Editorial des Herausgebers
Teure Zeiten? Aber bitte mit Cola!

| Wolfgang Zechner 
| 02.09.2025

Es ist fast wie ein Naturgesetz: Sobald die Inflation steigt, wird reflexartig auf den Lebensmittelhandel hingeschlagen. Politik, Medien, die allgegenwärtige Social-Media-Meute – alle scheinen sich einig zu sein, wer Schuld an der Teuerung trägt: Spar, Billa oder Hofer.

Die großen Handelsketten sind bekannt, sichtbar, omnipräsent. Sie eignen sich hervorragend als Projektionsflächen für öffentlichen Ärger. Was dabei oft untergeht: Es gibt einen anderen Bereich, der sich still und elegant aus der Kritik stiehlt, obwohl er seit Jahren ganz selbstverständlich an der Preisspirale mitdreht. Und zwar kräftig. Die Rede ist von Gastronomie und Tourismus.

Dort, wo in der medialen Berichterstattung regelmäßig mit Superlativen jongliert wird – "Rekordsommer bei den Nächtigungen", "Boom bei Städtetourismus", "Volle Lokale trotz Krise" – bleibt die Preisdebatte auffällig stumm. Dabei lohnt sich ein genauer Blick. Nehmen wir das Beispiel eines bekannten Wiener Innenstadtcafés: Die 0,33-Liter-Flasche Coca-Cola steht aktuell mit 5,20 Euro auf der Karte. Ein Krügerl Bier? Mit 7,20 Euro. Ein Häferlkaffee? Mit 7,50 Euro. Ein Wiener Schnitzel kostet wohlfeile 35,50 Euro. Und das alles ganz ohne Inflationsdebatte, ohne Schlagzeile und ohne politischen Aufschrei.

Der hochkompetitive und rabattgetriebene Lebensmitteleinzelhandel hingegen muss sich regelmäßig öffentlich rechtfertigen. Zwei Bier zum Preis von einem? Beim Wirt ums Eck wird man lange auf diesen Rabatt warten müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Kritik ist wichtig, Transparenz ebenso. Aber sie sollte dort ansetzen, wo sie auch inhaltlich gerechtfertigt ist und nicht dort, wo es am meisten Aufmerksamkeit bringt. Wenn wir also über Teuerung reden, sollten wir auch die gesamte Wirtschaft und die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick nehmen. In diesem Sinne: Prost, Mahlzeit!

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