit erzeugen sollen, oft ohne tiefere Substanz.

Ursprünglich stammen (die oftmals lateinisch verfassten) Wahlsprüche und Mottos aus der Heraldik. Unterhalb des Wappenschildes wurden Worte angebracht, die die Haltung und Werte einer Familie, eines Ordens oder eines Staates symbolisch transportierten. Diese Formeln tragen eine Aura von Würde und Beständigkeit – aber sie fordern auch, dass man sich ihres Inhalts bewusst ist. Wer sie bloß plakativ verwendet, ohne ihren Geist zu kennen, riskiert Missverständnisse oder gar Lächerlichkeit.

Orientierung, Zugehörigkeit und Mut

Heute zeigt sich die gleiche Problematik in moderner Form bei Slogans. Sie klingen oft eingängig, aber nicht immer wird das Versprechen dahinter auch eingelöst. Ein Beispiel, das es mir kürzlich auf LinkedIn in die Timeline spülte, brachte mich zum Schmunzeln und Nachdenken: Ein Paketzusteller wirbt mit dem Slogan "Parcels to people" – ein Versprechen von Nähe und persönlichem Service. In der Realität landen Pakete jedoch häufig nicht "bei den Menschen", sondern in Pick-up-Stationen. Ein Nutzer kommentierte süffisant, man solle den Slogan ehrlicherweise in "Parcels to Pick-up" ändern. So humorvoll das formuliert war, so ernst ist der Kern: Wenn ein Slogan nicht durch die Realität gedeckt ist, entsteht eine gefährliche Diskrepanz zwischen Markenversprechen und Kundenerlebnis. Das Resultat ist Vertrauensverlust – und genau dieser Bruch macht Schlagworte hohl.

Politische Slogans sind von ähnlicher Natur. Das zuvor schon erwähnte "Make America Great Again" oder auch nationale Varianten wie "Make Austria Great Again" sprechen ein Bedürfnis nach Stärke und Zugehörigkeit an. Aber schaut man genauer hin, bleiben mehr Fragen als Antworten: Wer definiert, was "great" bedeutet? Wer profitiert davon? Solange ein Slogan keine klare, gelebte Substanz hat, bleibt er eine Parole – wirkungsvoll in der Ansprache, aber folgenlos in der Realität.

Damit will ich aber keineswegs zum Ausdruck bringen, dass Wahlsprüche, Mottos oder Slogans überflüssig wären – im Gegenteil! Sie können Orientierung stiften, Zugehörigkeit erzeugen und Mut machen. Aber sie sind nur so stark, wie die Inhalte, die sie tragen. Ein Wahlspruch wie "Furchtlos und treu" verpflichtet zu Loyalität und Mut – nicht auf dem Papier, sondern im Handeln.

"...lasst mich auch endlich Taten sehn"

In Goethes Faust finden sich zwei Textstellen, die beschreiben, wie es sich zwischen Worten und Taten in der Realität oftmals verhält "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", und wie es sich verhalten sollte: "Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn". Wie zuvor schon angeschnitten sind es genau die Worte, die man den politisch Verantwortlichen nach jeder Wahl ins sprichwörtliche Stammbuch schreiben möchte.

So versuchen auch wir als Unternehmen, die im Alltag verwendeten Slogans mit Leben und Werten zu füllen, die wir in Entscheidungen und Handlungen sichtbar machen. Denn am Ende geben nicht die Worte unserem Handeln Bedeutung, sondern unser Handeln den Worten.

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