Das Weltmuseum Wien präsentiert mit "Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection" die erste österreichische Einzelausstellung der französisch-guyanischen Künstlerin und Aktivistin Tabita Rezaire. Vom 17. September 2025 bis 11. Januar 2026 eröffnet die multidisziplinäre Künstlerin neue Perspektiven auf die Verbindungen zwischen indigener Weisheit, westlicher Wissenschaft und spiritueller Heilung.
Der Kosmos als lebendiger Raum der Verbindung
Der Ausstellungstitel "Calabash Nebula" ist mehr als nur ein poetischer Name. Er nimmt Bezug auf einen rund 5.000 Lichtjahre entfernten planetarischen Nebel – das Überbleibsel eines sterbenden Sterns, der dabei ist, seine äußeren Hüllen ins All abzustoßen. Die auffällige Form erinnert an eine Kalebasse (eine ausgehöhlte und getrocknete Hülle des Flaschenkürbisses). Dieses Gefäß gilt in vielen afrikanischen und indigenen Kulturen als Symbol für Erinnerung, Heilung und kosmisches Gleichgewicht.
Tabita Rezaire ist eine interdisziplinäre Künstlerin und Aktivistin, die die Schnittpunkte zwischen Technologie, Spiritualität, Dekolonisierung und Heilung erforscht. In ihrer Arbeit versucht sie, die Möglichkeiten dekolonialer Heilung durch Technologie zu erkunden. Für Rezaire ist der Weltraum nicht nur ein Ort der Forschung und Eroberung, sondern ein lebendiger und faszinierender Ort, mit dem wir alle verbunden sind.

Tabita Rezaire, Omu Elu, 2024, Ausstellungsansicht: Tabita Rezaire. Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection © KHM-Museumsverband, Weltmuseum Wien, 2025, Foto: Daniel Sostaric
Die Ausstellung erstreckt sich über drei Räume und zeigt drei von Rezaires visionären Installationen, die tief in ihre künstlerische Praxis führen:
OMI: Yemoja Temple – Ein Tempel für die Mutter der Gewässer
Die begehbare, tropfenförmige Installation ist der Yoruba-Gottheit Yemoja gewidmet. Yemoja ist die wichtigste Wassergottheit der Yoruba-Religion, verehrt als die Mutter aller Orishas und der Menschheit. Ihr Name bedeutet "Mutter, deren Kinder die Fische sind". Die Installation entstand 2024 in enger Zusammenarbeit mit Yussef Agbo-Ola (Olaniyi Studio) und basiert auf Recherchen zum Ökosystem des Tanganjikasees in Tansania, die mit Wissenschaftler:innen des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie durchgeführt wurden.
Omo Elu – Eine Hommage an die Macht des Indigos
Die zweite Installation umfasst sieben mit Indigo gefärbte Textilien, die Orisha Yemoja in verschiedenen Inkarnationen zeigen: als Mutter, Heilerin, Schöpferin, Wasser, Herrscherin und Tänzerin. In der Yoruba-Sprache bedeutet "omo elu" so viel wie "Kind des Indigos". Rezaires Auseinandersetzung mit Indigo ist Teil ihrer tiefgehenden Beschäftigung mit nigerianischer Färbekultur und ihrem umfassenden Engagement für Naturfarbstoffe.

Tabita Rezaire, OMI: Yemoja Temple, 2024, Ausstellungsansicht: Tabita Rezaire. Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection © KHM-Museumsverband, Weltmuseum Wien, 2025, Foto: Daniel Sostaric
Des/astres – Koloniale Widersprüche im Weltraum
Die dritte Installation ist vielleicht die politisch brisanteste. Der französische Titel spielt auf die Doppelbedeutung von "Desaster" und "Himmelskörper" an und verweist auf die widersprüchliche Realität eines von kolonialer Ausbeutung geprägten Territoriums, das heute als wichtigstes Startgelände der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) dient.
Dekoloniale Technologie als künstlerische Praxis
Rezaire verwandelt technologische und spirituelle Dynamiken in eine Reise zur Dekolonisierung der digitalen Vorstellungskraft und zur Wiederherstellung vergessener Ahnenverbindungen. Ihre Arbeit zeigt, wie Technologie nicht nur als Instrument der Unterdrückung, sondern auch als Werkzeug der Befreiung und Heilung fungieren kann.
"Technologie ist wie ein Messer: Es kann zum Mord verwendet werden oder um etwas Schönes zu schnitzen", erklärt die Künstlerin ihre Haltung zur digitalen Welt. In ihren Werken sucht sie nach Wegen, Zeit-Räume zu erkunden, in denen sich Technologie, Spiritualität und dekoloniale Narrative überschneiden.
Tabita Rezaire
Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection
Weltmuseum Wien
bis 11. Jänner 2026
www.weltmuseumwien.at